Die „Münchener Neuesten Nachrichten“ vom 12.3.1895 über eine Aufführung von Rheinbergers Suite für Violine und Orgel in c-moll, op. 166


Matinee

Die Königliche Akademie der Tonkunst veranstaltete gestern (Sonntag, 10. März) im Odeonssaale eine Matinee. Eine Neuheit, die Suite für Violine und Orgel op. 166 von Rheinberger, stand an der Spitze des Programms. Wir besitzen jetzt von Rheinberger eine grössere Anzahl von Werken, in denen mit entschiedenem Gelingen der Versuch gemacht ist, die Orgel in Verbindung mit dem Orchester oder einzelnen Instrumenten zu Konzertzwecken zu verwenden. Die gestern gehörte Suite in c-moll, die sich ebenso durch eingängliche und dabei warme und vornehm empfundene Melodik, wie durch Formvollendung auszeichnet, wird voraussichtlich viel gespielt werden. Das Werk fand eine vortreffliche Ausführung. An der Orgel sass Herr Mannschedel, der seine Aufgabe mit sicherster Beherrschung zu gestalten verstand. Die Registrierung, bei der wohl der Komponist selbst Anweisungen gegeben haben mag, war mit künstlerischem Klangsinn angeordnet. Die Partie der Violine war mehrfach besetzt; die jungen Musiker führten ihre Sache mit meisterhafter Präzision und reich schattiertem Vortrage aus. Ein wesentliches Verdienst hat da der Dirigent, Herr Inspektor Abel, der mit feinem Verständnis alle Vorzüge der Komposition in's rechte Licht zu setzen verstand. Die Neuheit wurde mit grossem Beifall aufgenommen, der nicht eher ruhte, als bis der Komponist zwei Mal auf dem Podium sich gezeigt hatte.

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