Beschwerde eines Triesenbergers an den Staatsgerichtshof wegen Verweigerung des politischen Ehekonsenses seitens der Regierung


Beschwerde des N1, vertreten und gez. durch Advokat Johann Jakob Schwendener, an den Staatsgerichtshof [1]

25.5.1938, Buchs

Beschwerde

des N1, von Triesenberg, in Vaduz, Nr. ..., Beschwerdeführer,

vertreten durch: Dr. J. Schwendener, Advokat, Buchs

gegen

Gemeinde Triesenberg bzw. die Gemeindebehörden Triesenberg & das Land Liechtenstein bzw. die fürstl. liechtenstein. Landesregierung, Beschwerdebeklagte,

wegen

Verweigerung des polit. Ehekonsenses

2 – fach

8 Beilagen [2]

1 Vollmacht

1.) Der Beschwerdeführer N1 war in den Jahren 1932-1935 dauernd und später vorübergehend als landwirtschaftlicher Arbeiter in Maienfeld beschäftigt. Er machte dabei Bekanntschaft mit einer N2 von Maienfeld, mit der er ein Liebesverhältnis anknüpfte, das nicht ohne Folgen blieb. N2 hat letzthin ausserehelich ein Kind geboren. Die Vaterschaft ist durch N1 ohne weiteres anerkannt worden und hat er sich verpflichtet, die Kindsmutter zu heiraten.

Beweis:

act. 1: Bestätigung N1 vom 30. Jan. 1938

2.) Die Absicht N1, die N2 vor der Geburt des Kindes zu heiraten, wurde dadurch vereitelt, dass die Heimatgemeinde Triesenberg sich weigerte, die erforderliche Bestätigung für die Ausstellung des politischen Ehekonsenses zu erteilen. Es geschah dies mit der Begründung: „In Folge seiner finanziellen Sparsamkeit & Beschränktheit kann Ehekonsens-Bewilligung nicht bewilligt werden".

Beweis:

act. 2: Gemeinderatsbeschluss vom 19. April 1938

3.) Gegen diesen Gemeinderatsbeschluss hat N1 bei der f. l. Regierung Beschwerde eingelegt, wurde aber damit gemäss Entscheidung vom 5. Mai 1938, zugestellt am 11. Mai 1938, abgewiesen. [3]

Beweis:

act. 3: Entscheidung der f. l. Regierung vom 5./11.V. 1938

4.) Gegen diese Entscheidung ergreift N1 durch seinen mit Vollmacht ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde an den f. l. Staatsgerichtshof mit folgender

Begründung:

Die f. l. Regierung stützt ihren ablehnenden Entscheid zu Unrecht auf Art. 1. des Gesetzes vom 16. Sept. 1875 L.G.Bl. Nr. 4. [4] Die Voraussetzungen dieses Artikels liegen in concreto nicht vor. N1 hat allerdings unter 2 Malen vom Land Unterstützungen im Betrage von Fr. 15.- und Fr. 20.- bezogen. Es waren dies aber nicht eigentliche Armenunterstützungen, sondern kleine Subsidien, die dem Petenten auf Grund seiner Notlage zufolge Arbeitslosigkeit gewährt wurden. Die Unterstützung von Fr. 15.- wurde denn auch ausdrücklich unter dem Titel Arbeitslosenfürsorge ausgerichtet. Übrigens sind die bezogenen Beträge vom Beschwerdeführer wieder zurückerstattet worden, sodass die Anrufung des Art. 1 lit. a. leg. cit. [5] ohne weiteres entfällt.

Beweis:

act. 4: Quittung über Fr. 35.- v. f. l. Landeskasse

Editionsbegehren: Von der f. l. Regierung wird der einschlägige Artikel zur Edition verlangt.

Die Behauptung im angefochtenen Entscheid, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen schlechten Haushalter handle, der nicht in der Lage wäre, seine Familie durchzubringen, ohne der heimatlichen Armenversorgung zur Last zu fallen, ist abwegig und keineswegs begründet. N1 ist, wie aus den beiliegenden Bescheinigungen hervorgeht, ein fleissiger, solider und tüchtiger Arbeiter, der lediglich zufolge Arbeitslosigkeit vorübergehend in eine gewisse Notlage gekommen ist.

Beweis:

act. 5: Dienstzeugnis von Josef Marxer, Alpmeister, Gamprin,

act. 6: Zeugnis v. Emil Sulser, Pächter, Maienfeld,

act. 7: Zeugnis v. Wwe. Walser, Eisenhandlg. [Eisenhandlung], Schaan,

act. 8: Zeugnis v. Albert Hemmerle, Vaduz.

Zeugen:

Josef Marxer, Alpmeister, Gamprin,

Emil Sulser, Pächter, Maienfeld,

Wwe. Walser, Eisenhandlung, Schaan,

Albert Hemmerle, Vaduz.

Wenn N1 auf die Heirat hin gezwungen war, sich für die notwendigsten Kosten ein Darlehen zu verschaffen, so war dies darin begründet, dass er zufolge Arbeitslosigkeit seine Ersparnisse aufgebraucht hatte. Aus dieser Tatsache aber zu schliessen, dass N1 ein schlechter Haushalter sei, ist keineswegs angängig. Der Beschwerdeführer hätte zur Bestreitung der Heiratskosten seine Braut in Anspruch nehmen können, welche ein kleines Vermögen besitzt. Dass er dies nicht getan hat, vielmehr für die Kosten selber aufkommen wollte, zeugt von einer richtigen Auffassung und einem guten Charakter. Übrigens ist zu sagen, dass im Falle der Verheiratung mit einer Schweizerin N1 in Maienfeld, wo er lange Jahre tätig war, mit Bestimmtheit wieder ausreichende Beschäftigung und Belöhnung finden wird, um die zu gründende Familie durchzubringen.

Auf Grund vorstehender Ausführungen stellt N1 durch den unterzeichneten bevollmächtigten Vertreter den

Antrag:

Es sei in Aufhebung der Entscheidung der f. l. Regierung vom 5./11. Mai 1938 dem N1 die erforderliche Bestätigung für die Ausstellung des politischen Ehekonsenses zu erteilen.

Die Kosten des Verfahrens seien dem Land bzw. der Gemeinde Triesenberg zu überbinden.

Für den Beschwerdeführer:

______________

[1] LI LA RF 179/098/009.
[2] Die Beilagen werden hier nicht abgedruckt.
[3] Siehe LI LA RF 179/098/007.
[4] Gesetz vom 16.9.1875 betreffend Vorenthaltung des politischen Ehekonsens, LGBl. 1875 Nr. 4.
[5] Nach Art. 1 Abs. 1 lit. a. leg.cit. durfte Landesangehörigen, welche eine Armenunterstützung genossen und diese nicht rückvergütet hatten, der politische Ehekonsens vorenthalten werden.