Der Landtag gedenkt des verstorbenen Regierungschefs Karl von In der Maur


Handschriftliches Protokoll der Landtagssitzung, gez. Schriftführer Alfons Feger und Emil Wolfinger [1]

18.12.1913

Der Herr Präsident [Albert Schädler] gedenkt in einer Ansprache des unerwartet raschen Hinscheidens unseres vieljährigen Regierungschefs [Karl von In der Maur]. [2] Er bemerkt, dass sich zur Begleitung des Leichenkonduktes von Vaduz nach Schaan der ganze Landtag, zur Beisetzung in Innsbruck eine Deputation desselben eingefunden habe und fährt dann fort: Mitten aus seiner vollen Amtstätigkeit wurde der Verstorbene seinem Fürsten [Johann II.] und dem Lande, denen er nahezu 30 Jahre gedient hat, entrissen. Er war ein Mann von hohen Geistesgaben und von dem ernsten Pflichtgefühl beseelt, seiner verantwortlichen Stellung voll und ganz zu entsprechen. Und so erwies sich auch seine Tätigkeit als eine gedeihliche. Besonders erfolgreich war sein Wirken, wenn er sich bei Verträgen und Übereinkommen um die Vertretung der Interessen und der Selbständigkeit des Landes gegenüber dem Ausland handelte. Aber auch in manch anderer Beziehung verdanken wir seiner Tätigkeit und seinem Zusammenwirken mit dem Landtag erfreuliche Fortschritte. Dass in einer so langen Wirkungszeit ab und zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Regierung und Landtag entstanden, ist nicht nur natürlich und begreiflich, sondern erwies sich auch als nützlich, weil der fragliche Gegenstand nur um so gründlicher geprüft wurde.

Tatsächlich konnte auch nach solchen Differenzen durchweg eine gemeinschaftliche Basis gefunden werden. Ein gerechtes Urteil, das nicht an Einzelheiten klebt, sondern die Gesamttätigkeit würdiget, muss daher anerkennen, dass der verstorbene Kabinettsrat v. In der Maur mit grossem Pflichteifer und mit Geschick seine wichtige Stellung als Landesverweser ausfüllte und den Dank des Landes verdient hat.

Über Aufforderung des Präsidenten erheben sich die Abgeordneten von den Sitzen, um das Andenken des Verstorbenen zu ehren.

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[1] LI LA LTA 1913/S04/2. Ebd. eine maschinenschriftliche Abschrift.
[2] Regierungschef Karl von In der Maur hatte die Landtagssitzung vom 4.12.1913 wegen "Unwohlsein" vorzeitig verlassen müssen. In den folgenden Tagen litt er an Krämpfen in der Magen- und Herzgegend. Wiederholte Herzanfälle führten schliesslich am 11.12.1913 zum Herzstillstand. Nach Regierungssekretär Josef Ospelt hatte die scharfe Kritik, die in der Landtagssitzung vom 4.12.1913 wegen In der Maurs Haltung zum Projekt eines Lawena-Kraftwerks geäussert wurde (LI LA LTA 1913/S04/2), zum Ausbruch der Krankheit beigetragen (LI LA SF 01/1913/077).