Jos. Rheinberger erzählt, dass Mali Französisch lernt und sie viel Geld brauchen, obwohl sie einfach lebend. Sie wollen eine neue Wohnung in München beziehen.


Brief an die Eltern
24. Februar 1860, München

Theuerste Eltern!

Längst schon hätte ich Ihnen geschrieben, wenn es mir nicht an Stoff hiezu gefehlt; mir geht es gut, soviel ich weiss Ihnen auch, und das ist besser als ein Brief von Neuigkeiten. Mali befindet sich auch wohl und lernt brav französisch; seine Aussprache ist aber häufig zum Haarzubergestehen, auch seinen Vaduzer-Dialekt lässt es sich nicht nehmen, da hab' ich gut predigen! Im Übrigen brauchen wir viel Geld und leben gewiss sehr einfach; von Ersparen ist heuer bei mir keine Rede. Die Vakanz hindurch werden wir besser thun, nach Hause zu gehen, denn meine meisten Schüler gehen aufs Land, und so würde sich ein Sommeraufenthalt hier nicht rentiren. Den 15ten -März hoffe ich meine neue Wohnung in der Blumenstrasse Nr. 16/2 beziehen zu können. Sie ist kleiner als meine Gegenwärtige, aber netter - kostet 132 fl, also 18 fl billiger. Ich habe dort ein Empfangszimmer, ein grosses Schlafzimmer und Mali ein detto kleines. Seit einem Jahre schon gebe ich dem Hause Unterricht, auch ist Mali mit der Familie bekannt. Ich will sehen, ob es mir dort behagt!
Mali kommt häufig mit Prof. Maier oder viel mehr dessen Frau zusammen wie überhaupt Maier's immer voll Freundschaft sind.
Davids Brief hatte mich sehr erfreut; mein nächster Brief soll deshalb ihm und Lisi gelten. Dem Toni lass ich sagen, dass meine Antwort auf seinen verlorenen Brief ebenfalls verloren gegangen, deshalb die Reihe zu schreiben wieder an ihm sei.
Ist der Triesnerberger Architekt Schädler über die Faschingszeit zu Hause gewesen? Ich habe von ihm Nichts mehr gesehen noch gehört. Hr. Lieutenant Tichy war noch nicht hier. Wie ist seine Differenz mit Hr. Eggler ausgegangen?
Wie steht es in Schaan?
Diesen Winter fand ich wenig Zeit zu Arbeiten; und da mich das häufig missmuthig macht, so bezieht es Mali auf sich, und wird auch brummig, was sich sehr komisch ausnimmt; sonst kommen wir ganz gut aus. Wie Sie aus allem ersehen, Theuerste Eltern! befinden wir uns wohl und hoffen von Ihnen das Nämliche. Mit den herzlichsten Grüssen an Alle, besonders an Sie!
verbleibe ich wie immer Ihr dankbarster Sohn
G. J. Rheinberger.
München, 24.2.60.

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