Alois Biedermann an Ulrich Öhri über den kalten Winter in Oregon, die anstrengende Arbeit in der Landwirtschaft und die Bitte um Hilfe bei der Stellensuche in Omaha


Handschriftliches Originalschreiben des Alois Biedermann, Portland (Oregon), an die Familie Ulrich Öhri, Spencer (Nebraska) [1]

11.02.1930, Portland (Oregon)

Liebe Famili Öhri! [2]

Ich kome nun endlich wieder dazu
Euch etwas zu shreiben. Also Ihr
müsst [3] mir halt verzeihen dass ich
Euch solange nicht mehr geshrieben
habe. Ihr wisst ja auch dass ich ganz
fauler Shreiber bin. Ich habe oft angefangen
zu shreiben u. dan bin ich dabei
eingeshlafen. Ich bin nun immer gesund
und geht mir gut was ich von Euch
Allen auch immer hoffe u. Euch auch
von Herzen wünshe.
Es wundert mich was Ihr für einen Winter
gehabt habet, Wars auch wieder so kalt wie [4]
wie letztes Jahr. Hier in Portland
war etwa 3 Wochen im Januar eine
furchtbare Kälte, die Leute haben gesagt
es sei seit 40 Jahren nicht mehr so kalt gewesen.
Jetzt ist es zwar wieder warm wie im Frühling
aber noch nicht viel Sonnenshein meistens Regen.
(Auf meinem Lederkoat [5] wächst bald Moos). [6]
Und dan im Sommer wird es wieder furchtbar
heiss u. für 3-4 Monate gar kein Regen
mehr. Also der Winter hat mir gar nicht
gefallen in Portland, Sonst ist die Gegend
sehr schön besonders im Sommer, dan wird
hier unglaublich Sport getrieben.
Im Winter musste man längere Zeit die Kühe
immer im Stall haben, dan musste ich jeden
Tag 4 grosse Sot Mist herausfahren
u. auch fast jeden Tag eine Sot Bietz hineinfahren. [7]
Ich musste also für lange Zeit ziemlich streng
arbeiten u. dan wen ich am Abend in mein Zimmer
kam bin ich meistens sofort eingeshlafen.
Gegenwärtig habe ich nicht mehr so streng.
Aber bald geht man auch shon wieder ins Feld
um Hafer zu sähen. Der Hafer wird mit
dem Trill gesäht in diesem Grund hier ist
aber der Trill harte Arbeit für 2 Pferde.
Mit dem Melken haben wir auch ziemlich
streng grad jetzt, da zu dieser Zeit
die meisten Kühe frish sind
Ich möchte Euch bitten, wen Ihr
für mich eine [8] [9]
Stelle in Omaha auf einer Dairy [10]
mit beinahe so viel Lohn wie hier
dan würde ich sofort dort hin kommen
[11] oder wen Ihr nur denket dass ich [12]
in [13] Omaha eine Stelle bekommen
könnte u. wen ich auch [14] nur 40 – 75 Dollar
hätte im Monat so wäre es mir sehr lieb
wen Ihr mir sofort shreiben würden dan
würd ich auch sofort dort hin kommen
Ich hoffe also, bald eine günstige Antwort
zu erhalten von Euch. Wen ich dan in Omaha
wäre, so wäre es mir wieder möglich
Euch auch wieder einmal zu besuchen
Das ist was ich immer wünshe!
Ich shliesse nun mein Sudel mit den herzlichsten
Grüssen an Euch alle
Wenn Bea [15] in Omaha ist so sendet Ihr auch
ein Gruss von mir.
Eure Weihnachtskarte habe ich mit Freude
erhalten u. hoffe dass Ihr auch die mein erhalten
habt.

Ich lege
Euch noch ein Photo bei u. hoffe von Euch auch
eines zu erhalten. [16]

Also Bitte shreibet mir
so bald wie möglich wen
Ihr etwas wisst für mich
oder denket es wäre etwas für mich. [17]  

Auch viele Grüsse
Euren Fränk [18] u. Frau [19] [20]

______________

[1] LI LA PA 016/3/02/01.
[2] Unterstrichen.
[3] Ursprüngliche Fassung: „daẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.  
[4] Seitenwechsel.
[5] Vgl. englisch „coat“ für Mantel, Jacke.  
[6] Satz unterstrichen.
[7] Seitenwechsel.
[8] Unterstrichen.
[9] Es folgen zwei durchgestrichene Wörter.
[10] Englisch „Dairy“ für Milchhof.
[11] Durchgestrichenes Wort.
[12] Seitenwechsel.
[13] Durchgestrichenes Wort.
[14] Durchgestrichenes Wort.
[15] Möglicherweise Beatrice Öhri, die Tochter von Ulrich Öhri.
[16] Nachträglich am Rand der vierten Seite hinzugefügt. Die Fotografie liegt nicht mehr bei.
[17] Nachträglich mit Bleistift auf der vierten Seite hinzugefügt.
[18] Wohl Frank Öhri, ein Sohn des Ulrich Öhri.
[19] Unterstrichen.
[20] Nachträglich am Rand der dritten Seite hinzugefügt.