Urban Mündle an seinen Cousin Konrad Meier über die Errichtung einer Anlage für die Texas Company in einem Sumpfgebiet bei Jacksonville (Florida), die Lieferung von Petroleum nach Europa, einen Streit zwischen Schwarzen und Weissen unter seinen Arbeitern sowie seine mögliche Versetzung nach Europa


Handschriftliches Originalschreiben des Urban Mündle, Jacksonville (Florida), an seinen Cousin Konrad Meier und Angehörige, Eschen [1]

13.02.1927, Jacksonville (Florida)

Liebe Angehörige.

Erhielt Euren lieben Brief und konnte daraus
ersehen dass Ihr alle gesund und Wohl seit.
Was auch ich meinerseits sagen kann. Zu Eurem
Briefe möchte ich bemerken dass derselbe zuerst
nach Union City ging und von dort wie-
der hieher gesandt wurde. Ich bin von meinem
früheren Aufenthaltsorte beinahe soweit entfernt
wie Ihr von New-York darum die monat-
liche verspätung. Ich werde nicht mehr lange
hier bleiben denn in ungefähr 4 Wochen
ist meine Arbeit vorüber. Letzte Woche entliess
ich 120 Arbeiter und beschäftige gegenwar-
tig nur noch 56 Mann. Ich habe alle
Gebäude fertig bis auf eines welches in
kürzester Zeit seiner Vollendung entgegen
sieht. Am 14 Nov. 1926 fing ich meine Tätig-
keit hier an 16 Meilen von der Stadt ent-
fernt in einem Sumpfe eine Anlage für
die Texas Co zu errichten. Anfänglich sah
es trostlos aus. Das Wasser kam schneller
in den die Dampfpumpen arbeiten
konnten. Mit der Flut des Oceans stieg [2]
das Wasser alle 6 Stunden 2 ½ Fuss
das ist beinahe ein Meter. Anfanglich
war ich ratlos und meine Arbeiter wurden
verzagt immer bis zur Brust hinauf im
Wasser zu arbeiten. Doch gelang es mir am
15 December das Wasser mittelst riesiger Pum-
pen ganz hinauszubringen und einen Damm
aufzuwerfen. Ich ging frohen Mutes heim
um meinen lang entbehrten Schlaf nachzuholen.
Jedoch Morgens 3 Uhr kam ein Telegram
Wasser durchbrach den Damm an der Südsei-
de. Ich nahm das nächste Automobile um
zur Stelle zu kommen aber alles was ich sah
war ein See. Alle Maschinen im Wasser
vergraben. Ich stand auf dem noch geblie-
benen Stück Damm und betrachte dieses un-
glückselige Wasser welches meinen Ruin fer-
tig gebracht hatte und bemerkte wie das
Wasser mit der Ebbe wieder langsam
abfloss. Ich gab order alle Wagen mit Cement
zu beladen und zum Glück erhielt ich den
Tag before 35 Wagon. Mit dem niedrigsten
Stande des Wassers lies ich Sack auf Sack
Cement in den Durchbruch werfen und
der Dam hielt bis heute. Aus dem Sumpfe
ist eine kleine Stadt erstanden und
letzte Woche wurde nicht Weniger als 120 [3]
Wagon Ladungen Petroleum nach Europa
gesandt.

Solange ich hier bin in Amerika das sind jitzt bald 6 Jahre
arbeitete ich viel und hart zwar nicht körper-
lich aber geistige Anstrengungen sind harter
den körperliche. Meine Haare zeigen ein ganz
verräterisches Weiss d. h. ganz verstohlen zeigt
sich hier und dort ein graues Haar was da-
rauf schliessen lasst dass ich älter werde.
Zwar fühle ich heute wie 17 trotzdem ich
schon 31 bin und an Kraft konnte mich
keiner soleicht übertreffen wofür ich Gott
danke den ich brauche es. Am 11 dieses Monats
kam es zum Streit zwischen Negers und
Weissen. Ich hörte den ersten Schuss und rannte
nach der Stelle ich nahm den Ubeltater und
Rädelsführer einen Neger und warf ihn so
hart zu Boden dass ihn hören und sehen
verging. Der Schuss alarmierte alle Arbeiter
und wir Weissen behielten am Ende wieder
die Oberhand. Ich hatte nur wenige
Weisse beschäftigt aber unter diesen weni-
gen waren sehr viele zweideutigen herkom-
mens. Am Ende stellte sich heraus dass
die Negros im Recht waren. Jedoch um
den Weissen nicht unter den Neger zu stellen
schwieg ich und hoffe ich die Sache
erledigt. [4]

Wenn Ihr diesen Brief erhält schreibt nicht
mehr hie her den ich hoffe dann wieder
in Union City zu sein. Auf wie lange kann
ich nicht sagen. Voraussichtlich werde ich nach
Providence gehen. Vielleicht schickt mich
die Co nach Europa wir haben dort
viele Niederlassungen. Und infolge meiner
Sprachen Kenntnisse kann es möglich sein
dass ich nach dorten gesandt werde.
Jedoch wenn, das ist eine Frage. Vor allem
liegt mir daran von hier fort zu komen
before die tropische Hitze eintrifft welche
im April zu erwarten ist.

Wie geht es denen in Mauren? Ist die Marie [5]
immer noch wie früher. Wie viele Kinder haben
sie hoffe ein Dutzend. Aber reiche Leute 
haben gewöhnlich nur 2. und zu diesen
zählen sie sich sicher.

Ich bedaure Theodor Schädler er war immer
ein anständiger junger Mann. Wäre er nicht
verheiratet würde ich ihm den Rat geben
hieher zu kommen. Jedoch in seinen Verhältnissen
ist schwer zu helfen.

Gruss an Alban [Matt] u. David
Matt

und alle welche
nachfragen.

Mit vielen tausend Grüssen
an Euch alle

Urban

nachste Addr.

[6]  

917 Harrison Pl.
Union City N.J. U.S.

______________

[1] LI PA Meier Guido. Brief in lateinischer Schrift. Randbemerkung auf der 1 Briefseite in Kurrentschrift: "Eschen K". Kuvert beiliegend, Adressat Konrad Meier.
[2] Seitenwechsel.
[3] Seitenwechsel.
[4] Seitenwechsel.
[5] Möglicherweise Maria Meier [-Mündle], die Ehefrau von David Meier.
[6] Durchstreichung.