Die Schweiz teilt der liechtensteinischen Regierung mit, dass Deutschland die Evakuierung der fürstlichen Sammlungen in einem Staatsvertrag regeln will


Dringliche Note des Eidgenössischen Politischen Departments an die liechtensteinische Regierung [1]

19.10.1944

Im Nachgang zu seiner Note vom 14. d. M. [2] beehrt sich das Eidgenössische Politische Departement, der Fürstlich Liechtensteinischen Regierung bekanntzugeben, dass es in der Angelegenheit betreffend die vorübergehende Evakuierung des fürstlich liechtensteinischen Kunstbesitzes nach Vaduz soeben von der Schweizerischen Gesandtschaft in Berlin auf telegraphischem Wege eine weitere Mitteilung empfangen hat.

 Die Gesandtschaft führt darin aus, dass der Vertreter des Auswärtigen Amtes zur Regelung diese Gegenstandes den Abschluss eines liechtensteinisch-deutschen Staatsvertrages vorschlage, worin bestimmt würde, dass das Deutsche Reich, vertreten durch einen Treuhänder, die fraglichen Kunstwerte für die Dauer des Krieges in Vaduz unterbringen solle, während sich das Fürstentum zur Einräumung eines Aufsichtsrechtes durch den Treuhänder, eventuell zur Stellung einer Bürgschaft in Devisen [3] und zur integralen Rückführung des Kunstgutes nach Kriegsende verpflichten würde. Als Treuhänder sei vorgesehen Herr Adolf Ratjen, Mitinhaber des Bankhauses Delbrück Schickler & Co. in Berlin.

Wie die Gesandtschaft beifügt, sei Herr Rechtsanwalt Dr. [Josef] Steegmann, der zur Zeit in der Schweiz weile, in der Lage, über weitere Einzelheiten Aufschluss zu erteilen.

Das Politische Departement sieht den baldigen Rückäusserungen der Fürstlichen Regierung mit Interesse entgegen und benützt gerne auch diesen Anlass, um sie erneut seiner ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

 

 

 

 

 

 

 

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[1] LI LA RF 226/069/016. Zeichen: B.24.Liecht. - VH. Betreffangabe: ad Nr. 226/69. Paraphe, verm. von Carl Theodor Stucki.
[2] LI LA RF 226/069/013.
[3] Handschriftliche Randbemerkung: "4'000'000 frs.".