Franz Wüllner eröffnet J. G. Rheinberger die Möglichkeit, zusätzlich zu seiner bisherigen Aufgabe Hofkapellmeister für Kirchenmusik in München zu werden


Brief von Franz Wüllner an Josef Rheinberger:

 

München, 18.5.1877

Verehrter Herr Professor!

Den ganzen Tag habe ich heute zu Ihnen kommen wollen, aber nicht eine freie Minute gefunden. Ich habe Ihnen mittheilen wollen, was Sie wahrscheinlich schon wissen, dass nämlich eine Möglichkeit vorhanden ist, dass ich München verlasse, um nach Dresden zu gehen. Ich hätte gewünscht, Sie hätten es zunächst von mir selbst erfahren. Aber auf eine mir unerklärliche Art ist das Gerücht in die Öffentlichkeit gelangt, ehe ich selbst den offiziellen Antrag, den ich vorgestern bekam, erhalten hatte. Wie schwer es mir werden würde, meinen hiesigen Wirkungskreis aufzugeben, so viele gute Freunde und Collegen zu verlassen, brauche ich Ihnen wohl nicht zu sagen. Noch kann es sich ja auch wenden, dass ich hier bleibe, obwohl - wie die Sachen augenblicklich liegen - die Wahrscheinlichkeit meines Fortgehens die grössere ist.

Seien Sie mit Ihrer Frau Gemahlin herzlichst gegrüsst von Ihrem treulichst ergebenen

F. Wüllner

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