Subventionsgesuch für eine Bauernberatungsstelle beim Liechtensteiner Bauernverein


Schreiben, vermutlich von Franz Josef Beck und Hermann Eberle, an die Regierung [1]

28.5.1931, Triesen

Durch verschiedene Anregungen seitens der Landwirte & und aus eigenen praktischen Erfahrungen erlauben wir uns, Ihnen über die Notwendigkeit der Institution einer landwirtschaftlichen Beratungsstelle folgendes mitzuteilen:

Zur Vertretung & Förderung der Intressen der Landwirtschaft soll eine landwirtschaftliche Beratungsstelle in Liechtenstein errichtet werden. Diese Institution soll eine ganz soziale Einrichtung werden und sich nur mit wirtschaftlichen Fragen befassen, sie soll für den Garten- & Parzellenbesitzer genau so zugängig sein wie für den Bauer.

Ihre Aufgabe würde sein, die Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf allen Gebieten der Landwirtschaft, wie Pflanzenbau, Tierzucht, Milchwirtschaft, Alp- & Weidewirtschaft, Obst-, Wein- & Gartenbau, Bodenverbesserung und Hebung des Genossenschaftswesen usw.

Dass wir mit der Rationalisierung unserer Landwirtschaft noch weiter hinter anderen Staaten zurück sind, wird niemand der mit den Verhältnissen vertraut ist, bestreiten können. Es würde hier zu weit führen, um die Notlage der Landwirtschaft und ihre Ursache zu erörtern, & es soll nur eine allgemeine Andeutung gemacht werden, dass bis jetzt unsere Landwirtschaft meist von der Industrie gezehrt hat, d.h. das Geld, das in den Fabriken und anderswo verdient wurde, ist vielfach der Landwirtschaft zugegeben worden, und der Ruf, unsere Landwirtschaft rentiere sich nicht, ist bis heute nicht verstummt.

Regierung & Landtag haben sich schon lange der Landwirtschaft angenommen und jeder vernünftige Landwirt wird es dankbar anerkennen, dass viel an Subventionen für Prämierung, Zuchtstier- & Zuchteberankauf, Alpverbesserung usw. in der Landwirtschaft getan worden ist. Alle diese noch so wohltätigen Einrichtungen wirkt sehr einseitig & langsam. Auch von Seite des Landwirtschaftlichen-Vereins (Bauernverein) ist viel zur Hebung der Landwirtschaft geschehen.

Wenn nun aber in anderen Staaten die Landwirtschaft viel weiter voran ist als die unsre, so liegt der Grund darin, weil ihre Organisation & Einrichtung derjenigen der liechtensteinischen Landwirtschaft überlegen ist. Ich verweise auf die Schweiz, Österreich, Deutschland usw.

In Liechtenstein fehlt ein solcher Zusammenschluss und darum bieten die liechtensteinischen Landwirte bei wichtigen Wirtschaftsfragen das Bild trauriger Zerrissenheit. Wichtige oder gar entscheidende Augenblicke finden sie in Gruppen getrennt, vereinzelt um einzellne Positionen kämpfen, die sie dann gewöhnlich nicht zu behaupten vermögen.

Welch ganz andere Stellung würde die Landwirtschaft in der Wirtschaftspolitik unseres Vaterlandes einnehmen, wenn der Kornbauer, der Weinbauer und der viehzuchttreibende Landwirt sich einmal verbünden und gemeinsame Interessen vertreten wollten. Es mangelt an einem einheitlichen Bindeglied und einem einheitlichen Organ unter ihnen. Unter diesen Umständen ist es wohl begründet, dass eine Zentralstelle geschaffen wird, welche berufen ist, die wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Liechtensteiner Landwirtschaft zu vertreten.

Der Beratungsstelle käme die Aufgabe zu, jene Erhebungen zu veranstalten und die Materialien zu sammeln, welche nötig sind, um die Intressen der Landwirtschaft in der Wirtschaftspolitik zu vertreten. Der landwirtschaftlichen Beratungsstelle böte sich ein grosses & fruchtbares Arbeitsfeld.

Die Arbeit der Beratungsstelle würde voraussichtlich ein Beamter verrichten können. Selbstverständlich wird er zur Erfüllung seiner Aufgabe eine Büro-Einrichtung, Instrumente & Chemikalien bedürfen, und unentbehrlich würde eine Anzahl von Fachzeitschriften für dieselbe sein.

Wir erlauben uns nun, für diese Beratungsstelle um eine jährliche Subvention von Seiten des Landes anzusuchen, und das Gesuch dahin zu präzisieren, es möchte der jährliche Beitrag sfr. ... [2] angesetzt werden.

Über die Stellung, welche der Bauernstand im wirtschaftlichem Leben unseres Landes einnimmt, und über diejenigen, welche die Bestrebungen zu seiner Erhaltung in der Wirtschaftspolitik beanspruchen, dürfen, glauben wir, hier nicht weiter ausgeführt werden. Bei den grossen wirtschaftlichen Kämpfen, welche nicht nur die Beziehungen zwischen den einzellnen Kulturländern vielfach bestimmen, sondern auch die einzellnen Stände innerhalb dieser Kulturländer beschäftigen, wäre es nur ein Gebot der harten Notwendigkeit, dass auch die Urprodukte sich endlich organisieren. Wir hatten uns daher zur Hoffnung berechtigt, man werde die Unterstützung (Subvention), die man anderen Interessentengruppen zuteil werden lässt, der Landwirtschaft nicht versagen. [3]

______________

[1] LI LA RF 115/019/001. Im Original handschriftlicher Vermerk.
[2] Es ist kein Geldbetrag angeführt.
[3] Der Landtag bewilligte am 3.8.1931 einen Kredit zur Schaffung einer Bauernberatungsstelle bzw. einer landwirtschaftlichen Beratungsstelle beim Liechtensteiner Bauernverein (LI LA LTP 1931/140).