Alois Biedermann an Ulrich Öhri über seinen neuen Arbeitsplatz im kalifornischen Bloomfield, die hohe Arbeitslosigkeit im Westen der USA sowie die Stellensuche in Omaha


Handschriftliches Originalschreiben von Alois Biedermann, Bloomfield (Kalifornien), an die Familie Ulrich Öhri, Spencer (Nebraska) [1]

21.09.1930, Bloomfield (Kalifornien)

Liebe Famili Ohri

Nun kom ich endlich wieder dazu
Euch Lieben einige Zeilen zu shreiben
Also verzeihet mir dass [2] ich Euch so
lange nicht geshrieben habe. Ich habe zwar
Euern Brief den Ihr mir Anfang Sommer
geshickt habt erhalten u. hat mich sehr
gefreut aber der Brief lag eine Zeit lang
in der Stadt u. als ich den Brief bekam
hat ich shon eine andere Stelle nache bei
Portland [Oregon] wusste aber nicht wie lange ich
an derselben bleiben wollte u. bevor war ich
ein Zeit lang im Staat Washington.
u. jetzt bin ich von Portland nach California
gekommen. Eine Woche war ich in der Stadt
San Francisco Calif, und dan hab ich Arbeit
bekomen nach Bloomfield Calif 75 Meilen von San Francisco
auf einer Dairyfarm [3]. Es gefällt mir aber gar nicht
hier ich wollte ich wäre in Portland geblieben
aber es ist nicht gut wieder weiter zur reisen bei dieser
harten Zeit den es steht sehr shlecht mit der
Arbeit hier in der West die Leute sagen es sei
mehr als 40 Jahre nicht mehr so shlecht gewesen
und die Löhne sind auch herunter gekommen Aber
immerhin kann man noch am ehesten einen Melker
Stelle finden. [4]
Ich glaube es währ besser ich [5] wäre
gar nie in diese West gekommen
Ich wünshte ich währe in Nebraska
geblieben Ich habe zwar vieles gesehen
was ich sonst nie gesehen hätte dass werde
ich Euch Lieben dan erzählen wen ich
wieder einmal zu Euch komme.
Ich bin also immer gesund u. geht mir gut und hoff dasselbe
auch von Euch Allen. Wen Ihr mir dan
auf den Frühling eine Melkerstelle wisst
in [6] Omaha oder denket ich konnte
wenigstens eine bekommen so lässt mich
dan so bald als möglichst wissen dan
komme ich dan sofort zurük nach Nebraska
das ist mein sehnlichster Wunsch Euch
wieder einmal zu sehen. Ihr müsst nicht denken
dass ich Euch vergessen habe. Ich werde Euch sicher
nicht vergessen bei Euch war ich halt wie daheim
und darum sehne ich mich zurük zu Euch Lieben
Euern lezten Brief den Ihr am 20. Aug. geshrieben
habt hab ich erhalten u. hat mich sehr gefreut
Also besten Dank für Eure Briefe
Auf diesen meinem Brief braucht Ihr mir jetzt
nicht zu shreiben ich weiss nicht nicht ob ich hier bleibe
oder nicht so bald ich eine bleibende Stelle habe dan shreibe ich
Euch sofort wieder Ich hoffe nun dass dieser Brief Euch in bester
Gesundheit antrifft wie er mich verlässt. Die herzlichsten Grüsse
sendet Euch Allen Alois Biedermann Lebet Wohl Aufs Wiedersehn [7]     

Verzeihet mir dass ich nur
mit Bleistift geshrieben habe
ich habe […] [8] [9]
 
Viele Grüsse an Silvan [Heeb] u. an Alban [Heeb] u. an Famili Andreas Ohri [Öhri]
an Famili Conert [Connot] [10] [11]  

Die besten Grüsse an
Euren Fränk [12] u Famili  [13]

Ein extra Gruss an Miss Bea [14]
Es hat mich sehr gefreut dass Sie
in Eurem vorletzten Brief mir auch einige Zeilen geschrieben hat u. besten Dank dafür. [15

______________

[1] LI LA PA 016/3/02/05.
[2] Ursprüngliche Fassung: „daẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[3] Englisch „dairy farm“ für Milchviehbetrieb.
[4] Seitenwechsel.
[5] Durchgestrichenes Wort.
[6] Durchgestrichenes Wort.
[7] Unterstrichen.
[8] Fehlstelle im Papier.
[9] Satz am Rand der zweiten Seite hinzugefügt.
[10] Magdalena Öhri, die Schwester des Ulrich Öhri, war mit John Connot verheiratet.
[11] Satz am Rand der zweiten Seite hinzugefügt.
[12] Frank Öhri, ein Sohn des Ulrich Öhri.
[13] Nachträglich am Rand der ersten Seite hinzugefügt.
[14] Beatrice Öhri, die Tochter des Ulrich Öhri.
[15] Nachträglich am Rand der ersten Seite hinzugefügt.