Separativ-Instruction betr. die Aufnahme fremder vermögensloser und akatholischer Unterthanen in den liechtensteinischen Staatsverband


Instruction[1]
15. Jänner 1843

Ueber das zur Publikation hinausgegebene Patent vom 15. Jänner d. J., die Aufnahme fremder Unterthanen in den liechtensteinischen Staatsverband betreffend, wird dem Oberamte zu seiner Darnachachtung und eigenen Gebrauchnahme in Amtshandlungen folgende Separativ-Instruktion erteilt:

Zu § 1.

Bei der Aufnahme von Ausländern ist besonders auf Vermögen, welches nach bisheriger Uebung unter 300 fl. R.W. an baarem Gelde nicht sein soll, zu sehen, damit dem Lande nicht noch mehr unvermögende Leute zuwachsen. Da aber 300 f. für sich allein, besonders wo eine Familie mitzuernähren ist, nicht hinreichend ist, so ist auch immer nebstbei die Erwerbsfähigkeit oder deren Abgang nicht unberücksichtigt zu lassen. In Ermanglung hinlänglichen Vermögens muss zunächst und umso strenger auf Erwerbsfähigkeit und Gewerbe des Aufnahmswerbers Rücksicht genommen werden, wodurch er sich und dem Lande nützlich werden kann, und solle derselbe katholischer Religion sein, weil gemischte Konfessionen in dem ganz katholischen Staate nicht wünschenswert erscheinen.

Sollten bei einem Akatholiken Umstände eintreten, welche dessen Aufnahme besonders wünschenswert machen, so sind diese Umstände in dem gutächtlichen Berichte eigens zu würdigen, damit die fürstliche Hofkanzlei ihre weiteren Anträge darnach an mich richten kann.

Es ist schon in dem Gesetze selbst bestimmt, dass Unterthanen aus deutschen Bundesstaaten bei Aufnahmsansuchen vor Andern zu begünstigen kommen, die Annahme Fremder aus anderen Staaten ist möglichst zu beschränken. Es sind derlei Fälle durch die Kanzlei immer mir vorzulegen und bei dem Bunde nicht angehörenden Ausländern besonders genaue Erkundigungen über die pol[itische] Gesinnungen einzuziehen. Bei Aufnahme von Ausländern, besonders bei jenen, die nicht aus den Bundesstaaten kommen, hat das Amt möglichst dahin zu wirken, dass sich der Einwanderer auch in das Gemeindebürgerrecht einkaufe, um nach und nach das Unterthansverhältnis in den Gemeinden tunlichst gleichzustellen. Das Begehren dieses Einkaufes wird dazu sehr dienlich sein, den Fremden aus Nichtbundesstaaten die Aufnahme zu erschweren.

Zu § 7.

Bei Einheirathung von Ausländerinnen können sich leicht Fälle ergeben, dass diese Akatholiken waren. Derlei Ehen, obwohl in politischer Beziehung nicht verboten, sind nicht wünschenswert und nur dann zu begünstigen, wenn sich die Akatholikin und mit ihr ihr künftiger Ehegatte rechtsförmlich erklärt, dass sie die Kinder ohne Unterschied des Geschlechtes in der Staats-, d.i. in der katholischen Religion, erziehen lassen werden. Eine derlei mit ämtlichem Consense nach der Vorschrift der Verordnung vom 14. Oktober 1804 und des Patentes vom 13. Juli 1841 eingeheiratete Ausländerin wird dadurch Staatsbürgerin, die sich aber, falls ihr Gatte Gemeindebürger ist, in das Gemeindebürgerrecht einkaufen muss, damit sie bei früherem Ableben ihres Mannes in ihrem Erwerbe nicht benachteiliget werden möge und ihr Verhältnis in der Gemeinde nicht einer zweiten Verschiedenheit unterliege.

Gemischte Ehen der Hintersässen sind, selbst wenn die obbedingte Erklärung der Brautleute abgegeben werden wollte, nur dann zu gestatten, wenn in Bezug auf Vermögen beider Theile in künftig eigener Versorgung der Nachkommenschaft sich durchaus keine Besorgnisse und keine anderweitigen Versagungsgründe der Bewilligung entgegenstellen.

Ueber besondere Anstände und Verhältnisse bei einzugehenden gemischten Ehen ist vor etwaiger Zurückweisung Bericht zu erstatten.

Gegeben in Unserem Schlosse Eisgrub am 15. Jänner 1843.

A.F. Liechtenstein

Anmerkung

In einer von Sr. Durchlaucht sub Nr. 5970 de anno 1845 herabgelangten Resolution haben Höchstselbe noch Folgendes verordnet:

„Als Supplement zu dieser Instruktion bestimme ich, dass ausser dem ad § 5 des Patents vom 15. Jänner 1843 bestimmten Falle ein Ausländer-Protestant, welcher dem deutschen Bunde nicht angehört, in den Staatsverband nicht aufzunehmen ist.“

 


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[1] Nicht publiziert. Das Original ist weder im Liechtensteinischen Landesarchiv noch im Hausarchiv der Fürsten von Liechtenstein auffindbar. Die Wiedergabe folgt einer Abschrift, die der fürstliche Archivar Dr. Franz Wilhelm 1935 für die Regierung in Vaduz erstellte. LI LA Sg RV 1843.