Steuerkommissär Alexander Frick berichtet über den Rückgang der Holdinggesellschaften in Liechtenstein und den dadurch verursachten Steuerausfall


Schreiben der Steuerverwaltung, gez. Steuerkommissär Alexander Frick, an die Regierung [1]

19.7.1938

Wir haben nun über die Auswirkungen der Märzereignisse auf unsere Holdinggesellschaften einen ziemlich guten Überblick erhalten. Wie Sie aus den beigehefteten Zusammenstellungen ersehen wollen, sind seit dieser Zeit gelöscht worden:

93 Stiftungen

Kapital

30'693'000.- Fr

jährliche Steuer

33'240.- Fr

24 Trusts

Kapital

67'282'000.- Fr

jährliche Steuer

35'550.- Fr

16 Anstalten

Kapital

21'485'000.- Fr

jährliche Steuer

13'000.- Fr

16 Aktiengesellsch.

Kapital

66'139'000.- Fr

jährliche Steuer

32'016.- Fr

149 Unternehm.

Tot. Kap.

185'599'000.- Fr

Jahresst.

113'806.- Fr

Es sind ausserdem etwa 30 Unternehmungen in Liquidation, sodass sich der jährliche Steuerverlust um etwa 7'000.- Fr. vermehrt.

Ferner müssen wir unbedingt damit rechnen, dass das österr. Geschäft, wie vor einigen Jahren das deutsche, gänzlich eingeht. Das wird uns einen weiteren Verlust von schätzungsweise 20'000.- Fr. beibringen.

In jenen stürmischen Märztagen ist von einem Konzerne eine weitere grosse Anzahl von Stiftungen (über 100 Stück) hieramts abgemeldet worden und zwar mit sofortiger Wirkung. Diese Stiftungen werfen eine jährliche Steuer von über 40'000.- Fr. ab. Der Direktor [Eduard Batliner] der Sparkasse hat uns mitgeteilt, dass diese Stiftungen wieder zurückkommen werden und die Steuer also weiterbezahlen werden. Wenn das nicht der Fall wäre, so würde sich der Verlust eben um 40'000.- Fr vergrössern.

Der Umschwung in Österreich hat uns eine sehr empfindliche Schlappe beigebracht. Wir hoffen aber, dass wir uns wieder erholen werden, besonders das neue Gesetz wird uns dabei behilflich sein. [2] Wir hoffen, dass Liechtenstein wieder bei Neugründungen Trumpf werden wird. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass durch das Zurücktreten der politischen Befürchtungen der Gedanke der Steuerersparnis wieder mehr in den Vordergrund tritt.

Wir müssen unbedingt trachten, dass wir so gut als möglich von Pressefeldzügen verschont bleiben. Die Schreibereien dieses Monats haben uns mehr als 20 Gesellschaften gekostet. Hier muss das aller Möglichste getan werden.

Wir glauben auch, dass die klare Einstellung des Liechtensteinervolkes anlässlich der Fürstenhuldigung viel zur Belebung der Gründungstätigkeit beitragen wird. Es ist auch aus diesem Grunde angezeigt, diesen Tag gross aufzuziehen und gut zu publizieren, besonders in der Schweiz.

Um keine schlechte Stimmung im Volke einerseits und bei den Konzernen andererseits aufkommen zu lassen, halten wir es für angezeigt, diese Mitteilung geheimzuhalten.

Allerdings sind zu gegebener Zeit die Gemeindebehörden vor Ausarbeitung des Voranschlages daraufhin zu weisen, dass die Gesellschaftssteuerüberweisung sich im kommenden Jahre um etwa 40 % verringern werde.

Mit vorzüglicher Hochachtung: [3]

______________

[1] LI LA RF 182/091/001-002. Die Angelegenheit wurde von der Regierung am 22.7.1938 (irrtümlich auf den 22.6.1938 datiert) mit Beschluss zur Kenntnis genommen (LI LA AS 33/11, Traktandum Nr. 92).
[2] Wohl das Gesetz vom 30.4.1938 (LGBl. 1938 Nr. 10) und das Gesetz vom 8.6.1938 (LGBl. 1938 Nr. 12), in denen Art. 554 des Personen- und Gesellschaftsrecht (LGBl. 1926 Nr. 4) betreffend die Anzeigepflicht bei der Errichtung von Gesellschaften revidiert wurde: Bei der Errichtung von Stiftungen und Trusts mussten die Gesellschaftsdokumente nicht mehr beim Landesgericht und der Steuerverwaltung hinterlegt, sondern nur noch dem Handelsregister vorgelegt werden. Für gelöschte oder noch bestehende Gesellschaften konnten die Akten zurückverlangt werden.
[3] Es folgt eine Auflistung der gelöschten Holdinggesellschaften.