Die internationale Rechtslage für die Errichtung eines Radiosenders in Liechtenstein


Maschinenschriftliche Notizen, vermutlich von Regierungschef Josef Hoop für die Landtagssitzung am 28. Juli 1937, nicht gez. [1]

27.7.1937

Die Materie ist geregelt worden erstmalig im Internationalen Telegraphenvertrag von St. Petersburg vom Jahre 1875, sodann im Radio-Telegraphenvertrag von Washington.

Mit dem Fortschritte der Technik war eine Abänderung dieser Materie notwendig, die an der 13. internationalen Telegraphenkonferenz und der 4. internationalen Telegraphen-Konferenz von Madrid am 3. September 1932 vorgenommen wurde.

Dieser sogenannte Welt-Nachrichten-Vertrag von Madrid 1932 enthält neben grundlegenden Bestimmungen ein Reglement über den Telegraphendienst, das Reglement für den Telefondienst und das Reglement für den Radiodienst.

Im Artikel 7 des allgemeinen Reglements für den Radiodienst wurde ein Wellenplan aufgestellt.

Auf dem Gebiete des Radiowesens wurde sodann die Materie bis ins einzelne geregelt durch den Rundspruchvertrag von Luzern, in welchem jedem Lande die entsprechenden Wellen zugeteilt wurden sowie die Höchstleistung des Senders festgesetzt wurde. Liechtenstein ist nach dem Postvertrage [2] durch die Schweiz Mitglied dieser Verträge. Unser Land gilt als ein Bestandteil der Schweiz und es ist deshalb im Radiowesen an die von der Schweiz abgeschlossenen Verträge gebunden. Das liechtensteinisch-schweizerische Gebiet hat nun aber bereits 3 Wellen (Beromünster, Sottens und Monte Ceneri) sowie eine nationale Gemeinschaftswelle (218), die von den Studios Basel und Bern benützt wird.

Nach wiederholten und langen Bemühungen ist es gelungen, die Zustimmung der interessierten Vertragsstaaten zur Benützung der internationalen Gemeinschaftswelle 209.9 durch Liechtenstein zu erreichen. Auf dieser Welle kann mit einer Maximalstärke von 2 kw gesendet werden.

Dies ist die internationale Rechtslage.

Das Schweizerische Eisenbahndepartement ist die Konzessionsbehörde der Rundspruchsender, die in der Schweiz von der Post- und Telegraphenverwaltung erbaut worden sind und ihr gehören. In den Konzessionsbedingungen ist in § 10 aufgezählt, welche Emissionen zulässig sind. Unzulässig ist aber die direkt oder indirekt bezahlte oder unentgeltliche Reklame.

Wiederum auf Grund des Postvertrages ist diese Bedingung auch für einen liechtensteinischen Sender bindend. Eine Ausnahme zu erreichen, dürfte ausserordentlich schwer halten, denn die meisten europäischen Länder wehren sich wegen der Konkurrenzierung bisher bestehender anderer Unternehmungen wie Zeitungen, Reklamefirmen etz. gegen die Reklame durch den Rundfunk. Für Liechtenstein allein aber würde eine Reklame, auch wenn sie vom Post- und Eisenbahndepartement bewilligt würde, nie bedeutend genug werden, als dass sich ein Sender rentieren würde.

Die in Frage stehenden Konzessionswerber, nämlich die Internationale Broadcasting Co. und die Firma Roditi Corporation glauben, dass mit der Zeit eine andere Auffassung in dieser Hinsicht Platz greifen würde und riskieren gewisse für Liechtenstein nicht uninteressante Geldaufwendungen. Sie hoffen, einmal auf dem Wege der Verhandlungen einerseits mit den Vertragsstaaten des Weltnachrichtenvereins bezw. des Rundspruchvertrages von Luzern eine passende lange oder kurze Welle im Rundfunkband zu bekommen sowie durch Verhandlungen mit der Schweiz die Bewilligung zur Sendung von Reklamen.

Beides ist meiner Ansicht nach für lange Zeit ausgeschlossen, denn die Wellenbänder sind von den Gross-Staaten derartig stark besetzt, dass ohne Störung ihrer Sender eine neue liechtensteinische grössere Station undenkbar ist. Gegen die Sendung von Reklamen aber wehren sich, wie schon ausgeführt, die meisten europäischen Länder.

Die Firma Roditi legt hauptsächlich Gewicht auf eine kurze Welle.

Meine Erkundigungen in Bern haben ergeben, dass die Aussichten auf Erreichung einer solchen Welle auch absolut unabgeklärt sind.

 

 

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[1] LI LA RF 166/073/004/037. Siehe die nichtöffentliche Landtsagssitzung vom 28. Juli 1937 (LI LA LTP 1937/151).
[2] Übereinkommen zwischen der Fürstlich Liechtensteinischen Regierung und dem Schweizerischen Bundesrat betreffend die Besorgung des Post-, Telegraphen- und Telephondienstes im Fürstentum Liechtenstein durch die schweizerische Postverwaltung und schweizerische Telegraphen- und Telephonverwaltung, LGBl. 1922 Nr.8.