Der "Liechtensteiner Heimatdienst" berichtet über die Tagung des "Sturmtrupps" in Eschen


Artikel im "Liechtensteiner Heimatdienst" [1]

3.8.1935

Der Sturmtrupp marschiert!

III. Landestagung im LHD – Bekenntnis unerschütterlichen Kampfeswillens um Staat und Volksgemeinschaft

1.

Die aktivste Gruppe im LHD, der der Gegner den furchtgeborenen Namen "Sturmtrupp" gleich nach ihrer Gründung am 10. Dezember 1933 zugelegt hatte, beging am vergangenen Sonntag ihre 3. Landestagung in Eschen. Dieser Ort war darum gewählt worden, weil es wertvoller erscheint, politische Aktionen gerade in jenen Landesteil zu verlegen, wo der Gegner seinen letzten Stützpunkt hat. Die Organisationsleitung war sich bewusst, dass die Wahl Eschens im gegnerischen Lager grösste Bestürzung auslösen würde. Man sprach von einem Verbot der Tagung durch die Behörden und einem Störungsversuch durch fanatisierte Gegner. Nach beiden Seiten wurden solche Versuche unternommen. Herr Regierungschef Dr. [Josef] Hoop versuchte auf Veranlassung des Eschner Vorstehers [Josef] Meier der Tagung Hemmnisse in den Weg zu legen, sie polizeilich überwachen zu lassen und eine Zensierung der politischen Theaterstücke durchzuführen. Telephonische Rücksprache und mündliche Vorstellungen erreichten, dass sich Dr. Hoop von der Unnötigkeit behördlicher Einmischung überzeugen konnte; eine Zensierung der Aufführungen wäre auf Grund des Art. 40 und 41 der Verfassung verfassungswidrig gewesen. [2] – Vorsteher Meier hatte noch kurze Zeit vor der Tagung in Bürgerparteikreisen seine Garantie gegeben, dass die Tagung in Eschen nicht stattfände. Der LHD und am wenigsten seine aktivste Organisation sind an derartigen Garantien uninteressiert; die Tagung fand programmässig statt.

2. Eröffnung

Knapp nach 6 Uhr waren die Abteilungen aus dem Land gesammelt. Der Saal im Gasthaus "Hirschen" war mit Eichengrün und drei Fackelkreuzflaggen geschmückt. Kam. Louis [Alois] Batliner, den bessere Überzeugung in unsere Reihen geführt hatte, eröffnete die Tagung. Er begrüsste die Vertreter der Landesleitung und die Abteilungsvertretungen. In sinnigen Worten wies er darauf hin, dass die Herfahrt durch das erntebereite Land ein Symbol sei, unerschrocken zu kämpfen, bis auch unserer Arbeit Frucht trage. C. [Carl] Frhr. v. Vogelsang gedachte des seit der Gründung des S. T. zurückgelegten Weges; der 9. Dezember 1934 war seit d. letzten Landestagung das grösste und schönste Ereignis. Auch während des Abstimmungskampfes hatte die Jungmännerorganisation ihren Einsatz trefflich durchgeführt. – Nach der knappen Streifung der innern Arbeit wurde des ersten Toten der Bewegung, Louis Batliner, [3] Vaduz, gedacht, und die Versammlung erhob sich zu schweigendem Gedenken für diesen Kameraden. –

Nach einem gemeinsam gesungenem Lied begannen die Vorträge.

3. Referate

Als erster sprach C. Frhr. v. Vogelsang. Die Ausführungen hatte folgenden Inhalt: Die neueste politische Kampfgruppe Liechtensteins meinte bisher, wenn von einem Gegner die Rede war, unzweifelhaft die Bürgerpartei. Doch gibt es ausser dieser Machtgruppe, die der Nationalen Opposition nur das Recht des Steuerzahlens lassen möchte, noch eine noch gefährlichere 4. Gruppe, die der anonymen Nihilisten, das ist jener vielen Menschen, die sich in allen Gruppen, Vereinen, Versammlungen usw. breit machen: die ewigen Verneiner. Jene, die alles laufen lassen wollen, wie es läuft. Die keine Hoffnung, keinen Glauben, keine Sehnsucht mehr haben. Sie sind die politischen Schimmelpilze unserer Zeit, die das Land unterwühlen. Sie haben tausend "Wenn" und "Aber". Tausend Befürchtungen. Diesen unfruchtbaren Kritikern, Mutlosmachern, Gefahrenausmalern, Ungläubigen, Resignanten steht der ungebrochene Kampfwille, der Glaube und die Begeisterung der jungen Generation gegenüber. Würde in allen Lagern jenen Spiessbürgern, deren Daseinszweck nur Verneinung und Unterhöhlung ist, erbitterter Kampf angesagt, stünde es heute um unsere Politik weit besser.

In vielen Kreisen hat man unklare Begriffe über die jüngste Organisation im LHD. Sie wird als Jugendabteilung gewertet. Eine Jugendabteilung hat erst Sinn, wenn das politische Wollen jener Gruppe, deren Reserve sie sein soll, Staatsbegriff geworden ist. Die Jungmännerorganisation im LHD ist der Zusammenschluss seiner aktivsten Kämpfer und Bekenner. Der Vortrupp der Bewegung. Zwischen den Anhängern einer Bewegung und ihren aktiven Kämpfern besteht aber ein Unterschied. Die Jungmännerorganisation ist die Antwort an unsere Zeit. Sie ist nicht neutral, sondern auf eine politische Marschroute festgelegt. Sie verkörpert den Begriff des politischen Soldaten in einer weichen Zeit. Sie will den offenen Kampf um Ideen und ist vom fanatischen Willen beseelt, ihn bis zum Endsieg auf loyalem Wege durchzuführen. Ihre Berechtigung nimmt diese Organisation aus der Tatsache, dass dieser Generation der parteihaderzerrissene Jetztstaat unwert erscheint, sich für ihn zu begeistern und dass diese Generation am längsten im kommenden Staat leben wird und also das erste Anrecht hat, bei seiner Formung tätig zu sein. Die Organisation setzt ein Eintrittsalter fest, ist aber nach oben offen. Sie ist nicht auf Unverheiratete beschränkt. Gerade auch der Familienvater wird in ihren Reihen willkommen sein, kann er doch an der Bessergestaltung der Zukunft seiner Nachkommen tätigen Anteil nehmen. – In eiserner Disziplin, unermüdlicher Kleinarbeit, planmässiger Ausbauarbeit sieht die Organisation der Jungmänner ihre Zukunftsaufgaben. In der Propaganda durch Presseverbreitung, Werbung, Debattenschulung, Pflege des Kameradschaftsgedankens u. politische Theatergruppen liegen weitere Zukunftsaufgaben der aktivistischen Gruppe des LHD. In dieser Zielsetzung darf es nur ein Vorwärts geben, bis das Ziel erreicht ist: Der Ständestaat der Freiheit, Gerechtigkeit und des gesicherten Brotes für alle.

Dr. Alois Vogt sah im zweiten Referat seine Aufgabe im Schildern der politischen Situation und enger gezeichneter politischer Aufgaben. Er entwickelte vor den Zuhörern das Geschehen der letzten Zeit bis zur Gründung der Nationalen Arbeitsgemeinschaft. Er gab der Hoffnung Ausdruck, dass gerade die Nationale Opposition dazu geeignet sei, die Einheitsfront jener immer mehr zu festigen, die im besseren kommenden Staat eine Aufgabe sehen. Der LHD wird seine Verpflichtung darin sehen, gerade die Jungmännerorganisation als seine aktivste Vorkämpfertruppe ständig auf dem Laufenden zu halten über das politische Geschehen und ihr alle Kraft zuwenden, sie zu fördern. Der S. T. wird die Bewegung nicht im Stich lassen und die Landesleitung niemals die Bewegung. – Die Zukunft wird noch schwerer sein wie die Gegenwart. Dies erfordert einen verdoppelt starken Zusammenschluss all derer, die an der Überwindung der Zeitfährnisse interessiert sind und aus ihrem Zusammenschluss die Kraft für diese Überwindung schöpfen wollen. Es wäre auch zu wünschen, dass die Bürgerpartei, die sich den Erkenntnissen der Schwere der kommenden Ereignisse nicht verschliessen kann, nach einer befriedigenden Verhandlungsbasis Ausschau halten möchte, um mit der fast gleich starken andern Volkshälfte zu solcher Einigung zu kommen, in den kommenden Krisenzeiten dem Volk wenigstens die innere, vermeidbare Beunfriedung zu ersparen. Die N. A. ist die Stelle, die von sich aus den guten Willen zur Verhandlung ausdrückt. – Es wird die in der LHD–Jungmännerorganisation zusammengeschlossene politische Nachfolgegeneration immer bereit sein, wenigstens von sich aus alles zu tun, die Bewegung zu festigen und ihr entschlossenes Kämpfertum nach aussen zu dokumentieren. Denn unser Friedenswunsch entspringt nicht Schwäche, sondern dem Willen, dem Lande den Frieden auf die bestmögliche Weise zu erringen.

4. Aufnahmefeier

Um 20 Uhr erschienen Gäste aus Eschen, Nendeln, Mauren, Schaan und Vaduz. Männer, Frauen und junge Mädchen, die in ihrer Überzeugung mit der Nationalen Bewegung verbunden sind. Der Saal war weit über die verfügbaren Sitzplätze gefüllt. C. Frhr. v. Vogelsang begrüsste die Anwesenden und führte aus, dass der LHD der Familie als der Wurzel alles Volkstums und der Weltanschauung die grösste Beachtung schenke. Die Bewegung grüsse in den Familienvätern und Müttern die Eltern der Staatsträger von morgen. Sie sehe in den jungen Mädchen die kommenden Mütter des nächsten Volkes, das das Erbgut geniessen und weitertragen werde, für das wir heute kämpfen. Die jetzigen und einstigen Eltern einer kommenden Generation mögen in den hier versammelten jungen Männern aber die sehen, die für das Glück und die Freiheit ihrer Kinder kämpfen. Die Eltern gehören darum zu uns und wir zu ihnen. – Im folgenden politischen Theater sehen wir nicht eine flüchtige Unterhaltung. Es ist einesteils wie alle Freude notwendig zur Vertiefung des Kameradschaftsgefühls und als Kräftespeicher, andererseits eines unserer besten politischen Kampfmittel. – Auch der Tanz ist uns nicht nur eine Äusserung unverdorbenen Lebensgefühls, sondern eine Gesellschaftsform und Volkstumsäusserung, worin auch das junge Mädchen die Kämpfer für die neue Zeit kennen lernt und Interesse für deren Interesse findet. – Die Aufnahmsfeier wurde durch einen Sprechchor eingeleitet, worauf die neue Abteilung Ruggell auf die Fahne der Bewegung verpflichtet und aufgenommen wurde. Der ernste Teil der Veranstaltung wurde mit dem Lied der Bewegung: "Mein Volk wach auf!" beendet. Es folgte eine Pause.

5. Gemütlicher Teil

Es folgten verschiedene kabarettistische Darbietungen und Sketchs, die hauptsächlich vom "Blauen Kabarett", der erstorganisierten Spielergruppe der Bewegung wie von der Abteilung Eschen bestritten wurden. Als besonders beachtete Folgen fanden aus der Fülle des Gebotenen besonders reichen Beifall: "Eschner Lokalpolitik", "Futuristische Radioreportage", "Würde macht Bürde", "Humor der Stunde", ein humoristischer Zirkus, "Afrika lacht". Frohe Liedeinlagen und schneidige Märsche der Eschner Musik liessen im Flug die Zeit verstreichen. Nach den theatralischen Aufführungen machte sich das junge Volk bereit zum Tanz. Flotte Musik brachte Bewegung in die Gruppen, und bald drehte sich alles in frohester Stimmung. Auch junge Bürgerparteiler fanden den Weg zu uns und hatten keine inneren Hemmungen, nach Entrichtung des Tanzgeldes an den Freuden ihrer politischen Gegner teilzunehmen. Wir wissen allerdings nicht, ob dies bedeutsamer ist [für den Charakter unserer] [4] Gegner oder unsere Duldsamkeit. – Die Stimmung war ausgezeichnet, allen leuchtete die helle Freude aus den Augen. Knapp vor 2 Uhr wurde der Tanz abgebrochen. Mit dem stehend gesungenen Lied der Bewegung schlossen wir die schöne Tagung und Feier, die allen gewiss noch lange in Erinnerung bleiben wird und wesentlich dazu beitrug, uns neue Freunde zu bringen und unsere Position auch im Unterland zu unterbauen. – In grösster Disziplin verliessen die Abteilungen den Tagungsort. Immer leiser verklang das Motorengeräusch in der Ferne.

6. Provokationen

Wir können den Bericht bedauerlicherweise nicht schliessen, ohne über einige Lausbübereien verhetzter Gegner zu berichten. Einige junge Flegel schrien aus dem Dunkel: "Nieder mit dem LHD"! Sie hatten es offenbar auf eine Provokation abgesehen. Unsere S. T.- Mitglieder hatten die dort unerwartete Disziplin, auf diese Bubenstückchen nicht einzugehen. Schlimmer allerdings war es, dass einer dieser Burschen eine Pistole neben einem unserer Abteilungsführer abschoss. Geradezu bewunderungswert ist es, dass hieraus keine üblen Folgen für den Schützen entstanden. Wir werden den Fall nach gründlicher Untersuchung den Behörden übergeben. – Die Gegner in Eschen haben schüchterne und für ihre Mentalität bezeichnende Störungsversuche unternommen. Aber da weder der Gemeindevorsteher noch die Regierung Ansatzpunkte fanden, die Tagung zu verbieten, konnten auch einige politische Irrsinnige ihren friedlichen Verlauf nicht mehr hemmen. Eschen hat bewiesen: Der LHD lebt, er lebt auch sehr stark im Unterland. Am lebendigsten aber ist der Kampfwille ausgeprägt in der jungen Generation. Unverrückbar trägt sie die Entschlossenheit im Herzen, der Seele und allen Zügen ausgeprägt: Wir kämpfen bis wir siegen!

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[1] L.Heimatd., Nr. 33, 3.8.1935, S. 1.
[2] Art. 40 der Verfassung garantiert die freie Meinungsäusserung, Art. 41 das freie Vereins- und Versammlungsrecht (LGBL. 1921 Nr. 15).
[3] In L.Heimatd., Nr. 34, 10.8.1935, S. 2 ("Druckfehler-Berichtigung") korrigiert zu "Louis [Alois] Ospelt, Vaduz".
[4] Die Passage "für den Charakter unserer" war einem Druckfehler zum Opfer gefallen (L.Heimatd., Nr. 34, 10.8.1935, S. 2 ("Druckfehler-Berichtigung")).