Ein liechtensteinisches Komitee ruft zu Spenden für das österreichische Rote Kreuz zugunsten verwundeter österreichischer Soldaten auf


Aufruf vom 4.8.1914 im „Liechtensteiner Volksblatt", gez. Landesverweser Leopold von Imhof, Landesvikar Johann Baptist Büchel, Landtagspräsident Albert Schädler, Alt-Landtagspräsident Rudolf Schädler, Landtagsvizepräsident Friedrich Walser [1]

8.8.1914, Vaduz

Mitbürger!

Österreich, unser Nachbarstaat, mit dem das Fürstentum seit jeher in engen Beziehungen steht, führt einen gerechten Krieg.

Hohe Begeisterung erfüllt sämtliche Kreise seiner Bevölkerung und vereinigt alle jene, welche die Pflicht gegen ihr Vaterland nicht zu den Waffen gerufen hat, zu erhebenden Werken der Menschlichkeit, um die Leiden dieses Krieges nach Möglichkeit zu mildern. Hierin geht die österreichische Gesellschaft vom roten Kreuze voran, welche sich die hohe Aufgabe gestellt hat, für die verwundeten Krieger zu sorgen. Diese edlen, von wahrem Patriotismus getragenen Kundgebungen und Bestrebungen finden lauten Widerhall in den Herzen aller jener, die Österreich nahe stehen.

Wo alle Angehörigen des deutschen Volksstammes wetteifern, das Ihre beizutragen, um das Los der tapferen Österreicher, welche in den Krieg für ihr Vaterland gezogen sind, zu erleichtern, wollen auch wir, in deren Mitte viele Angehörige derselben weilen, als treue Nachbarn nicht zurückstehen.

Das unterzeichnete Komitee richtet daher an alle Bewohner Liechtensteins die herzliche Bitte, mitzuwirken an der Hilfsarbeit des roten Kreuzes und dessen humanen Bestrebungen durch Spenden nach Kräften zu fördern.

Zur Entgegennahme dieser Spenden werden bei der fürstlichen Regierung sowie den Gemeinde- und Pfarrämtern Sammelstellen errichtet. Sämtliche eingelangten Beträge werden von der fürstlichen Regierung ihrer Bestimmung zugeführt. Die Namen der Spender werden über Wunsch in beiden Landeszeitungen verlautbart.

Möge der Erfolg dieser Sammlung ein schönes Zeugnis geben von dem warmfühlenden Herzen der Liechtensteiner und ihrer Sympathie für alle Angehörigen der altehrwürdigen Nachbar-Monarchie. [2]

 

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[1] L.Vo., Nr. 32, 8.8.1914, S. 1. Vgl. auch O.N., Nr. 16, 8.8.1914, S. 1 („Liechtensteiner Volk hilf dem Rotem Kreuz!").
[2] Wie die liechtensteinische Regierung mit Schreiben vom 22.8.1914 an Fürst Johann II. ausführte, brachte die Sammlung die beachtliche Summe von 8011 Kronen und 41 Heller ein (LI LA RE 1914/2272 ad 2131). Die liechtensteinische Regierung äusserte sich anerkennend über den „schönen Erfolg" der Sammlung, der umso höher einzuschätzen sei, als die liechtensteinische Bevölkerung an Bargeld Mangel leide und die wirtschaftliche Lage derselben infolge der Missernten der beiden letzten Jahre sowie der im Vorjahr bestandenen Maul- und Klauenseuche eine gedrückte sei (Schreiben von Landesverweser Leopold von Imhof an Fürst Johann II. vom 26.8.1914 (LI LA RE 1914/2286 ad 2131)). Die Bundesleitung der österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz in Wien sprach mit Schreiben vom 5.9.1914, welches im „Liechtensteiner Volksblatt" und in den „Oberrheinischen Nachrichten" publiziert wurde, ihren Dank für das „imposante Ergebnis" der Sammlung in Liechtenstein aus (L.Vo., Nr. 38, 19.9.1914, S. 1 („Rotes Kreuz"); O.N., Nr. 22, 19.9.1914, S. 2 (o.T.)).