Der Heimatdienst ruft auf zu einer Kundgebung in Vaduz


Flugblatt der Landesleitung des Heimatdiensts, gez. Otto Schädler, Alois Vogt und Carl von Vogelsang [1]

8.12.1934, Vaduz

Öffentliche Kundgebung vor dem Regierungsgebäude

am Sonntag, den 9. Dezember 1934

Arbeiter! Bauern! Angestellte! Gewerbetreibende!

Bürger aller Berufsstände!

Das arbeitende Volk Liechtensteins leidet Not! Der Arbeitsmangel verstärkt sich. Die Landwirtschaft liegt darnieder. Die bäuerliche Verschuldung nimmt überhand. Der Absatz stockt. Die Preise sinken. Die Lage der Angestellten ist ebenso aussichtslos.

Die Lage kann sich nicht bessern, solange die Parteien nur ihren Vorteil vertreten. Der heimische Gewerbestand verkümmert. Der kleine Gewerbetreibende kann seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Regierungspresse und Parteipresse schicken die Konsumenten trotz dieser Notlage zu auswärtigen Grosskaufhäusern, weil sie auf ihr Inserategeschäft nicht verzichten wollen. Von den Parteien hat das Gewerbe nichts zu erhoffen. Unser Staat ist mit 5 Millionen Staatsschulden und 14 Millionen Privatschulden an das Ausland verpflichtet. In dieser uns von allen Seiten umbrandenden Not ist Zusammenhalt und Einigkeit die erste Bürgerpflicht, alles was Spaltung und Uneinigkeit ins Volk bringt, können wir nicht anders als Landesverrat ansehen. Nur die gegenseitige Unterstützung aller Volksgenossen kann uns retten! Wir können zu keiner Parteivereinigung mehr Vertrauen haben, darum fort mit allem, was Partei heisst. Wir brauchen keine Parteiregierung, sondern eine alle Berufsstände berücksichtigende soziale Vokksregierung.

Seit einem Jahr kämpft der Liechtensteiner Heimatdienst für die Einigung aller Liechtensteiner,

für den parteilosen, christlichen Ständestaat.

Wir kenne keine Listenwahl mehr, die einzelne Parteigünstlinge emporhebt, wir kennen nur die unbeeinflusste Volkswahl. Wir wollen ein einiges Liechtensteinisches Volk und nicht weiteren Parteiunsinn. Liechtensteiner! In schwächlichen Schimpferein wird kein neuer Staat geboren. Nur das offene, mannhafte Eintreten für eine Idee bringt uns voran. Der alte Staat ist hoffnungslos.

In 15 Monaten des Kampfes für die Wiedervereinigung Liechtensteins haben wir unsere Idee vor unserem Volke offen und klar ausgesprochen. Nun ist es genug der blossen Worte. Wie unsere Väter rufen wir Euch unter freiem Himmel zusammen, zum Protest gegen das Parteisystem, zum offenen Bekenntnis gegen allen Unfrieden und Hass, gegen weitere Volksverelendung, für den parteifreien, ständischen, christlichen Volksstaat. Die von der Leitung des LHD aufgestellte Resolution sagt, was wir im Interesse des Volkes und der Heimat kompromissionslos verlangen. [2]

Gegen Parteistreit, gegen jede Machtpolitik. Wir wollen uns unter die Führung unseres jugendlichen Thronfolgers [Franz Josef] stellen.

Es lebe das einige Liechtenstein.

Es lebe Seine Durchlaucht der Landesfürst [Franz I.] und seine Durchlaucht unser Thronfolger, Prinz Franz Josef von Liechtenstein. 

______________

[1] LI LA RF 149/139/003. Weitere Exemplare in LI LA RF 149/139/004, 005, 006, 007, 008, 009, 010. Es kursierten auch andere Flugblätter, vgl. LI LA SgZg 1934/01, 02.
[2] Vgl. LI LA RF 149/139/012; LI LA RF 149/139/019.