Kundmachungspatent zum Zollvertrag mit Österreich


Kundmachungspatent
[zum Zollvertrag mit Österreich]
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vom 24. Juli 1852

Wir Alois Joseph, von Gottes Gnaden souverainer Fürst und Regierer des Hauses von und zu Liechtenstein, Herzog zu Troppau und Jägerndorf; Graf zu Rietberg; Ritter des goldenen Vliesses; Grosskreuz des königlich Hannover’schen Guelphen-Ordens und des souverainen Ordens des heiligen Johann von Jerusalem etc. etc. etc.

Haben in der Ueberzeugung, dass es zur Hebung des Wohlstandes unseres Fürstenthu­mes Liechtenstein, insbesondere bei dessen gegenwärtiger Absperrung gegen beide angrän­zende Zollgebiete wesentlich geworden ist, dem Zustande der Absonderung ein Ende zu machen, in welchem es gegenüber dem übrigen Deutschlande sich befindet, so wie in der Absicht, zwischen dem stammverwandten Vorarlberg und Liechtenstein vollkommen freien Verkehr herzustellen und den Erzeugnissen des Landes gewünschte Absatzwege zu eröffnen, den im Anhange befindlichen Vertrag mit Sr. Apostolischen Majestät, dem Kaiser von Oesterreich abgeschlossen.

Durch denselben sind Wir vom 1. August 1852 angefangen, für Unser Fürstenthum Liechtenstein dem österreichischen Systeme der Zölle, Staatsmonopole, Verzehrungssteuern und der Stämpel auf Zeitungen, Kalender und Spielkarten, wie solches namentlich im Kreise Vorarlberg auf Grund der diessfälligen kaiserlich-österreichischen Gesetze und darauf be­züglichen Vorschriften und Einrichtungen dermalen besteht, oder in der Folge abgeändert werden sollte, nach Massgabe des Vertrages beigetreten.

Demzufolge verordnen Wir wie folgt:

Vom 1. August 1852 treten in Userem Fürstenthume Liechtenstein die kaiserlich-öster­reichische Zoll- und Staats-Monopols-Ordnung und das Gefällsstrafgesetz vom 11. Juli 1835, die Gesetze und Vorschriften in Bezug auf die Verzehrungssteuer vom 25. Mai 1829, 28. Oktober und 15. November 1848, das Stämpelgesetz für Kalender, Zeitungen und Spielkarten vom 27. Jänner 1840 und 6. September 1850, dann der Zolltarif vom 6. November 1851 sammt allen hierauf Bezug nehmenden Vollzugs­vorschriften in Gesetzeskraft.

Dagegen treten mit diesem Zeitpunkte alle jene bisher in Unserem Fürstenthume Liechtenstein gültigen Gesetze ausser Wirksamkeit, welche sich auf den Transitozoll, den sogenannten Kleinzoll, das Umgeld und alle jene, wie immer geartete indirekte Abgaben beziehen, welche bisher, sei es für Rechnung des Staates oder der Gemein­den und Körperschaften im Ein-, Aus- oder Durchzuge, bei Hervorbringung, Zube­reitung, dem Verkaufe und Verbrauche von Waaren oder von Kalendern, Zeitungen und Spielkarten erhoben wurden.

Die Verhältnisse rücksichtlich des Rheinzolles haben ungeändert fortzubestehen.

Die Verwaltung der neu eingeführten Zölle, Staatsmonopole, Verzehrungssteuern und Stämpelabgaben haben Wir der kaiserlich-österreichischen Kameralbezirks-Ver­waltung Feldkirch zuzutheilen befunden, unter deren Leitung die Zollämter Balzers und Bendern, eine entsprechende Anzahl Finanzwache, sowie die erforderliche An­zahl Tabakverschleisser aufgestellt werden.     
Die für die Unser Fürstenthum Liechtenstein bestimmten Beamten und Angestellten werden die Legitimationen als fürstlich-Liechtenstein’sche Regierungsorgane erhalten, sie tragen in der Ausübung ihres Dienstes auch die Liechtenstein’sche Cocarde und es ist ihnen die nach dem Gesetze schuldige Folge zu leisten.

Handeltreibende müssen die am 1. August 1852 bei ihnen vorfindigen Waaren binnen 24 Stunden vom Augenblicke der Kundmachung dieses Patentes bei der hierzu be­stellten Kommission anmelden. Von diesen Waaren sind sodann die Gegenstände der Staatsmonopole, Tabak und Schiesspulver, entweder ausser Land zu schaffen, d.h. in ein ausserhalb des gemeinschaftlichen Zollverbandes gelegenes Gebiet unter ämt­licher Aussicht auszuführen, oder an die hierzu bestellte Kommission gegen zu be­stimmende Ablieferungspreise abzuliefern; die anderen Waaren sind entweder ausser Land zu schaffen oder der Einfuhrs-Verzollung zu unterziehen.         
Personen, die keinen Handel treiben, unterliegen diesen Bestimmungen nur insoferne, als sich bei ihnen Waarenlager befinden, und die Vorräthe ihren eigenen Bedarf auf­fallend überschreiten. Die unterlassene Anmeldung wird als Schleichhandel  dem Ver­fahren nach dem Gefälls-Strafgesetze unterzogen werden.

Binnen derselben Zeitfrist sind die bei Gewerbtreibenden vorhandenen Vorräthe an Bier und ausländischen Weinen anzumelden, und die hiefür nach dem neuen Systeme entfallende Verzehrungssteuer in dem Masse zu entrichten, als sie die nach dem bis­herigen Systeme hiefür bereits behobene Getränkesteuer überschreitet.

Die nicht zum weiteren Absatze bestimmten Spielkarten sind von der Nachstämpe­lung insoferne bereit, als sie bis Ende Oktober 1852 wirklich zum Verbrauche gelan­gen. Die bis dahin nicht verbrauchten Spielkarten müssen sodann binnen 5 Tagen zur Nachstämpelung eingesendet werden.    
Die zum weiteren Absatze bestimmten Spielkarten sind entweder ausser Land zu schaffen oder sogleich der Nachstämpelung zu unterziehen.

Die Kalender für das Jahr 1852 sind von der nachträglichen Entrichtung der Stämpel­gebühr befreit.

Zur ersten Einführung der auf die neuen Gesetze bezüglichen Massregeln haben Wir Unseren Landesverweser Johann Menzinger beauftragt, welcher im Einverständnisse mit dem Bevollmächtigten der kaiserlich-österreichischen Regierung das Nöthige vor­zukehren hat.

So gegeben zu Wien, am 24. Juli 1852.

Alois Fürst von und zu Liechtenstein m.p.

L.S.

Joseph Freiherr von Buschmann

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[1] LI LA SgRV 1852.. Druck.