Wilhelm Beck wird als Zeuge über die Ereignisse des Novembers 1918 vernommen


Maschinenschriftliches Protokoll der Zeugeneinvernahme des Landtagsabgeordneten Wilhelm Beck vor dem Landgericht, gez. ders. sowie stellvertretender Landrichter Johann Michael Benzer und Amtsschreiber Alois Ospelt [1]

13.9.1919

Vor dem stellvertretenden Landrichter Landesgerichtsrat Dr. Benzer und dem Amtsschreiber Alois Ospelt.

Dr. Wilhelm Beck, 34 Jahre alt, kath., ledig, Rechtsanwalt in Vaduz, sagt im Sinne des § 107 St.P.O. [Strafprozessordnung] [2] erinnert aus:

Vermutlich am 5. November, jedenfalls aber wenige Tage vor dem 7. November, wurde mir, als ich mich gerade in der Wirtschaft zum Kulm in Triesenberg aufhielt, mitgeteilt, es hätte mich Dr. [Martin] Ritter und Fritz Walser telefonisch angerufen. Darauf habe ich, wenn ich mich recht erinnere, den Stefan Ritter in Schaan angefragt, aus welchem Grunde man mich verlangt habe. Es wurde mir gesagt, ich soll noch heute abends nach Vaduz zum Kirchthaler [3] kommen.

Als ich dort eintraf, fand ich Dr. Ritter und Fritz Walser. Ich war sehr erstaunt, vor dem vollendeten Plane einer Regierungsänderung zu stehen, den Fritz Walser und Dr. Ritter mir vorlegten. Dabei hat Walser auch erwähnt, hinsichtlich der fürstlichen Güter könnte man dann später noch reden wegen Wegnahme derselben. Ich habe darauf bemerkt, dass solche Sachen beim Volke nicht durchgehen.

Welchen Standpunkt Dr. Ritter zu dieser Äusserung des Walser eingenommen hat, vermag ich nicht mehr zu sagen.

Erwähnen kann ich noch, dass ich überhaupt sehr erstaunt war, dass Fritz Walser mich zu einer Besprechung gerufen hatte, da wir vorher in der Politik uns gegenüber standen. Es hat aber, wie sich herausstellte, Fritz Walser mit Dr. Ritter danach trachten müssen, die oberländischen Abgeordneten für ihren Plan zu gewinnen, da sonst ihr Vorhaben nicht die entsprechende Kraft erhalten hätte.

Es ist mir nicht in Erinnerung, den Fritz Walser auch ein anderesmal hinsichtlich allfälliger Wegnahme fürstlicher Güter reden gehört zu haben.

Bezüglich des Dr. Ritter möchte ich erwähnen, dass er stets den Standpunkt vertreten hat, dass die Aufrechterhaltung der Dynastie in der gegenwärtigen Zeit eine Notwendigkeit zur Erhaltung der Selbstständigkeit des Landes sei.

Der allgemeine Plan und auch jener des Dr. Ritter ging dahin, die Behörden ins Land zu bekommen und die Ämter wo möglich mit Landesangehörigen zu besetzen.

Bemerken kann ich noch, dass Fritz Walser nach ungefähr 14 Tagen in einer verzweifelten Aufregung mir vorjammerte, dass die Sache, die er da gemacht habe, ihm schlaflose Nächte verursache. Tatsächlich war Walser in einer ganz niedergeschlagenen Verfassung, sodass ich ihn trösten und ihm zureden musste.

Gefertigt.

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[1] LI LA J 007/S 046/047/33. Die Zeugeneinvernahme erfolgte im Rahmen der Untersuchungen zur Privatklage Martin Ritters gegen Eugen Nipp, Redakteur des "Liechtensteiner Volksblatts", wegen angeblich ehrverletzender Äusserungen im "Liechtensteiner Volksblatt".
[2] LGBl. 1914 Nr. 3.
[3] Gasthof in Vaduz, geführt von Anton Walser.