Josef G. Rheinberger teilt seinen Eltern mit, dass er zum Professor am Conservatorium für Musik ernannt wurde auf Empfehlung von Hrn. Director Hauser.Er wurde zur Eidesleistung gerufen und erhält 300fl Gehalt.


Brief Josef G. Rheinberger an seine Eltern
2. Mai 1859, München


Theuerste Eltern!
Ich habe Ihnen diessmal wie gewöhnlich nur wenig mitzutheilen, jedoch ist diess wenige etwas werth. Es macht mir Freude, Ihnen mittheilen zu können, da ich Sonntag den 1ten Mai zum Professor am Conservatorium für Musik ernannt wurde. Ich wurde zu meiner grossen Genugtuung von Hrn. Director Hauser beim Kgl. Ministerium des Innern vorgeschlagen! Hr. Hauser lud mich durch einen sehr freundschaftl. Brief vor 3 Wochen ein, Abends zu ihm zum Tee zu kommen. Dort sagte er mir im Vertrauen, dass (da die Stelle eines Clavierprofessors am Conservatorium erledigt sei,) er mich zur selben vorschlagen wolle, wenn ich sie noch annehme - worauf ich natürlich einging.
Heut früh wurde ich zur Eidesleistung gerufen, erhielt das Decret als Professor mit 300 fl Gehalt und begann schon die Unterrichtsstunden zu geben.
Morgen früh reist Hr. Hauser, wie er mir heute früh sagte, nach Karlsbad. (Wenn er wieder mit Hr. Griss von Feldkirch zusammentrifft, kann er ihm sagen "dass doch etwas daraus geworden ist!") Ich habe im Conservatorium täglich 2 1/2 Stunden zu.geben, (von 1/2 11 bis 1 Uhr.) grösstentheils Frauenzimmern.
Dieses Alles in grösster Eile, Sie, Theuerste Eltern! befinden sich hoffentlich wohl?

Ist Peter in Weesen oder in Vaduz? Mir geht es, wie gesagt, gut. Im Mai soll ich dem Toni und David noch schreiben, welche ich indessen grüssen lasse, sowie alle Bekannte. Indem ich von Ihnen, Bester Vater! bald einen Brief erwarte, verbleibe ich Ihr dankbarster Sohn
G.J. Rheinberger, Professor
am kgl. Conservatorium f.M.
München, 2.Mai 1859.

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