Das Aktionskomitee heimattreuer Liechtensteiner fordert die Bestrafung der Nationalsozialisten


Schreiben des Aktionskomitees heimattreuer Liechtensteiner, ungez., an Landtag und Regierung [1]

12.5.1945, Schaan

Eine Gruppe von Landesverrätern hat sich in den letzten Jahren zur grausamen Aufgabe gestellt, unsere Heimat zu verkaufen. Den liechtensteinischen nazistischen Volksverrätern waren führende Stellungen versprochen und um diesen gemeinen Lohn hätten sie unsere Freiheit und Selbstständigkeit verkauft und grösstes Unglück über jede einzelne Familie und über die Heimat gebracht.

Das liechtensteinische vaterlands- und fürstentreue Volk fordert heute von Landtag und Regierung:

  1. Strengste Bestrafung aller Vaterlandsverräter.
  2. Schaffung eines Gerichtes, von dem man erwarten kann, dass es die Landesverräter auch tatsächlich bestraft.
  3. Bestellung eines ausserordentlichen Staatsanwaltes.

Wir fordern ferner:

  1. Verhaftung und Bestrafung der Umbruchredaktoren, die durch ihre Schreibweise zum Hochverrat aufgewiegelt haben.
  2. Verhaftung der Putschistenführer und Bestrafung derselben.
  3. Bestrafung aller Putschisten und solcher, die in der nazistischen Wehrmacht, SS, SA, Volkssturm etc. mitgemacht haben.
  4. Bestrafung aller, die für die Nazi in Liechtenstein oder in der Schweiz Spionage getrieben haben.
  5. Bestrafung aller, die im Dienste der Gestapo gestanden und vaterlandstreue Liechtensteiner denunziert haben.
  6. Wiederaufnahmeverfahren verschiedener Prozesse gegen vaterlandstreue Liechtensteiner, die aus politischen Motiven verurteilt wurden.

Wir fordern weiter:

  1. Sofortige Ausweisung aller Ausländer, die ihr Gastrecht in Liechtenstein auf Grund der nazistischen Umtriebe verwirkten, und Beschlagnahmung deren Vermögen zu Gunsten des liecht. Staates.
  2. Einreisesperre für vorübergehend Ausgezogene, die sich in landesverräterischer Weise nazistisch betätigt haben.

Endlich fordern wir:

  1. dass allen Landesverrätern, Putschisten, Spionen und Denunzianten das aktive und passive Wahl- und Stimmrecht entzogen wird.
  2. dass alle Staatsangestellten oder vom Staate Besoldete, die in unserer Heimat dem Nazitum Vorschub geleistet und damit Vaterlandsverrat begannen haben, fristlos entlassen werden.
  3. dass bei Vergebung von Arbeiten, Anstellungen und auf Arbeitsplätzen die heimattreuen Liechtensteiner bevorzugt werden.

Durch einige Jahre wurde das liechtensteinische vaterlandstreue Volk von einer Gruppe von unsauberen Elementen in grösste Angst um die Freiheit versetzt und nach allen Richtungen bedroht.

Das Nazitum ist nun zerschmettert!

Heute fordert das liechtensteinische Volk gerechte Sühne und erwartet, dass unsere Behörden auf legalem Wege die Schuldigen zur Verantwortung zieht. Nur so kann die Selbsthilfe des Volkes hintangehalten und das Volk von der Strasse ferngehalten werden. [2]

______________

[1] LI LA RF 230/478a/I (a). Die Forderungen wurden auch veröffentlicht in L.Vo., Nr. 56, 15.5.1945, S. 2 ("Forderungen an Landtag und Regierung").
[2] Das Aktionskomitee wiederholte seine Forderungen einige Tage später in einem Schreiben an die Regierung (LI LA V 005/1945/1010, Aktionskomitee Heimattreuer Liechtensteiner an die Regierung, 20.5.1945). Dabei wurde insbesondere eine strenge Bestrafung der "nationalsozialistischen Lehrer, Staatsbeamten und Wartgeldbezüger" sowie die Ausweisung einer Reihe von namentlich genannten Ausländern gefordert.