Hermann Frommelt an Magdalena Connot [-Öhri] über den Empfang eines Schecks aus Amerika, den Tod der Ehefrau Elisabeth und sieben der zehn Kinder, zwei Spitalsaufenthalte, die Inflation in Österreich im Gefolge des Ersten Weltkrieges sowie die Steuerlast


Handschriftliches Originalschreiben der Hermann Frommelt, Rankweil (Vorarlberg), vermutlich an die Familie Magdalena Connot [-Öhri], Spencer (Nebraska) [1]

18.04.1922, Rankweil

Meine teuren Verwandte u. Freunde!

Zum Voraus seid Ihr Alle herzlich gegrüsst [2]. Am 8. April hab ich Euer Schreiben
samt dem Schek in Ordnung erhalten, worüber ich staunte u. weinte vor
Freuden, dass Ihr noch meiner gedenkt. Tausend Dank dafür u. einem jeden,
das etwas beigetragen hat. Aber leider hab ich auch gelesen, dass auch Ihr Unglük
habt in weiter Ferne was ich sehr bedaure u. an Eurem Schiksal Beileid trage,
den ich weiss es nur zu gut wie es ist, immer Krankheit u. Unheil in der Familie.
Mir leben jetzt noch von 10 Kinder noch 3. könt Ihr denken dass ich auch mit Ihnen
etwas mitgemacht hab. Dann die Frau [Elisabeth Frommelt [-Sonderegger]] gestorben, u. ich 2 mal im Spital Insbruk [Innsbruck]
operit worden u. nachher Jahrelang krank gewesen, u. Alles mit Gottes Hilfe
wieder durchgemacht. Ich weiss nur zu gut, dass dieses harte Zeiten sind u. ein jedes
bedaure ich sehr, so vieles mitzumachen. Ertragen kann man gewiss sehr vieles.
Nun genug von diesem, [3] man muss sich in Alles fügen u. in Gottes Wille ergeben.
Ich kann Euch nichts anders helfen als beten will ich täglich für Euch, u. gewiss nicht
vergessen, so oft ich hier in diese Wallfahrtskirche hin komme will ich Euch Alle
der lieben Mutter Gottes empfehlen und Alle ins heilige Messopfer einschliessen.
Ich kann Euch gewiss mein Leben lang nie vergessen, dass Ihr so gut seid mit mir.
Nun will ich noch etwas mitteilen von der grossen Teuerung, die der
furchtbare Weltkrig gemacht. 1 Glas Bier, das man aber entbehren kann, kostet
jetzt 500 Kr. [Kronen] 1 Kilo Schwarzbrod kostet auch 500 Kr. 1 Kilo Maismehl kostet 400.
1 Kilo Kaffee 3600 Kr. 1 Kilo Rindfleisch 1600 Kr. 1 Kilo Fett 3000 Kr.
Dan wieder Kleider u. Schuhe z. Beispiel 1 Herren Anzug 70 bis 100‘000 Kr.
1 Hemd 6 bis 8000 Kr. 1 Hut 20 bis 24‘000 Kr. 1 Nastuch 800 Kr. 1 Paare Schuhe 18 bis 2600.
Die Steuern, die das Volk zu zahlen hat, sind kaum mehr zum aufbringen.
Ich kann nicht verstehen wie lange das noch so geht. Nun will ich aufhören für
diesmal, nächste Mal wieder etwas. Nochmals herzlichen Dank an Ihnen u.
Ihre Brüder Ulrich [Öhri] u. Andreas [Öhri]. Lebt Alle recht wohl in weiter Ferne, u. ich
wünsche Allen, lauter Glük, Heil u. Segen u. Alles Wohlergehen, hauptsächlich
zuerst gute Gesundheit. [4]

Ich lege noch zur Erinnerung, 1 Ansichtskarte [5] bei, von der Wallfahrtskirche.

Nochmals Gruss u. Dank an Euch Alle.

von Eurem Freund
Hermann Frommelt in Rankweil
Vorarlberg. Deutsch Östereich.

Noch eine Bemerkung.
Im Fall, dass eins oder andere wieder mal etwas schikt so sendet es nur
wieder mit einem Schek, da bekomt man Alles nach vollem Wert, aber mit
Postanweisung sagen viele Leute hier, sie haben die Hälfte Verlust, wen
sie etwas bekommen von Amerika.

Lebt wohl.

______________

[1] LI LA PA 016/3/08. Brief in Kurrentschrift.
[2] Ursprüngliche Fassung: „gegrüẞt“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[3] Durchstreichung.
[4] Seitenwechsel.
[5] Liegt nicht mehr bei.