Die Regierung legt einen Gesetzesentwurf betreffend die Ausbürgerung von Liechtensteinern vor, welche die Belange des Staates schädigen


Regierungsvorlage betreffend die Novellierung des Staatsbürgerschatsrechts [1]

o.D. (26.4.1937)

Gesetz vom ... über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung des liechtensteinischen Landesbürgerrechtes

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Dem nachfolgenden vom Landtage in seiner Sitzung vom ... gefassten Beschluss erteile Ich meine Zustimmung:

Art. 1

Das Gesetz vom 4. Jänner 1934, LGBl. Nr. 1, über den Erwerb und Verlust des Landesbürgerrechtes wird wie folgt abgeändert und ergänzt:

Art. 21 [2] erhält folgende weitere Absätze:

(3) Landesbürger, die sich im Auslande aufhalten, können des Landesbürgerrechtes verlustig erklärt werden, soferne sie durch ein Verhalten, das gegen die Pflicht zur Treue gegen Fürstenhaus, Land und Volk verstösst, die liechtensteinischen Belange schädigen. Als Schädigung der liechtensteinischen Belange gilt insbesondere auch jede Handlung gegen das Gesetz vom 17. März 1937, LGBl. Nr. 3, betreffend den Schutz der Sicherheit des Landes und seiner Bewohner und gegen das siebente und achte Hauptstück des Strafgesetzbuches vom Jahre 1853 [3]. Bei der Einleitung des Aberkennungsverfahrens kann die Beschlagnahme des Vermögens erfolgen.

(4) Aberkennungsbehörde ist die Regierung. Das Gesetz über die allgemeine Landesverwaltungspflege [4] ist anzuwenden. Rechtsmittelbehörde ist der Staatsgerichtshof. Der Aberkennungsbescheid muss auch eine Verfügung über den Einzug des Vermögens zu Gunsten des Landes enthalten und überdies bestimmen, ob die Gattin und Kinder des Auszubürgernden ebenfalls von der Aberkennung des Bürgerrechtes betroffen werden.

(5) Können Zustellungen zur Einvernahme u. Rechtfertigung wegen Flucht oder unbekannter Adresse des Auszubürgernden nicht mit der Post erfolgen, so kann die Vorladung mit einer Frist von mindestens 14 Tagen in den Landeszeitungen erlassen werden. Auch die Aberkennungsverfügung mit der Rechtsmittelbelehrung kann in einem solchen Falle in den Zeitungen verlautbart werden. Eine solche Bekanntgabe ist rechtsgiltig.

Art. 2

Dieses Gesetz wird als nicht dringlich erklärt und tritt mit seiner Bekanntmachung in Kraft. [5]

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[1] LI LA RF 176/180/002/010A-010B. Die Regierung unterbreitete den Gesetzesentwurf zusammen mit dem Motivenbericht mit Schreiben vom 26. April 1937 Fürst Franz I. von Liechtenstein zur Kenntnisnahme. Der Gesetzesentwurf war zuvor in der Regierungssitzung vom 19. April 1937 behandelt worden (siehe Bearbeitungsvermerk).
[2] § 21 Abs. 1 des Gesetzes vom 4. Jänner 1934 über den Erwerb und Verlust des Landesbürgerrechtes, LGBl. 1934 Nr. 1, sah vor, dass die Regierung einem Ausländer das Landesbürgerrecht binnen 5 Jahre ab Erwerb aberkennen könne, wenn die gesetzlichen Bedingungen für die Verleihung nicht erfüllt waren. Sie konnte das Landesbürgerrecht ferner jederzeit aberkennen, wenn dessen Erwerbung in betrügerischer Weise erfolgt war. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung galten die bei der Einbürgerung entrichteten Gebühren als verfallen.      
[3] Österreichisches Strafgesetz vom 27.5.1852 über Verbrechen, Vergehen und Übertretungen, eingeführt im Fürstentum Liechtenstein mit Fürstlicher Verordnung vom 7.11.1859. Das 7. Hauptstück des Strafgesetzes behandelt die Verbrechen des Hochverrates, die Majestätsbeleidigung und der öffentlichen Ruhestörung, das 8. Hauptstück den Aufstand und den Aufruhr.   
[4] Gesetz vom 21. April 1922 über die allgemeine Landesverwaltungspflege, LGBl. 1922 Nr. 24.
[5] Die erste Lesung des Gesetzesentwurfes wurde in der öffentlichen Landtagssitzung vom 7. Mai 1937 vorgenommen (LI LA LTP 1937/116). Die weitere Behandlung der Vorlage wurde auf die nächste Sitzung verschoben, tatsächlich wurde der Gesetzesentwurf aber nicht mehr behandelt.