Johann Franz Paur [Bauer] schreibt dem fürst-liechtensteinischen Großmeister der Finanzen, Georg Anton Fellner, dass angewiesene Gelder an bestimmte Personen in Feldkirch noch nicht eingelangt sind. Bezüglich des Verkaufs der Grafschaft Vaduz gibt es vom Schäbischen Reichsgrafenkollegium keine gesicherten Aussagen.


Hochedler, gestreng- und hochgelehrter, grossgünstiger, hochgeehrtester herr, wehrter patron, etc.

Vorgestern lasse mich berichten, das weder der kayserliche trabant, Wittwer mit namen, seine angewißene 200 fl.[1], noch die jungfraw Carisin, welliche sich nit, wie ihre befreundte vermeinten, bey herren Schmelzeren, sondern dem hoffkirßner aufhaltete, ihre 150 fl. empfangen.

Ob und was an der sach seye, waiß ich nit, wohl aber fallet mir schwer und verhinderlich, das die hochfürstlich gnedigiste resolutiones[2] yber meine underthenigiste bericht sich dann und wann verweylen, und in efectu[3] höchst gedachter gnedigister herrschafft nachthaylig sein khönnen. Der eine geraume zeit zue Wien[4] gestandene statt costanzischen[5] syndicus[6] Dr. Werner erzehlet mirabilia[7], und waiß sich dißer landen in die vaduzische coalienation[8] gahr niemand mehr zu richten, in dem Schwäbischen Reichsgräflichen Collegio[9] wirdt divers[10] darvon gesprochen, die zeit aber wirdt das end von allem geben, und verbleib mit gehorsamer meiner empfehlung ohne solliches zue sein verharren.

Meines grossmächtigen, hochgelehrtesten herren und wehrten patron.

Veldtkhirch[11], den 23. April anno etc.[12] 1700.

Post Scriptum.

Deß herrn grafen Hanibalß von Embs-Vaduz[13], excellenz, bette disen anschluss ohnschwer bestellen zu laßen. Man will hiroben glauben, er hette ein zimlich infames[14] quartier, ich aber bin eines besseren persuadiert[15].

Ergebenester, gehorsamster diener.

Paur[16], manu propria[17]. /

[Adresse]

Monsieur, monsieur George Antoine Felner, conseiller et grand maîrtre des finances de son altesse sérénissime[18] le prince Adam de Lichtenstein a Vienne[19].[a]

 


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[1]fl. = Gulden (Florin).

[2]Befehle.

[3]durch die Wirkung.

[4]Wien (A).

[5]Konstanz (D).

[6]Bevollmächtigter.

[7]erstaunlich.

[8]Verkaufsangelegenheit.

[9]Das Schwäbische Reichsgrafenkollegium, auch Schwäbische Reichsgrafenbank genannt, war der korporative Zusammenschluss der schwäbischen Reichsgrafen und Herren zur Wahrung ihrer Interessen auf den Reichstagen, insbesondere im Reichsfürstenrat.

[10]verschieden.

[11]Feldkirch (A).

[12]im Jahr.

[13]Jakob Hannibal III. Friedrich Graf von Hohenems (7. März 1653–12. August 1730, Wien) war ein Sohn von Franz Wilhelm I. (1627–1662) und Eleonora Katharina, geb. Landgräfin von Fürstenberg, (gest. am 18. Februar 1670). Er war verh. mit Anna Ämilia Freiin von Schauenstein-Ehrenfels (1652–1734). Kinder: Hermann Ferdinand Bonaventura (1678, bald gest.), Ämilia Antonia Carolina (Charlotta) (1680–1752), Anna Maria (geb. 1680), verh. mit Johann Adam Freiherr von Behlen, Eleonora Katharina (getauft am 12. März 1682 in Schaan, bald gest.), Maria Franziska (geb. 1682, bald gest.), Maria Anna (geb. 1684, bald gest.), Franz Wilhelm Rudolf (1686–1756), Josef Leopold (1691, bald gest.), Bartholomaeus Ulrich (gest. 1692). Vgl. Joseph Bergmann, Die Reichsgrafen von und zu Hohenembs in Vorarlberg. Dargestellt und beleuchtet in den Ereignissen ihrer Zeit, vom Jahre 1560 bis zu ihrem Erlöschen 1759. Mit Rücksicht auf die weiblichen Nachkommen beider Linien von 1759–1860, Wien 1860, S. 112; Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 9, Hibler – Hysel, L. C. Zamarski, Wien 1863, S. 189; Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universallexicon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 13, Hi – Hz, Leipzig 1739, S. 526.

[14]unrühmliches.

[15]überzeugt.

[16]Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA, H 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72. 

[17]eigenhändig.

[18]An Herrn, Herrn Georg Anton Fellner, Rat und Großmeister der Finanzen von seiner Durchlaucht dem Fürsten Adam von Liechtenstein nach Wien. 

[19]Wien (A).

 


[a]Darüber ist ein rotes Lacksiegel aufgedrückt.