Karolina Lampert [-Schädler] in Troutdale an ihre Nichte über das Foto mit der Musikkapelle und die Zuordnung der Personen, über das bevorstehende Treffen mit Justina in Portland sowie über das Wetter, die Ernte und Preise, über Alexander Lamperts Tochter und ihre Heirat sowie über das Bild von ihr und Julius vor ihrem Haus


Unvollständiges handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Troutdale (Oregon), an ihre Nichte in Triesenberg

(Briefumschlag): Juliana Seli (c/o Pfarhaus) Triesenberg. Fürstenthum Lichtenstein Germany Europe

Troutdale Oregon Dezember 22

Liebe, theure Nichte!
Endlich will ich dein schreiben vom
18 Juni beantworten, es ist noch
nicht Neujahr. Wier sind Gottlob
zimlich gesund und hoffen dasselbe
von Euch allen, wie steht es mit der
armen Schwester Sofina ich habe
schon so oft ihrer gedacht hoffe
das ihre Schmerzen nicht zu groß
sind und daß sie wieder besser wird.
Das Bild von der Mussig-
kapelle hat mich recht gefreut
wiewohl ich die meisten nie
gesehen habe, der Kapellmeister
sieht seinem Vater Ferdinand so
änhlich wie er war, wo ich nach

Amerika ging und das wird bald
42 Jahre, dem Johan Schädler sein
Sohn sieht seinem Vater auch änhlich
und dein Bruder Alois ist Mager
wie deine Mutter und ich auch,
ich denke er schafft auch zu hart.
Ich habe alle die Karten der Justina
geschickt, aber sie schikt sie wieder
zurük auch das Buch, ich gehe
am Neujahr nach Portland für
ein par Tage so habe ich der
Justina geschrieben, daß sie auch
hinkomt, das wier wieder zusamen
sprechen können und so ist Julius
allein hier und muß selbst kochen.
Wier haben im November arg
viel Regen gehabt und somit haben
wier die Kartoffel noch nicht
gegraben; es hat alles guten

Preiß, die Butter, Äpfel
Mehl, Kartoffel es ist alles
gut gerathen. Am 8 Dezember
war unser Priester wieder hier
und hat Messe gelesen. Dem Alex-
ander Lampert seine dritte Tochter
hat geheirathet auch einen Deutschen.
Dem Frommelt seine Famili ist noch
beieinander bis auf die 3 Ältesten
die sind nach Calavornien es fehlt
nichts wie die Mutter. Jezt haben
wier die lange Winter-Abende aber
wier haben jeden Tag eine große Zeitung
von Portland da wird gelesen der
Julius geht nie fort Abends wier
haben ein gutes Licht es kommt von
Deutschland Glühlicht heißt es
und macht mehr Helle als 6 andere
und wier brauchen dasselbe Kohlenöhl

ich schike dir auch ein Bild von uns
und ein theil von unserem Haus und
unseren Kirschen es war ein Man hier
hate die Maschine bei sich ich kam gerade
aus der Kirche macht Mittagessen somit
habe ich mich nicht anders gekleidet
und der Julius sizt dort mit seinem
Hund, das andere ist ein Ast von
unseren Kirschen wier haben 6 große
Kirschenbäume um das Haus herum
es macht schatten und im Sommer schöne
Frucht, der Julius wird dir bald eine
Karte schiken, vergib mir, daß ich dich
so lange warten ließ, ich dedes mal es
ist das leztemal, das ich schreibe, den
ich bin schon alt, ich wünsche ich könte
euch alle noch einmal sehen, oder hin-
aus kommen um dort zu sterben, ich will
aufhören, ich werde der Juliana schreiben
wenn ich von Portland komme wie ich

dort alle meine Freunde getroffen
habe und was die Justina macht, ich habe so
viele Freunde dort. Jezt seid alle
herzlich gegrüßt von mir und Julius
und schreibe recht bald und viel, den ich warte
mit Sehnsucht auf eine Antwort
oder einen Hoffnungsstrahl, daß du die
Fabrik vertauschen möchtest mit Amerika.
Ich wünsche euch allen ein glückliches
Neujahr

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