Die Steuerverwaltung spricht sich gegen die Einführung einer Steuer für Repräsentanten von Gesellschaften aus


Schreiben der Steuerverwaltung, gez. Steuerkommissär Ludwig Hasler, an die Regierung [1]

o.D. (zwischen 5.1. und 19.4.1932)

Zur Eingabe des Freiwirtschaftsbundes [2] haben wir folgendes zu bemerken. Die Institution der Repräsentanten wurde durch das PGR [Personen - und Gesellschaftsrecht] geschaffen, was jedoch nicht besagt, dass sie früher nicht bestanden hätte. Seit der Errichtung von Domizilunternehmungen wurden von Seiten der Gesellschaften hier Domizilträger errichtet, die die Interessen der Gesellschaften wahrzunehmen hatten und insbesondere die Besorgungen bei den Ämtern zu besorgen hatten. Da in der Zwischenzeit sich einige Misstände ergaben und einige Unternehmungen tatsächlich keinen Domizilträger unterhielten und man mit diesen nur sehr schwer verkehren konnte und daher meistens weder die Steuer noch die Deklarationen für die Stempelsteuer hereinbringen konnte, wurde es mit dem PGR allen Unternehmungen als Pflicht gemacht, solche Vertreter zu bestellen. Dass nun solche Vertreter gehalten werden müssen, ist nach unserer Ansicht ganz in Ordnung und trägt zur reibungslosen Abwicklung der Geschäfte nicht wenig bei.

Eine andere Frage ist nun dieser Vertreten zu verhalten, jährlich pro Gesellschaft Fr. 50 dem Staate abzuliefern. Wohlan wenn es geht, wäre eine solche neue Einnahme nur zu begrüssen. Wieweit aber eine solche Verordnung, wie sie der Freiwirtschaftsbund wünscht, ein privatrechtlicher Eingriff wäre, das sollen Juristen überprüfen. Wieweit es ein Eingriff wäre in das Amtsgeheimnis des Anwalts etz. oder gar ein Eingriff in das Steuergeheimnis, müssen sich die Behörden überlegen. Wir sind nun der Ansicht, dass man all diese Sachen sehr sorgsam behandeln muss, mit dem Aufoktroieren ist es nach unserer Ansicht nicht getan. Der Anwalt oder der Vertreter wird seiner Gesellschaft schreiben, dass eine neue Abgabe pro Gesellschaft zu entrichten ist und sowohl der Anwalt oder Vertreter werden sich bedanken, diese zu entrichten, die Gesellschaft, weil sie einen Steuervertrag besitzt, der Anwalt, weil er sagt, ich bin nur bezahlt für meine Arbeit und darüber hinaus erhalte ich nichts.

Die Eingabe ist nach ihrem Inhalt wohl verführerisch und grenzt an Demagogie, sodass man nach unserer Ansicht gut tun wird, diese Sache abzutun um nicht unnötigerweise das Ausland noch mehr auf diese heikle Sache aufmerksam zu machen. [3]

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[1] LI LA RF 124/428/001v.
[2] LI LA RF 124/428/001r.
[3] Gestützt auf diese Stellungnahme lehnte die Regierung die Eingabe des Freiwirtschaftsbunds mit Schreiben vom 19.4.1932 ab (LI LA RF 124/428/002).