Katharina Brendle an Balbina Gstöhl über das Ableben ihres Bruders Josef Brendle jun., die Erkrankung ihres Vaters Josef Brendle sen. sowie die Todesfälle und Eheschliessungen in Eschen, Nendeln und Ruggell


Handschriftliches Originalschreiben der Katharina Brendle (Maria Katharina Gerner [-Brendle]), Rorschach (Kt. St. Gallen), an ihre Firmpatin Balbina Gstöhl (Marie Balbina Öhri [-Gstöhl]), Spencer (Nebraska) [1]

30.12.1900, Rorschach (Kt. St. Gallen)

Inigstgeliebte Firmpathin!

Nicht allgemeine Übung, noch uraltes Herkommen
veranlassen mich Euch lb. Pathin die inigsten Glück-
u. Segenswünsche zum neuen Jahre darzubrin-
gen, sondern die inneren Liebe eines aufrichtigen
Herzens, sowie Gottes Gnade und Segen zum Gruss. [2]
Wir treten hinein in das neue Jahrhundert
mit Hoffnungen u. Wünschen Eines wünscht dem
Anderen nur Gutes, aber dasselbe zu erfüllen steht in der
Macht des Allerhöchsten, der unsere Schicksale am besten
zu lenken weiss. Unser Leben ist veränderlich in Leiden u.
Freuden, sowie auch jedes Jahr, das sehen wir ganz
deutlich in unserer Familie. Das Jahr 1900 hat bei uns
einen in jeder Weise glücklichen Anfang gehabt,
das Sticken ging sehr gut u. wir waren sehr zufrieden.
Im Juli wurde der Berta [Hasler [-Brendle]] ein Knäblein mit Namen
Josef, u. im August der Karlina [Karolina Gerner [-Brendle]] ein Mädchen
mit Namen Balbina geboren, was uns Alle
recht herzlich freute. Aber es hat für uns ein
trauriges Ende genommen. Der lb. Gott schickt ge-
wöhnlich auf grosse Freude, grosses Leid. Wie Ihr [3]
vielleicht in der Zeitung gelesen war es Gott
des Gerechten heiligster Wille unsere so fest an irdische
Liebe gefesselte Familienkette durch ein teures un-
vergessliches Glied zu zerreissen, nähmlich unser lb.
teurer Bruder [Josef Brendle jun.] wurde uns d. 26. November durch den
Tod entriessen, ja wirklich gross ist der Verlust
für uns u. unsere lb. Eltern den einzigen so hoffnungs-
vollen Sohn u. Bruder durch den Tod verlieren zu müs-
sen ein hartes herzzerreissendes zusehen. Berta u. ich
wussten von Allem nichts, den als ich am 14. Okt.
von Heim [4] auf ein fröhliches Wiedersehen hoffend
Abschied genommen war er noch so gesund u. fröhlich
u. noch keines dachte an den Verlust, der in kurzer
Zeit über uns kommen sollte. Am 23. Nov. Abends erhiel-
wir die traurige Nachricht dass Vater [Josef Brendle sen.] u. Bruder
schwer krank seien. Wir erschracken nicht wenig
u. gingen am Morgen heim, trafen es wirk-
lich sehr traurig an. Ich wusste nicht was ich
denken u. sagen soll. in so kurzer Zeit schon dem
Tode so nahe obschon wir es nicht meinten
Wir wurden über den ersten Anblick der so er-
bärmlich war so bestürzt, dass es uns übel ge-
worden, der lb. Bruder musste furchtbar leiden so
dass man kaum zusehen konnte u. jedes das ihn (…) [5] [6]
Jung u. Alt weinten u. sagten so was haben sie in
ihrem Leben noch nie gesehen. Aber staunend war
seine grosse Geduld u. Ergebenheit in den hl. Willen
Gottes während seiner kurzen aber schmerzvollen Krankheit.
Man hörte ihn nie klagen. In der letzten Nacht sagte
er zur Mutter wen er nur sammt der Bettstadt konnt
im Himmel fahren u. am Samstag, als auch wir
daheim waren sagte schon Abend er wolle in die
Stube u. er gab nicht nach, bis um 2 Uhr der Nacht
da mussten sie ihn heraus nehmen. Er sagte erfüllet
mir noch meinen letzten Willen, nur noch einmal
Alle sehen nur einen Blick in die Stube u. er sass
auf der Ofenbank schaute so wehmüthig gerade als
wollte er es sagen ich bin das letzte mal hier. Er wollte
noch auf den Ofen, dies wurde ihm ausgeredet dann
wollte er wieder hienein u. sagte so ergeifend Adie
so dass es uns Alle fast das Herz brach u. fast überlaut
weinen mussten, wir mussten uns immer noch zurück-
halten wegen dem lb. Vater, vorher konnten wir es
gar nicht glauben, dass er sterben müsse wie schlimm
der Zustand war. Hernach verlangte er nach dem Herrn
Pfarrer [Johann Baptist Beat Deflorin] er wolle beichten, obwohl er vor 14 Tg. in der Kirche
das wäre am Seelensonntage gewesen gebeichtet u. komunizirt
hatte. In seiner 13 tägigen Krankheit hatte er 2 mal gebeichtet
aber die Komunion hatte er nicht mehr empfangen können. [7]
Das war noch seine einzige Klage, er hatte doch die Begierde,
Komuniziren konnte er nicht er hatte ein derartiger Zucken,
so dass kein Körper Teilchen an seinem Körper ruhig
war. Er mussten Tag und Nacht zwei Mannsbilder bei ihm
sein. Es riess ihn so hin u. her, so dass sie genug zu halten
hatten an ihm weil er so stark war. Die Zunge hatte
es ihm dann vor den Mund heraus gerissen u. dann
wieder fast ganz hinunter. In der letzten Nacht ging
es noch derart um mit ihm er sagte alle Augen-
blicke: Jetzt ist’s aus! Das Blut spritzte ihm zu Mund
u. Nase heraus. Er hatte lauter so gesunde u. frische
Zähne u. es hatte sie ihm so zusammen geschlagen
dass der Eine hin, der Andere herschaute u. zersprengt
waren. Am Morgen hatte er geschwollene Backen
u. inwendig im Munde war er voll Blassen er
war ganz entstellt. Er sagte den schon vorher die
Zähne seien ihm so ihm weg, die haben ihn
wieder so zebissen. Am letzten Vormittag wurde
er noch am ganzen Leibe voll Kreuzer grosser Blassen
so bekam er einen Brand. Er hatte die ganze Nacht
nicht genug Wasser trinken können u. als er keins
mehr getrunken kam dieser grosse Brand. Ihr
müsst selbst sagen, dass seine Leiden keine Grenzen
kannten u. könnt Euch gar nicht einbilden wie geduldig
u. Gottergeben er war. wir meinen es selbst es könne nicht sein. [8]
In der letzten Nacht in seinen grössten Leiden stamelte
er noch heraus. Gottes wille sei mein Ziel, weil Gott ja
nur was recht ist will u. so sandte er manches Stossgebetlein
u. manchen Seufzer hinauf zu seinem lieben Heilande
u. lb. Muttergottes. Auf diese hoffte er so vertrauens-
voll nur diese werde ihm helfen u. bald erlösen u. mit
in den Himmel nehmen. Am letzten Vormittag fragte
er noch mich ob denn wohl Morgen die Muttergottes
komme ihn hole. Und ich sagte ihm er müsse nicht
denken wenn ich nur bald sterben könnte, sondern
wenn ich nur noch lange Leiden kann muss ich
nicht ins Fegfeuer, dan sagte er. Gerne leiden
solange Gott will. Und als ich sagte die Muttergottes
werde ihn heute noch erlösen da freute er sich.
Und als er selbst nicht mehr beten mochte da befahl er
noch was man ihm vor beten solle, beim Ver-
stand war er noch bis zum letzten Augenblick. Seine le-
tzten Worte waren noch Vater, Mutter verzeihen
Jesus Christus, hernach redete er nichts mehr. Etwa
¼ Stunde vor dem Sterben wurde er noch ruhig u.
hätten ihn bald nicht gesehen sterben. Er lächelde u. sah
ganz zufrieden aus. Am 26. Nov. Nachmittags 4 Uhr schlug
für ihn die tröstende, für uns aber die herzzerreissende
Stunde. [9]
Den so hoffnungsvollen lb. Sohn und Bruder auf den man so
viel rechnete so dahin sterben sehn. Die Ärtzte sagten er
sei zu schnell gewachsen das Herz habe sich nach der Grösse
nicht entwickeln können u. das Zucken komme vom Herz
weil es ihm hauptsächlich am Herz fehlte. Er hätte
Herzerweiterung, Herzklappenentzündung, Gelenk-
reumatismus u. Veitanz sagten die Ärzte, aber
wir glauben, dass sie die Krankheit gar nicht kannten.
Doktor Beck in Feldkirch u. Brunhard [Alfons Brunhart] in Schaan sollen
es zum Tierarzt [Alois] Öhri von Ruggell, der jetzt in Eschen
wohnt gesagt haben sie kennen die Krankheit gar
nicht u. dass sie ihr schon mehr nach studirt haben
als der lb. Bruder leide. Er war 15 Jahr alt aber
so gross u. so stark wie jeder Erwachsene Die Ärtzte
schätzten ihn 22 Jahre nach seiner Grösse u. Stärke
Er arbeitete aber auch wie ein Erwachsener, wer ihn
nicht kannte, hätte nicht geglaubt dass er noch ein
Schulknabe sei. Der Vater durfte dem Bauernwesen
keine Acht mehr geben. Am letzten Tage als er noch
herum gegangen sei, sei er noch zu gar Allen Verwand-
ten als ob er wüsste, dass es das letzte Mal sei. Am Tage
vor Allerheiligen sei er ganz allein auf dem Friedhofe
gestanden gerade vor dem Platze wo er jetzt ruht u.
habe so auf die Grabkreuze der zwei jungen Burschen [10]
des Xaver Kranz u. Johann Näscher die auch diesen
Sommer gestorben sind, da sei Nazis Sefa gekommen
u. habe noch zu ihm gesagt, ob er für ihn den Platz
ausschaue, er lachte u. sagte zu ihr es könne schon
sein, das könne sie gar nicht wissen. Beide machten
nur Spass u. dachten nicht, dass er vor 4 Wochen
schon hier ruhen werde. Gott weiss, ob wir das 2te
Jahr im neuen Jahrhundert noch anfangen. Am
Allerheiligen u. am Seelensonntage habe er noch in
der Kirche u. auf dem Friedhofe gesungen u. zur
[Maria] Magdalena [Laternser bzw. Lorenz [-Brendle]] u. Josefa [Dredla [-Brendle]] gesagt, wie ihnen das neue
Grablied gefallen, wir wollen sehen wenn wir
es zuerst singen (nämlich der Verein.) keines dachte
dass er der Erste sei. Ist aber noch so gut, dass man
nicht Alles zum Voraus weiss. Wenn man uns das
letzte Neujahr gesagt hätte, was [11] für ein trauriges
Ende es bei uns nähme wir wären schier verzweifelt
Jetzt ist es unerwartet gekommen u. wir können es gar
nicht verstehen, dass wir den lb. Bruder nicht mehr in
unserer Mitte haben, aber es wäre zu schön gewesen,
es hat nicht sollen sein. Die Rathschlüsse Gottes sind
unerforschlich. Letztes Jahr habt Ihr noch nach den lb.
Bruder gefragt, wir lachten noch u. sagten ich
wolle es dann Euch dan dieses Jahr schreiben wie gross
er sei, er war 1.80 m lang. Jetzt muss ich Euch [12]
eine so trauge Nachricht geben, der lb. Vater der ihn gar
sehr liebte, freute es besonders dass Ihr ihm noch
nachgefragt u. sagte, soviel als komenden Sommer
lasse man den das Familienfotografie machen u.
schicken es Euch, damit Ihr lb. Pathin sehet dass
jetzt Alle erwachsen seien. Hätte aber nicht sollen
sein. Jetzt wollen wir auf immer darauf verzichten
Der lb. Bruder war, als ihr in ein fernes Land gegangen [13]
um Euer Glück dort zusuchen, 7, Madalena 9, u. ich 13
Jahre alt, waren also noch klein. Der lb. Josef konnte sich
aber ganz gut an Euern Abschied erinnern. Wir wol-
len Hoffen dass er sich jetzt im Himmel freue u.
für uns bete was er uns auch versprach. Die Leute sagten
zu uns es sei ein Trost für uns, er sei doch so schön vor-
bereitet gestorben u. in schönsten Jahren; gegen dem
Schlegels Luis [14] in Nendeln. Seine letzten Worte sollen
(ich wage es kaum zu schreiben) gewesen sein: Wenn ihn der
Teufel jetzt grad wolle so solle er ihn hollen. das ist furchtbar.
Ich selbst habe es nicht gehört, aber sowas würde sich woll
Niemand getrauen zusagen wenn es nicht wahr wäre. Er
war 5 Tage krank, hatte Gehirnhautentzündung u. war im
Verstand dass er beichten konnte, hat aber vorher nichts ge-
glaubt u. ist das ganze Jahr in keine Kirche gegangn. Wir
wollen das Bessere hoffen u. fleissig für beten, falls er der An-
schaung Gottes noch nicht würdig wäre, dass er es bald werde. [15]
Aber es kommt in einer Familie wenn es einmal anfängt
nicht Eins allein Der Vater war in der gleichen Nacht mit
dem Bruder erkrankt u. zwar schwer, so dass man nicht
wusste, mit welchen es zuerst zu Ende gehe Er hatte am
11. Nov. durch Dockor Brunhard in Schaan einen Zahn
ziehen lassen, aber anstatt der Schmerz nachliess wurde
er immer heftiger u. wurde so geschwollen, gleich als hätte
er zwei Köpfe u. inwendig im Munde war er auch
derart geschwollen, dass er nicht mehr reden, nichts herauf
u. nichts hinunter bringen konnte war also dem ersticken
sehr nahe. Es wurde Docktor Beck sofort telegrafirt, der
sofort kam, konnte aber am selben Abend nur für den
ärgsten Schmerz öffnen weil er die richtigen Operations
gegenstände nicht bei sich hatte. am andern Morgen
soll die grosse Operation stattfinden, welche 5/4 Stunden
gedauert habe. Docktor Beck sagte wenn nicht am selben
Abend geöffnet worden wäre, so hätte er den Morgen
nicht mehr erlebt. Es wäre wohl nicht mehr 3 Stunden
gegangen wäre er erstickt u. ein Opfer des Todes geworden.
Es sei ein Zahnexzess eine Art Blutvergiftung. D. Beck
behauptet, der andere habe eine schmutzige Zange ge-
habt. Zuerst kam Dr. Beck alle Tage heraus den es brauch-
te Fleiss damit es bei dem bleibe. Hernach musste [16]
man jeder ander Tag mit ihm hinein fahren. [17]
Am 13. Dez. war ich noch selbst mit zum Dokter
u. wollte die Wunde auch sehen sie war noch sehr
gross heile sich aber schön aus sagte der Doktor er
müsse jetzt blos zwei dreimal kommen dann
könne er selbst verbinden. aber wahrscheinlich müsse
noch ein Teil vom Kiefel weg wo der Eiter zuerst
gelegen. Jetzt sei es mit ihm Gott, Lob u. Dank
auf Besserung, könne aber noch ein halb Jahr
gehen bis die Wunde heil sei, haben sie uns ge-
schrieben. Ich bin gegenwärtig wieder in Rorschach bei
der Bertha sie hatte durch diesen Familien Unfall wieder
Heim(…) [18] bekommen u. wir fürchteten sie werde auch
noch krank, darum bin ich wieder hinunter u. bleibe
bis im Frühling wenn nichts besonderes vorkommt.  Ich
hätte daheim schon Arbeit genug. Die Mutter muss
jetzt in Haus u. Stall alles thun. den Josefa u. Mag-
dalena wollen doch noch sticken u. Emilia [Kaufmann [-Brendle]] hat immer
sehr streng mit nähen. Wir wissen jetzt noch nicht
was wir thun sollen, man hat halt auf den Josef
gerechnet, sonst wegen uns hätte der Vater keine Ma-
schiene gekauft für Weibsbilder ist es immerhin streng
Der lb. Gott hat uns einen Strich durch unsere Rechnung
gemacht. Unsere Haushaltung ist jetzt halt ruinirt.
Ich mag von den Weltfreuden nichts mehr hören.
Bisher war ich immer lustig u. fröhlich u. wusste nichts von traurig sein. [19]
Der lb. Dahingeschiedene hatte auch viel auf Mu-
sik u. Gesang u. war immer gerne lustig u. jetzt
ist es grad wie ein Traum, als ob man ihn nur
einmal gesehen hätte. Aber es geht noch in vielen
Familien so der Klara Schächle [Klara Gerner [-Schächle]] ist auch ihr Mann [Johann Sigmund Gerner] ge-
storben u. hinterlässt noch 3 Kinder. Bertha das älteste
geht das 1te Jahr in die Schule. Cäzilia ist 4 Jahr u.
das jüngste ein Knäblein mit Namen Josef wird
im Frühling 3 Jahre. Sie ist auch fast untröstlich
Sie hat es jetzt halt auch sehr arm im Frühling haben
sie noch einen neuen Stall gebaut. Er hatte bis auf den
letzten Tag verdient. Am Donnerstagnachmittag habe
er noch Birnen u. Äpfel geschütelt u. habe eine
einzige Birne gegessen u. diese war ihm der Tod.
Am Freitag Nachmittags 3. Uhr hatte er noch beichtet u. die hl.
Komunion empfangen u. um 4 Uhr ist er schon ge-
storben es hatte ihm den Magen zersprengt. Sie hat
jetzt eine Fädlerin u. thut sticken. Näscherseplis
Johann [Johann Jakob Näscher] hatte Blutbrechen u. hernach noch die schnelle
Abzehrung. Er war erst 23 Jahre alt u. auch gar nicht
krank gewesen, er habe zu streng gestickt 35-4000
u. manchmal noch mehr Stiche soll er im Tag gemacht
haben. Er wollte dadurch seinen Eltern Freude machen
Jetzt sind sie auch alt u. haben gar niemand mehr. [20]
[Franz] Xaver Kranz auf Schönbühl hatte auch die Abzehrung
Er war 21 Jahre alt. Sein Vater [Franz Josef Kranz] durfte ihm nicht ein-
mal die letzte Ehre erweisen, den er war in Konkurs
u. ist entlaufen, durfte sich also nicht sehen lassen
sonst wäre er aufbewahrt worden. Ist auch sehr
traurig. Kapfersepps Amreili war auch nur
14 Tage krank. Emilian wird dann in der Fastnacht
eine Tiesnerin heiraten. Alexander Meier ab
Berg hat auch gheiratet mits Irgli Becks Mathilda [Maria Mathilda Meier [-Marxer]]
Er hat im Hinterdorf wo Gizis Haus gestanden
ein neues Haus u. eine Stick- u. Fädlermaschie-
ne. Kemifegers Hansirg ab Berg hat eine Va-
duzerin geheiratet. Er haltet sich jetzt in Vaduz
auf er ist Zimmermann. Enders Eduard wird in
der Fastnacht mit Asper Franzseps Albertina
heirathen wird Euch woll unbekannt sein. Der Höpli
Beck hat jetzt eine Balznerin es wird dann bald zwei
Jahr dass sie verehlicht sind. Kürzlich soll er sie fort ge-
jagt haben u. grausam geschlagen. Er habe ihr alle
Möbel die sie gebracht vernichtet. Sie haben zwei Knaben
die Alte ist gestorben u. der Alte ist bei der Mariana.
Er hat sie wieder zu sich nehmen müssen. Da weiss man
schon zum Voraus wie gut es da geht. Mangamichels Paula
ist der Prinz auch gestorben ist sehr traurig u. Arnold sehr fröhlich
er hat wieder 400 fl. [Gulden] erben können. Er heiratet auch mit einer
Maurerin. [21]
(…) [22]
Habe Euren letzten Brief in Ulrichs Haus oder
vielmehr in der Stickerei an jenem Tisch wo auch
Ihr lb. Pathin einst gessesen gelesen. Es hat sich grad zuge-
tragen, dass ich während derzeit bei Lisilis Sep
gefädelt habe nur zur Aushilfe bis im Frühling.
Der lb. Vater hatte an Euern werthen Briefe nicht minder
Freude als ich u. hat ihn mir extra an einem Werk-
tage hinunter gebracht. Ich freute mich recht sehr als
ich so viel geschrieben sah u. erst als ich vernahm, dass
mir die Ehre zu teil wurde Eure Familienfotografie
einmal zu sehen. Wann werde ich sie erhalten freue
mich schon wieder zum Voraus. Habe Euren werthen
Brief auch Sch. Anuziata [Sr. Anunziata Kurz] lesen lassen sie freute sich
sehr, dass Ihr noch an sie gedacht u. sagte wenn ich Euch
wieder schreibe solle ich schreiben. Viele Grüsse von Ihr
u. Sch. Reginaldis [Sr. Reginaldis Schwabl] sie wollen in Eschen bleiben es gefal-
le ihnen ihn Eschen am besten. Schw. Dominika [Sr. Dominika Sybold] sei in
Botzen in einem Spital Oberin. Auch Frau Adolf
Gstöhl
lässt danken für den Gruss u. lässt einen gegen
Gruss erwiedern. Sie haben ein neues Haus ausser
Gstöhls gegen Flugs eine Stickmaschine u. die Frau ist
ist sehr reich geht fast auf Goldstücken sie hat geerbt von
heim. Eine Anzahl Kinder sind ihr gestorben ich weiss [23]
(…) [24] zwei gleich alte
Mädchen mit Namen Emilie [Maria Emma Hoop [-Gstöhl]] u. Paulina [Hasler [-Gstöhl]] u. Knäb[lein]
mit Namen Adolf [Martin Adolf Gstöhl]. Der Adolf hats nicht gut bei
ihr sie ist gar zu reich. Albertina Hasler [Maria Albertina Hasler [-Hasler]] hat auch schon
6 Kinder 1 ist gestorben u. an Alois [Martin Alois Hasler], Alwin [Johann Albin Hasler],
Rochus [Hasler], Hansirg [Johann Georg Hasler], u. ein Mädchen mit N. Ilga [Maria Ilga Ladurner [-Hasler]]
leben noch. Köbs Sofie hat auch schon 11 Kinder
gehabt u. scheint immer noch wie ledig. Bertha
Batliner 4. Albertina Gerner 3. Bergjogli
Andreas Theres hat auch geheiratet nach Maren
wird Euch auch unbekannt sein sie ist noch
1 Jahr jünger als ich. Die Ruggeller haben noch
keinen Kirchenthurm u. werden auch keinen
bekommen. [25] Wir Ihr in der Zeitung vernommen
hat im Mai letztes Jahren in allen Gemeinden
gefirmt aber in Ruggell nicht sie müssen zuerst
einen Kirchenthurm haben, wir wollen sehen
wenn wir‘s erleben, wenn ich einmal schreiben
kann. Jetzt läuten sie nicht mehr im Kellersfeld [26]
sondern im neuen Thurm. Der Pfarrer Biederm. [Johann Evangelist Biedermann]
hat der Gemeinde Geld verbraucht er wird in Bälde
fort kommen. Luza Josefs Adolf ist im Okt. mit
seiner Frau nach Amerika gereisst. Sie wollte [27]
nicht gerne arbeiten. Er hatte von der Dornbi-
rer Haussiererin [28] in Schaan eine Schwester
Es ist jetzt den bald ein Jahr, dass er geheiratet hat.
Er ging sehr ungern nach Amerika u. machte den
seinen Vorwürfe wenn sie ihm gelassen was
er gewollt, hätte er nie nach Amerika müssen
Er wollte Rota Franziska. Minili hat auch
schon 4 Kinder, Ida u. Heinrich sind noch ledig
Adolf Neff [Näff] u. Isabela [Näff [-Biedermann]] haben 5 Kinder 1 gestorben.
Owegensers Leo sucht sich auch eine Frau u.
findet keine. Franza Fabian [Fabian Biedermann] hat auch geheira-
tet mit Hansschächlis Ludwina [Maria Lidwina Biedermann [-Schächle]] von Eschen
sie ist so alt wie ich u. hat schon dort gefädeld
als Amalie noch lebte. Kohlers Hans u. Alb.
haben auch 3 Kinder. Sternawirth‘s Toni u.
Fabis Mina haben auch 2, der Andreas 5, 3 sind
gestorben. Fabis Johann ist diesen Sommer
mit seiner Familie nach Ruggell gekommen.
Er wohnt in August Büchels Haus neben dem
Pfarrhaus. Dem August Büchel gehe es ganz
gut. er mache es ganz gut mit seinem
Bauernhofe in Gossau bei St. Gallen. Ich
will jetzt nun schliessen das lesen wird [29]
Euch wohl verleiden ich habe diesmal viel
geschrieben aber zürnet mir nicht, dass ich
solange gewartet ich versorgte es gar zu sehr.
Liebe Pathin seid so gut u. schreibet mir recht
bald u. vieles u. schicket mir die schon lange
gewünschte Fotografie werde Euch von mir
später wieder einmal eine schicken gegen-
wärtig habe ich Keine. Es wünscht Euch u.
Eurem gl. Gemahl u. lb. Kindern nochmals
alles Gute zum neuen Jahre die

Die tiefdrauernde u.
schwerprüfte Familie Brendle besonders
aber Euer
Euch nie vergesendes Pathenk.
K. Brendle. 

bei Adam Hasler Zimmermanne Blumenegg
Löwenstrasse Rorschach Kt. St. Gallen.
Bitte schreibet mir geschwind u. erleichtert
dadurch mein banges trauriges Herz.
In keiner Familie ist es so lange ich weiss
so zugegangen ich weiss nicht was ich denken
soll. Den ganzen Tag bin ich in Gedanken daheim
u. beim lb. Bruder. Nun es wird so recht sein. Gott hat
es so gewollt.

Betet für uns für
unsern kranken Vater
u. verstorbenen Bruder. [30]

Lebet wohl aufs Wiedersehen wenn’s auf der Welt
nicht mehr sein kann, so doch in der Andern Bessern. [31]

______________

[1] LI LA PA 016/3/04/04. Brief in Kurrentschrift.
[2] Ursprüngliche Fassung: „Gruẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[3] Seitenwechsel.
[4] Eschen, St. Martinsring. Alte Hausnummer 130 bzw. 109. 1985 abgebrochen. Vgl. Hauskataster Eschen, LI GAE sowie LI LA PA 016/3/04/04. 
[5] Fehlendes Wort.
[6] Seitenwechsel.
[7] Seitenwechsel.
[8] Seitenwechsel.
[9] Seitenwechsel.
[10] Seitenwechsel.
[11] Durchgestrichenes Wort. 
[12] Seitenwechsel.
[13] Marie Balbina geb. Gstöhl wanderte 1892 nach Spencer (Nebraska) aus.
[14] Möglicherweise Josef Alois Schlegel.
[15] Seitenwechsel.
[16] Durchgestrichenes Wort.
[17] Seitenwechsel.
[18] Fehlstelle im Papier. Möglicherweise „Heimweh“.
[19] Seitenwechsel.
[20] Seitenwechsel.
[21] Seitenwechsel.
[22] Fehlstelle im Papier.  
[23] Seitenwechsel.
[24] Fehlstelle im Papier.
[25] Die Ruggeller Pfarrkirche St. Fridolin wurde zwischen 1897 und 1899 erbaut. Die Fertigstellung des Turms erfolgte 1902: Am 14. November 1902 wurden Kugel und Kreuz auf die Turmspitze gesetzt. Herrmann, Kunstdenkmäler, Unterland, S. 302.  
[26] Kellersfeld: Häuser, Wiesen und Obstgärten im Dorf Ruggell, nördlich der Nellagass, im Osten bis zum Schmettakanal reichend. Stricker, Liechtensteiner Namenbuch, Bd. 4, S. 359-360.
[27] Seitenwechsel.
[28] Unsichere Lesung.  
[29] Seitenwechsel.
[30] Auf der letzten Seite hinzugefügt.
[31] Auf der letzten Seite hinzugefügt.