Katrolina Lampert [-Schädler] an ihre Nichte über den langweiligen Winter mit viel Regenwetter, viele Besucher aus Portland im Sommer, eine gute Ernte, die Preissteigerung von Weizen auf Grund des hohen Exports, einen Goldfund in Alaska, das Hoffen auf bessere Zeiten und auf eine Reise nach Triesenberg, den Betrieb einer eigenen kleinen Landwirtschaft und über die Sorge, dass Sohn Julius Lampert nie heiraten wird


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Troutdale (Oregon), an ihre Nichte und die übrigen Verwandten in Triesenberg

Troutdale den 16. Jäner 1898

Herzgeliebte Nichte!

Mitt Freuden habe ich gestern dein
schönes Briefchen erhalten, und mit
rürendem Herzen habe ich ihn gelesen,
den er war so schön, und ich will ihn auch
gleich beantworten. Wier sind noch
immer hier auf dem Lande gottlob
gesund und wohl, aber sehr langweilig
im Winter bei so vielem Regen-
wetter, im Sommer haben wier viel
Besuch von Portland gehabt, fast jeden
Sontag. Die Ernte ist gut ausgefallen
hier Kartoffel, und Obst im Überfluß
es verfault noch viel Obst auf dem
Boden, das gar nicht aufgelesen wird,
den es hat zu wenig Preiß, wier
haben, das erste Jahr eigenes Obst
den wier wohnen, jezt 5 Jahre hier 

und Julius hat die Bäume im ersten Jahre
gepflanzt, ich wünschte ihr hättet von
unserer Frucht draußen, der Weitzen
ist auch theurer geworden, den es
geht viel ins Ausland, aber wier
haben dennoch billiges Brod. Es ist
in Alaska im Nordwesten von
Amerika ein neues Goldland endekt
worden und schon viele Milionen
Gold daraus gewonnen, dieses
Frühjahr werden wieder viele von
Portland und der Umgegend dorthin
wandern um ihr Glück zu suchen
und alles denkt, daß die Zeiten
wieder besser werden hier an
dieser Küste, daß man etwas
verkaufen kan, dan werde ich Euch
so Gott will, ganz gewiß sehen.
Und jezt liebes Herziges Bäschen
gebe recht gut acht auf dich selbst, daß
du deine Gesundheit wieder erlangst. 

Gott und das liebe Jesulein wird deine
Gebete erhören, auch ich werde deiner
nicht vergessen im Gebete. Ihr hättet
es im Winter recht schön beieinander
wen du recht gesund wärest, dein Bruder
kan dem Vater auch schon viel helfen, ich
mache mir jedes mal wen ich wieder
einen Brief bekomme Pläne wie ich
euch überraschen wollte, und wohin ich
erst wollte, natürlich würde es mich
erst in mein Väterliches Haus ziehen,
wo meine Wiege gestanden, und meine
Jugendjahre verlebt habe, und wo unsere
lieben Eltern gelebt, und gestorben sind. Wier sprechen
viel von Euch hier, meine Geschwister
würden mich villeicht nicht mehr kennen,
aber ich glaube ich würde die Burga,
Sofia und Juliana kennen, aber nicht
mein Bruder, und die Theres, den sie
waren noch nicht ausgewachsen wo
ich nach Amerika ging, es werden

schon 30 Jahre im Februar als ich meine
Heimath verließ, und ich glaube es hat sich
viel verändert dort, aber ich würde Euch
auch in der Nacht finden. Wier betreiben
hier eine kleine Landwirthschaft, wier
haben 3 Kühe, 2 Schweine 45 Stück Hühner
so haben wier genug Beschäftigung und
unser gutes Auskommen. Julius ist
noch ledig und ich glaube nicht, daß er
jemals Heirathet. Jezt grüße mir
alle meine Geschwisterte und Verwandte
und Bekante auch den Herrn Pfarrer
dein Bruder und ganz besonders
bist du gegrüßt von mir Julius

Deine Dich liebende Base

Carolina Lampert

Schreibe bald wieder, auch wünsche ich
einen Brief von deinem Vater und von
der Schwester Juliana, ich habe an die
Schwester Juliana einen Brief im Novem-
ber fort geschickt, sie wird ihn hoffentlich
erhalten haben

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