Rekrutierungsgesetz


Directive für das Militär-Gestellungswesen
[Rekrutierungsgesetz]
[1]

vom 17. Februar 1832

S. Durchlaucht haben sich bewogen gefunden, im Einklange mit den Normen anderer Nachbarstaaten und mit besonderer Berücksichtigung der dortigen erhobenen Landesverhältnisse, in dem bisher bestandenen Rekrutierungspatente vom 29. Dez[ember] 1813, dann in den nachgefolgten Verordnungen vom 6. April 1814, N°. 1062 und vom 14.°Februar 1831, N°. 1252 nachstehende Modifikationen zu verfügen und somit in dieser Hinsicht die folgenden Directive für das Militär-Gestellungswesen im Fürstenthum von nun an festzusetzen:

1. Die Militärpflichtigkeit soll sich für künftig vom vollendeten 18ten bis zum vollendeten 25ten Lebensjahre erstrecken und nur erst, wenn aus dieser Altersklasse das Contingent nicht aufgebracht werden könnte, darf erst auf die nächsten Jahrgänge übergegangen werden, so dass zuerst die 26jährigen, und wenn auch diese nicht zureichen, die 27jährigen, und so fort die 28- und 29 Jährigen bis zum vollendeten 30. Lebensjahre an die Reihe kommen; über das vollendete 30te Lebensjahr hinaus aber jede Pflichtigkeit cessirt.

2. Als zeitlich Befreyte sollen angesehen und erst in Ermangelung anderer Militärpflichtiger nach Massgabe ihrer Entbehrlichkeit zum Losen zugezogen werden:

alle mit oberamtlicher Bewilligung Verheirathete;

Einzige Söhne von Wittwen und von alten, zur Arbeit untauglichen, kranken oder krüppelhaften Ältern, wenn es erwiesen ist, dass diese Söhne der Wittwen oder solcher Ältern zu Hause unentbehrlich sind. Sollten solche Wittwen oder Ältern 2 oder mehrere Söhne haben, die noch zum Losen berufen sind, so soll Einer – und in der Regel der Ältere von ihnen – zeitlich frey bleiben.

Studierende, wenn sie die erste Klasse in den Studienzeugnissen haben, dann jene, welche mit der ersten Klasse ihre Studien ganz absolvirten, gehören unter die zeitlich Befreyten;

Ebenso alle in herrschaftlichen und landesherrlichen Dienste stehenden Individuen, wozu auch namentlich die Schulmänner gehören.

Die in die pflichtigen Altersklasse fallenden ledigen Hauseigenthümer, welche zwar im bücherlichen Besitze dieser Realitäten stehen, aber nicht immer, sondern nur zeitweise ihre Wirthschaft selbst betreiben, sind nur als zeitlich Befreyte anzusehen. Dagegen jene, welche ihre Wirthschaft mit Rücken besitzen, d.h. sie selbst und ununterbrochen betreiben, unter die gänzlich Befreyten gehören;

Die als wirkliche, allzeit fertige Reserven die ganze Kapitulationszeit ausdienten, sind nicht minder in die Klasse der zeitlich Befreyten zu rechnen.

3. Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen im Rekrutierungsverfahren und in Bezug auf Militärpflichtigkeit überhaupt, in so fern sie nicht durch vorgelegte Bestimmungen modifizirt werden, verbleiben in ihrer Kraft, wogegen aber

4. diese hier verfügten Modificationen eben so wenig eine zurückwirkende Kraft auf die Vergangenheit haben können. Übrigens darf

5. in dem Falle, wenn eine Rekrutirung aus den bis zum 25. Lebensjahre stehenden Militärpflichtigen nicht effectuirt werden könnte, das leitende Oberamt nicht eigenmächtig in eine höhere Altersklasse oder in die Klasse der zeitlich Befreyten übergehen, sondern hat in diesem Falle hierüber die Anfrage hieher zu stellen.

Diese Bestimmungen sind allgemein kund zu geben und es ist sich nach ihnen gehörig zu achten.

Wien, am 17. Febr[uar] 1832

Walberg[2]

Buschmann[3]

Ad Mandatum Serenissimi

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[1]LI LA V 012/1832/01, Textwiedergabe nach: Rupert Quaderer: „… wird das Contingent als das Unglück des Landes angesehen“. In: JBL 1990, S. 268-269. 
[2]Theobald von Walberg, Fürstlicher Hofrat.
[3] Josef Freiherr von Buschmann, Fürstlicher Hofrat.