Die Christlich-soziale Volkspartei übermittelt der Regierung eine Protestresolution und eine Entschliessung in der Peer- bzw. Landesverweserfrage


Maschinenschriftliches Schreiben der Christlich-sozialen Volkspartei, gez. Obmann Anton Walser-Kirchthaler, an die Regierung [1]

26.4.1920, Vaduz

An die fürstliche Regierung, in Vaduz.

Der gefertigte Obmann der liechtensteinischen Volkspartei bringt Ihnen folgendes zur Kenntnis.

Zu 130 versammelte Bürger haben in Triesen am 18. April 1920 in der Landesverweserfrage beiliegende Protestresolution [2] gefasst. Am 23. April hat eine 65 Wähler umfassende Versammlung in Vaduz diesem Protest voll und ganz zugestimmt. Am 25. April wurde in Triesenberg (200) & Balzers (180) von zusammen 380 Bürgern anliegende Entschliessung [3] einstimmig gefasst.

Die Versammlungen nahmen stets einen ruhigen Verlauf. Es wurde aber auf das bestimmteste der Volkswille kund, dass unserm Lande eine Regierung bestellt aus Liechtensteiner Bürger[n] gehöre und dass wir nur mehr einer solchen Regierung Vertrauen entgegen bringen können.

Mit vorzüglicher Hochachtung [4]

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[1] LI LA SF 01/1920/072. Zwei Beilagen. Eingelaufen bei der Regierung am 26.4.1920. Dorsalvermerk von Regierungssekretär Josef Ospelt vom 29.4.1920: „Erledigt sich mit Zl. 74/Präs." (vgl. LI LA SF 01/1920/074).
[2] Vgl. Protestresolution vom 18.4.1920 in LI LA SF 01/1920/072: Darin wurde „feierlicher Protest" gegen die vom Fürstenhaus und der Fortschrittlichen Bürgerpartei anvisierte Bestellung des österreichischen Juristen Josef Peer zum liechtensteinischen Landesverweser erhoben.
[3] Vgl. Entschliessung vom 25.4.1920 in LI LA SF 01/1920/072.
[4] Zum weiteren Verlauf der Angelegenheit siehe die Kundmachung der Regierung vom 30.4.1920 (LI LA SF 01/1920/074): Dieser Kundmachung zufolge sah sich Fürst Johann II. nicht in der Lage, auf die Eingaben der Volkspartei einzugehen, da sich diese inhaltlich als Versuch eines Eingriffes in das dem Fürsten nach § 27 der Verfassung vom 26.9.1862 zustehende Recht der Ernennung der Staatsdiener erweisen. In diesem Zusammenhang wurde auf das nach den §§ 20 und 42 verfassungsgesetzlich gewährleistete Petitionsrecht an den Landtag verwiesen.