Johann Franz Paur [Bauer] berichtet dem Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein über den Kauf der Brandstatt des kaiserlichen Hubhauses in Feldkirch und welche Pläne er mit den erhaltenen Kellern bezüglich die bevorstehende Weinernte hat.


Durchleuchtigister fürst.

Gnedigister fürst und herr, herr, etc., etc.[1]

Weilen sambstags die anbedungene 6 wochen exipiriert[2] seindt, die statt aber unnder wehrender diser zeit nit in säckhl gegriffen, als hat nunmehr der Huebbauses[3] brandtstatts khauff sein endtliches. Omnium iudicio[4] ist solliche, respectu[5] deß vortrefflichen kellers halber, geschenckht, und hoffe ich, es werden die wein in selbigem dergestalten zuenemmen, das ewr hochfürstlich durchlaucht zue seiner zeit von daraus mit einem special trunckh unnderthenigst sollen bedient werden können.

Diße brandtstatt, ob sie zwar dermahlen noch mit bretteren bedeckht ist, so mag doch die tachung die gewölber vor regen und schnee nit sicher stellen, derowegen dem herren huebmaister[6] mitanbedungen worden, das er aus huebamptsspesen alles mit schindlen verwahren solle, wie dann selbige alberaith die schindlen ad locum[7] gebracht und den anfang zue deckhen machen lasset. Die schindlen nimmet das Huebambt[8] gegen zurückhlassung des tachstuhls alsdann widerumb an sich, die bretter aber pleiben zue helffte bey der brandtstatt. Die ybrigen helffte hoffe ich, und zwar wolfayler, als solliche aus gnedigister herrschafft waldung zue haben, noch beyzuekhomben. Den verhoffenden dissjährigen mosst werde nach beschechener der ruderum benediction[9] in den keller einlegen, und den ferndrigen gleich bald nach dem herbst auch dorthin verwahren. /

Inmitlst wirdt ohne underthenigiste maßgebung nothwendig sein, die gnedigiste resolution[10] deß angelegenen bürgerlichen brandtstattls halber unverweylt, und darumben zwar affirmative[11] zue erthaylen, weilen solliches respectu anderer verkhaufften brandtstätten nit allein spott wolfayl und coniunctim[12] die Huebhauß hoffstatt in einem werth von drithalb taußendt gulden sezet, sonderen die in meinen letsteren undertheinigst angeführte rationes præponderantes[13], alles von selbsten promovieren[14] werden, allein ist hunc in casum[15] unmittelbahr nothwendig gegen dem gehorsambst mitangefüehrten uncosten die bürgerliche recht ahn sich zu bringen, mithin den schon antrohenden retractum[16] zue evitieren[17], mithin aber in wenigen jahren mittels abgelegner allten weinen vor allem und sonderbahr den hießigen weinjuden, wellichen dise khäuff also hart in die nasen riechen, den maister absolute zue spihlen. Deme zuenegst wirdt nothwendig sein, den bevorstehenden winter yber das erforderliche pawholz föllen und beyfüehren zue lassen, weylen aber auch dises ohne zuvor habende modell mit nuzen nicht beschechen kan, alß werde zumahlen von dem hießigen und dem St. Gallischen maurerwerckhmaister zwey modell / verfertigen lassen und beedes zue ewer hochfürstlich durchlaucht weitheren gnedigisten disposition[18] gehorsambist ybermachen, damit sodann in allem die guete würthschafft nach underthenigster meiner schuldigkheit umb so besser beförderen, und nach deroselben gendigisten befelchen mich ferner gehorsambst regulieren könne.

Die auf heut nacher Kempten[19] außgeschribene vaduzische verkhauffstractaten haben sich nach relation[20] des herrn graf Hanibals[21] von Vaduz[22], excellenz, dahin geordneten mandatarii[23], ohne die ursach zue weissen, zerschlagen, welliches vilen den mueth zue wachßen machet, je[doch] aber in erwarthung des eventualiter erforderlichen wechsels der 1450 fl.[24] mit gehorsambst und submissester[25] meiner empfehlung bin und verbleibe.

Eur hochfürstlich durchlaucht.

Veldtkhirch[26], den 6. Septembris anno 1700.

Underthänigster, threw gehorsamster diener.

Johann Franz Paur[27], manu propria[28]. /

[Rubrum]

Præstentatum[29], 20. Septembris anno[30] 1700.

Schellenbergischer verwalter ratione des Hubhauß kauff.

[Adresse]

Dem durchleuchtigisten fürsten und herren, herren Johann Adam Andreas, des Heyligen Römischen Reichs[31] fürsten und regiereren des hauß Liechtenstein von Nickholspurg[32], in Schlesien[33] herzogen zue Troppaw[34] und Jaggerndorff[35], rütteren des Guldenen Flüss[36], der römisch kayserlichen mayestät[37] etc. etc. würckhlichen gehaimben rath und cammereren, etc. Ihro durchlaucht, meinem gnedigisten herren.

Wien per[38] Feldtsperg[39][a]

Franco ½.

 


 

______________

[1] Johann Adam I. Fürst von Liechtenstein (30. November 1656–18. Juni 1712). Vgl. Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 127.

[2]ausgelaufen.

[3]Das Palais Liechtenstein befindet sich in der Schlossergasse 8 in Feldkirch. Vorher stand an dieser Stelle das kaiserliche oberösterreichische Hubhaus. Nachdem dieses bei einem Stadtbrand 1697 abbrannte, kaufte Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein diese Brandstätte zusammen mit der angrenzenden kleinen Anna’schen Brandstatt und ließ auf beiden Brandstätten ein Amtshaus errichten, welches von den liechtensteinischen Landvögten im 18. Jahrhundert verwendet wurde. 1774 wurde das Gebäude verkauft. Heute befindet sich darin das Stadtarchiv und die Stadtbibliothek. Vgl. Arthur Hager, Das ehemals fürstlich liechtensteinische Haus in Feldkirch. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 63, Vaduz 1964, S. 141–153; hier: S. 143–144; Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Vorarlberg, Feldkirch, Profanbauten, Schlossergasse 8, Ehemaliges Palais Liechtenstein. Topographisches Denkmälerinventar herausgegeben vom Bundesdenkmalamt. bearb. in der Abteilung für Denkmalforschung, früher: Institut für österreichische Kunstforschung. Bearb. von Gert Ammann, Martin Bitschnau, Paul Rachbauer, Helmut Swozilek mit Beiträgen von Géza Hajós, Horst R. Huber, Herlinde Menardi, Elmar Vonbank. Verlag Anton Schroll & Co, Wien 1983, S. 207. 

[4]Die ganze Rechtsangelegenheit.

[5]bezüglich.

[6] Anton Dominik Schmidl(in) (Schmied(el)) von Löwenfeld (Lebenfeld) war um 1700 Hubmeister in Feldkirch. Vgl. Susanne Lotteraner, Die Vögte und Hubmeister in den vier Herrschaften vor dem Arlberg in der Frühen Neuzeit, unged. Dipl., Wien 2011, S. 80; Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universallexicon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 35 Schle– Schwa, Leipzig 1731–1754, Sp. 434.

[7]zum Ort.

[8]Das Hubamt in Feldkirch war die landesfürstliche Finanzverwaltung, die für den Steuereinzug zuständig war. Vgl. Arthur Hager, Das Hubamt in Feldkirch. In: Jahrbuch des Vorarlberger Landemuseumsvereins 1974/75, S. 81–104; hier: S. 81–82.

[9]ruderum benediction“: Segnung des Schutts.

[10]Befehl.

[11]versichert.

[12]gemeinsam.

[13]rationes præponderantes“: Gründe überwiegen.

[14]genehmigt.

[15]hunc in casum“: dieses im Fall.

[16]Rückzug.

[17]vermeiden.

[18]Anordnung.

[19]Fürstabtei Kempen in Kempten (D).

[20]Bericht.

[21] Jakob Hannibal III. Friedrich Graf von Hohenems (7. März 1653–12. August 1730, Wien) war ein Sohn von Franz Wilhelm I. (1627–1662) und Eleonora Katharina, geb. Landgräfin von Fürstenberg, (gest. am 18. Februar 1670). Er war verh. mit Anna Ämilia Freiin von Schauenstein-Ehrenfels (1652–1734). Kinder: Hermann Ferdinand Bonaventura (1678, bald gest.), Ämilia Antonia Carolina (Charlotta) (1680–1752), Anna Maria (geb. 1680), verh. mit Johann Adam Freiherr von Behlen, Eleonora Katharina (getauft am 12. März 1682 in Schaan, bald gest.), Maria Franziska (geb. 1682, bald gest.), Maria Anna (geb. 1684, bald gest.), Franz Wilhelm Rudolf (1686–1756), Josef Leopold (1691, bald gest.), Bartholomaeus Ulrich (gest. 1692). Vgl. Joseph Bergmann, Die Reichsgrafen von und zu Hohenembs in Vorarlberg. Dargestellt und beleuchtet in den Ereignissen ihrer Zeit, vom Jahre 1560 bis zu ihrem Erlöschen 1759. Mit Rücksicht auf die weiblichen Nachkommen beider Linien von 1759–1860, Wien 1860, S. 112; Wurzbach, Bd. 9, Hibler Hysel, Wien 1863, S. 189; Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universallexicon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 13, Hi – Hz, Leipzig 1739, S. 526.

[22]Vaduz (FL).

[23]Bevollmächtigten.

[24]fl. = Gulden (Florin).

[25]demütigst.

[26]Feldkirch (A).

[27]Johann Franz Bauer [Paur] (gest. 1715/16) studierte ab 1670/71 Rechtswissenschaften in Freiburg im Breisgau. Als Dr. beider Rechte machte er Karriere als Oberamtmann des Reichsstifts Rottenmünster und ab 1688 in hohenemsischen Diensten. Von 1699 bis 1715 war er fürstlich liechtensteinischer Amtmann und Verwalter der Herrschaft Schellenberg. Ab 1700 veranlasste er den Kauf zweier Brandstätten in Feldkirch und ließ auf diesen das fürstlich liechtensteinische Haus errichten, in welchem er bis zu seinem Tod wohnte. Vgl. Brief an den fürst-liechtensteinischen Buchhalter Nowak betreffend den Nachlass von Johann Franz Paur und das Haus in Feldkirch, Konz., Schloss Judenau 1716 August 3, SL-HA, unfol.; sowie die gesamte Verwaltungskorrespondenz Paurs mit Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein von 1699 bis 1712, SL-HA, H 2609, 2010, 2611; Karlheinz Burmeister, Johann Franz Bauer, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, Projektleiter: Arthur Brunhart; Red.: Fabian Frommelt ...[ et al.], Zürich 2013, Bd. 1, S. 72.

[28]eigenhändig.

[29]Vorgelegt.

[30]im Jahr.

[31] Heiliges Römisches Reich war die offizielle Bezeichnung für den kaiserlichen Herrschaftsbereich vom Mittelalter bis zum Jahre 1806. Der Name des Reiches leitet sich vom Anspruch der mittelalterlichen Herrscher ab, die Tradition des antiken Römischen Reiches fortzusetzen und die Herrschaft als Gottes Heiligen Willen im christlichen Sinne zu legitimieren. Zur Unterscheidung vom 1871 gegründeten Deutschen Reich wird es auch als das Alte Reich bezeichnet. Vgl. Klaus Herbers, Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich – Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843–1806). Böhlau-Verlag, Köln-Weimar 2005.

[32]Nikolsburg (Mikulov), Stadt (CZ).

[33]Schlesien ist eine Region in Mitteleuropa.

[34]Troppau (Opava) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Troppau (CZ).

[35] Jägerndorf (Krnov) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Jägerndorf (CZ).

[36] Der Orden vom Goldenen Vlies (Flüss) ist ein burgundischer Ritterorden.

[37]Leopold I. (9. Juni 16405. Mai 1705) aus dem Hause Habsburg, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (ab 1655), Böhmen (ab 1656), Kroatien und Slawonien (ab 1657). Vgl. Kerry R. J. Tattersall, Leopold I., Wien 2003.

[38]über.

[39] Feldsberg (Valtice), Stadt (CZ).

 


[a]Darüber ist ein rotes Lacksiegel aufgedrückt.