Ferdinand Marock an seinen Bruder Wilhelm Marock über die Zusendung von Fotografien aus Amerika, den Herztod eines Vetters in Vorarlberg sowie die Schnitzereien des Bruders Josef Marock


Handschriftliches Originalschreiben des Ferdinand Marock, Mauren, an seinen Bruder Wilhelm Marock in Indiana, mit einem Gruss von Mutter Genofeva Marock [-Meier] [1]

16.05.1895, Mauren

Liber Bruder Schwägerin etz.!

Gerade heute zum Mittags essen bringt
mir der Briefbot ein grösseres [2] Brifcovert [3]
mit der mir wohlbekannten Schriftzugs
Adressa vom Wilhelm aus Amerika.
Ein lautes einstimmiges Hurah ertönte
in meiner ganzen familie, als ich das
Covert öffnete u. die imposanten
schönen Bilder enthülte. Jedes wollte es
zu erst sehen, selbst der gleinen „Wundernase“
Ida [Senti [-Marock]] musste man es selbst in die Hände
zum überprüffen geben. Noch mehr Effect
hätten die Bilder gemacht wen zugleich
die H. H. [Hochwürdigen Herren] Gemahlen auf dem Bilde er-
sichtlich gewessen wären. Sage meinen
liben Neffinen meinen herzlichsten Dank
dafür, sage Du ihnen in meinem Nahmen
dass ich Ihnen Glück u. Wohlfahrt in ihrem [4]
ehlichem Stande wünsche, u. dass der ehelichen
Fride u. Liebe das Band sei das sie um-
schlinge u. aneiandern fessle. Der Brif
musste etwas zu schwer gewessen sein
ich musste 32 Kr. [Kreuzer] Strafgebühr nach zahlen.
Anlässlich bemerke ich noch dass die freie
Presse 14 feb. N 35 ankam dann keine
mehr bis 11 April u. seit dem nichts mehr.
Im Deinem Brief wird bemerkt das im
nächsten Briefe weitere Bilder folgen
werden, also nur nicht zu lange warten
den warten ist eine Pein. Der heurige
Frühling ist mit dem schönsten Wetter
begleitet alles ist in der schönsten ent-
wiklung begriffen, die ältesten Männer
erinern sich nicht eines so schönen frühling
aber heute regnet u. schneit es wie
man zu sagen pflegt was vom Himmel
mag. [5]

Im Juni 1894 ist unser Vetter Boni-
fazikus in Nenzig (Vorarlberg) an
einem Herzschlag plötzlich in der Kirche
gestorben. Noch Scherzweise muss ich
Dir anheimstellen das unser Bruder
Josef [Marock] in der Schnitzel Architectur sehr
entwikelt haben muss, da er sich mit
Crucefix figuren sich gegenwärtig befasst
hier hat er nur eine Taback schnetza
eigen artiger Construirt welche aber
gänzlich misslungen war, einzelne Bestand-
theile ligen noch in Trümmern auf dem
Estrich zur verfügung.

Zum Schlusse meinen verbindlichsten
Danck für die Fotografie u. herzliche
Grüsse an Carigetta u. S. Genovefa
sowi an Deine ganze familie von uns
allen Mutter, Brüder u. meine Frau [Wilhelmina Marock [-Marxer]]

Ferdinand. [6]

Einen Eigen händigen
herzlichen freundlichen
Gruss von Deiner
Mutter Genofeva [7]
  
Das unsere Mutter in ein Gericht
zum schreiben nicht mehr taugen
würde wirst Du einsehen; aber
wenn man ihr hoches Alter in Anbetracht
nimmt, u. vieleicht  40 Jahre keine Feder
mehr in der Hand gefürtht hat; so muss
man ihr noch bereits ein Vorzug-
zeugniss ausstellen.

______________

[1] US PA Delph Donna. Brief in Kurrentschrift.
[2] Ursprüngliche Fassung: „gröẞeres“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[3] In lateinischer Schrift. Wird im Folgenden kursiv gesetzt.
[4] Seitenwechsel.
[5] Seitenwechsel.
[6] Seitenwechsel.
[7] Eigenhändiger Nachtrag von Genofeva Marock [-Meier].