Alois Rheinberger an Emma Rheinberger über das Leiden im Leben, die Nützlichkeit eines jeden Menschen sowie die Zusendung bzw. das Abonnement des Liechtensteiner Volksblattes


Handschriftliches Originalschreiben des Alois Rheinberger, Nauvoo (Illinois), an Emma Rheinberger [1]  

o.D. (ca. November 1910), o.O. (Nauvoo (Illinois))

Liebe Emma [2]!

Sie sind in der Schule des Leidens gewesen
und noch darin, und haben Ihre Leiden,
gehorsam dem Willen Gottes, geduldig und
ergeben ertragen, und jetzt soll ich Ihnen
sagen, wie man Leiden erträgt, da ich
vielmehr Sie fragen möchte.

Alle Menschen müssen [3] leiden, aber sie werden
ungleich ertragen. Die sie als Schickung Gottes,
gehorsam Seinem Willen, geduldig tragen, ohne
fragen /: warum :/ werden getröstet werden;
die sie aber wiederwillig, erbittert, als un-
verdiente Belästigung betrachten, und empört
ihr Schicksal anklagen und fragen /: warum :/
die tragen schwer, und anstatt Gott angenehmer
dadurch zu werden, entfremden sie sich ihm
und gehen oft in Verzweiflung unter.

Es ist auch unnütz, sich um das Schicksal
anderer, auch wenn sie uns lieb sind, [4]
im voraus zu kümmern, über ihr ergechen,
wenn sie alt, arm und hilflos werden
sollten. Kommt Zeit, kommt Rath. –

Liebe Emma [5]! was immer uns beunruhigen
mag, stellen wir es Gott anheim. –

[6] Wir Menschen wissen und
lieben was uns angenehm [7], wir wissen
aber nicht, was gut [8] für uns ist.

Gott weiss es! Halten wir uns
auch nicht für unnütz. Wären wir
auch ganz einsam, und nicht in der Lage
anderen leiblich zu nützen, so können wir
ihnen durch unser Beispiel, durch unser
Gebet, sei es im Glauben für den
der keinen hat, sei es, indem wir Gott
bitten um Hilfe und Erbarmen für
den, der im Unglück unterzugehen droht
und so weiter. Ihre Zeitung [9] komt mir
regelmässig zu und ich gewöhne mich an sie
wie einen lieben Boten, der Nachricht aus der
fernen Heimath bringt. [10]

Aber Sie haben die Kosten dafür
und darum möchte ich doch lieber bitten
die Zusendung einzustellen.

Ich sende Ihnen einen schönen
Kalender. Auch der Bertha [Schauer] [11] sende ich
Einen. Gott segne Sie.

A. Rheinberger [12]

______________

[1] LI LA AFRh Ha 17/15. Brief in Kurrentschrift. Vgl. das Schreiben der Emma Rheinberger an Alois Rheinberger vom 10.10.1910 unter LI LA AFRh Ha 18.
[2] In lateinischer Schrift.
[3] Ursprüngliche Fassung: „müẞen“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[4] Seitenwechsel.
[5] In lateinischer Schrift.
[6] Durchstreichung.
[7] Unterstrichen.
[8] Unterstrichen.
[9] Liechtensteiner Volksblatt.
[10] Seitenwechsel.
[11] In lateinischer Schrift.
[12] In lateinischer Schrift.