Der fürstliche Musikdirektor Severin Brender entwirft einen Lehr- und Finanzplan für eine in Liechtenstein zu gründende Musik- und Malschule


Handschriftlicher Lehr- und Finanzplan, gez. Severin Brender, zuhanden von Fürst Johann II. [1]

1.12.1920, Vaduz

Plan für die Musik- und Malschule in Liechtenstein

Ausbau der Schule:

Die Schule soll nach dem Wesen des Landes ausgebaut werden und unseren bescheidenen Verhältnissen sich anpassen.

Zweck der Schule:

Die Schule hat den Zweck sowohl Anfängern wie Fortgeschrittenen durch Erteilung eines gründlichen Unterrichts in allen Fächern der Musik sowie auch in der Kunst des Malens eine gediegene Ausbildung zu geben.

Lehrplan:

Der Lehrplan erstreckt sich auf folgende Fächer:

a) Musik:

1.) Klavier.

2.) Orgel (Harmonium) und Gesang.

3.) Sämmtliche Streich- und Blasinstrumente.

4.) Unterricht in der gesammten Theorie wie musikalische Elementarlehre, Harmonielehre, Kontrapunkt, (Komposition) Instrumentation, Partiturspiel, Direktion und Musikgeschichte.

Schüler, welche die nötige Stufe erreicht haben, können im Orchester und in der Harmoniemusik verwendet werden.

b) Malerei:

1.) Zeichnen nach der Natur.

2.) Lehre der vollständigen Perspektive.

3.) Aquarell- und Ölmalerei.

4.) Projektionslehre.

5.) Theorie.

6.) Kunstgewerbliches Zeichnen.

4.) Unterrichtslokale:

Als Unterrichtslokale können event. freistehende Schulzimmer in Frage.

5.) Instrumente:

Als Lehrerinstrumente werden benötigt ein Pedalharmonium für den Orgelunterricht und ein Flügel, der denn bei Konzerten von den Vereinen auch dringend benötigt würde; da bis jetzt nur ein sehr minderwertiges Instrument zur Verfügung steht.

6.) Unterrichtsjahr:

Das Unterrichtsjahr wird nach den Verhältnissen des Landes in zwei Semester eingeteilt und zwar beginnt das I. am 1. November und endet eine Woche vor Ostern. Das II. beginnt wieder eine Woche nach Ostern und endet mit 31. Juli.

7.) Der Lehrkörper:

Der Lehrkörper besteht aus drei Lehrern und zwar zwei für Musik und einer für Malerei etc. etc. [2]

8.) Protektorat und Subvention: [3] 

Finanz Plan

1.) Feststehende Auslagen:

2.) Laufende Auslagen:

Feststehende einmalige Auslagen

a) Anschaffung eines Pedalharmoniums

Mark

10‘000.-

b) Anschaffung eines Flügels

Mark

25‘000.-

c) 4 Notenpulte

Mark

100.-

 Laufende Ausgaben monatlich

1.) Gehalt für Direktor

Frs.

400.-

2.) Gehalt für Lehrer

Frs.

450.-

3.) Gehalt für Zeichenlehrer

Frs.

100.-

4.) Lohn für Reinigung (für 10 Monate)

Frs.

35.-

5.) Beheizung und Licht (für 10 Monate)

Frs.

7.-

6.) Auslagen zur Bestreitung von Saiten, Notenpapieren, Bücher zum Unterricht, Colophonium und dergl.

Frs.

25.-

7.) Instandhaltung der Instrumente wie Klavierstimmen und event. Reperaturen

Frs.

10.-

 Holz zur Beheizung könnte aus der fürstlichen Domäne gestellt werden. 

Die einmaligen Auslagen

Mark

35‘100.-

Die jährlichen Auslagen an Gehälter etc. etc.

Frs.

12‘240.-

Angenommene Einkünfte und Honorarbedingungen

Die Stundenzahl ist für alle Instrumente sowie theor. Fächer auf zwei Stunden in der Woche festgesetzt.

Die Musiklehrkräfte verpflichten sich täglich bis 6 Stunden Unterricht zu geben.

In der Malerei sind wöchentlich zwei Nachmittage mit 3-4 Stunden, ferner für gewerbl. Zeichnen ein Abendkursus mit 2-3 Stunden zwei mal wöchentlich angesetzt; um den Lehrlingen im freien Gewerbe Gelegenheit zu bieten sich für ihr Fach auszubilden.

Das Honorar beträgt für das Unterrichtsjahr 200 Frs. und ist am Anfange eines jeden Semesters zur Hälfte zu entrichten.

Talentierte unbemittelte Besucher der Schule werden unentgeltlich unterrichtet. 

Die Einnahmen wären somit bei 30 Schülern

für Musik jährl.

6‘000 Frs.

 

für Malerei jährl.

6‘000 Frs.

Die Annahme, dass 30 Schüler den Unterricht besuchen werden, gründet sich auf dem Umfang des bisher und zwar hauptsächlich nur an Schüler des Oberlandes erteilten Privatunterrichtes.

______________

[1] LI LA SF 01/1921/020. Ursprünglicher Registraturvermerk dagegen: z.Z. 20/Präs. 1922. Es handelt sich um eine der Beilagen zum Schreiben von Severin Brender an Fürst Johann II. vom 14.12.1920 (LI LA SF 01/1921/020): Darin bat Brender den Fürsten um die Übernahme des Protektorates und die Subventionierung für eine in Liechtenstein zu gründende Musik- und Malschule sowie um ein unverzinsliches Darlehen für die Anschaffung von Musikinstrumenten. – Gemäss Amtsvermerk von Regierungschef Josef Ospelt wurde die Angelegenheit schliesslich am 10.2.1922 ad acta gelegt, „da derzeit eine Durchführung dieser Pläne unmöglich“ erschien (LI LA SF 01/1921/020).
[2] Als Musiklehrer waren Severin Brender und der Münchner Kapellmeister Josef Zwengauer und als Kunstlehrer Friedrich Kaufmann vorgesehen.  
[3] Hier findet sich kein Eintrag. – Der fürstliche Kabinettsdirektor Josef Martin teilte der Regierung am 19.1.1921 mit, dass Fürst Johann II. dem Projekt „unter Umständen“  einen einmaligen Beitrag widmen, aber keinerlei Bürgschaft übernehmen würde (LI LA SF 01/1921/020).