Instruktion zur Einführung der doppelten Buchhaltung auf den fürstlichen Gütern


Instruktion für die Buchhaltungs-Revisoren, welche zur Einführung
der doppelten Buchhaltung auf den fürstlichen Gütern bestimmt worden sind.
[1]

27. Juni 1863

Verhältniss der Revisoren zu den Verwaltungsämtern und deren Organen.

Der fürstliche Buchhalter August Rikisch hat die Aufgabe erhalten, mit der Hilfe der, in der Doppik bezüglich ihrer Anwendung auf die Land- und Forstwirthschaft informirten sechs Buchhaltungs-Revisoren:

     Franz Beck,
     Theodor Jerzabek,
     Eduard Harászek,
     Eduard Koristka,
     Josef Maresch und
     Anton Nieber,

das für die fürstliche Regierung adoptirte neue Rechnungssystem einzuführen; es verbleiben daher die Revisoren als Buchhaltungsbeamte auch fortan dem fürstlichen Buchhalter August Rikisch unmittelbar untergeordnet, und haben in ihrem künftigen Geschäfte unter seiner Regide und seiner Vertretung zu fungiren, wesshalb sie auch als seine Repräsentanten anzusehen sind.

In dieser Eigenschaft nun wird einerseits von den Revisoren erwartet, dass sie in ihrem Berufe mit jenem Takte und jener Ausdauer zu Werke gehen, welche geeignet sind, bei den grösstentheils im Range und Alter höher stehenden Beamten jene Sympathie für das neue Rechnungssystem zu gewinnen, welche die Sache zu fördern, die Schwierigkeiten derselben zu erleichtern und zu beseitigen vermag, anderseits wird vorausgesetzt, dass die von denselben zur Durchführung des neuen Rechnungssystems eingeleiteten Verfügungen von den Verwaltungsämtern und deren Organen ohne Widerwillen und mit der gebührenden, die Erreichung des vorgesteckten Zieles fördernden Dienstfreundlichkeit entgegen genommen, dass die in Sachen des Rechnungswesens, und innerhalb der bestehenden oder noch zu erlassenden fürstlichen Verordnungen von den Revisoren im mündlichen, oder wenn nothwendig, auch im schriftlichen Wege gestellten Angaben und Anforderungen zweckdienlich beachtet, und dass die fürstlichen Beamten mit gutem Willen und erhöhtem Fleisse alle Kräfte aufbiethen werden, um sich die nöthige Kenntnis der neuen Rechnungs-Manipulation ehemöglichst anzueignen.

Funktionen der Revisoren.

Die unterm 26. März d. J. Z. 3378 höchst genehmigte Haupt-Instruction enthält die Grundsätze und den Leitfaden, nach welchen in dem neuen Rechnungs-System vorgegangen werden soll.

Gestützt auf den Inhalt dieser Haupt-Instruction haben nun die Revisoren, und zwar jeder in dem ihm zugewiesenen Distrikte anzugeben, zu leiten, und zu überwachen:

1. Dass die sämmtlichen Anweis-, Rechnungs- und Hilfsbücher, daher auch die durch die Hofkontrollore zu führenden Journalien, Strazzen und Lagerbücher in der vorgeschriebenen Weise verlegt und zweckdienlich geführt werden. Bezüglich der Materialien-Hauptbücher wird hier bemerkt, dass dieselben bei dem Umstande, als sich der Umfang der hiezu nöthigen Drucksorten erst nach Ablauf des ersten Jahres wird bestimmen lassen, in diesem ersten Jahre aus einzelnen Ternionen nach der Gattung der betreffenden Drucksorten zu bestehen haben, jedoch derart einzutheilen sind, dass sie sich am Jahresschlusse zum Einbinden in Buch eignen.

2. Dass die Aufnahme des Anlags- und Betriebs-Vermögens sogleich in Angriff genommen werde. Hiebei ist vor allem andern nothwendig:
a) die Aufnahme der Bestände der bis nunzu entweder gar nicht, oder nur unzulänglich verrechneten Futter- und Dungmaterialien, und zwar nach Höfen. Hierauf folgt:
b) die Aufnahme der andern Natural- und Material-Vorräthe auf Grundlage der mit Ende Juni geschlossenen Journalien und Manualien;
c) die Aufnahme und Bewerthung der Inventar-Geräthe;
d) die Culturs-Vorauslagen;
e) der Bodendungkraft;
f) der Gebäude, und endlich
g)
des Grund und Bodens.

Die Revisoren werden bei den Inventuren zu invigiliren haben, dass dieselben genau nach der instruktionsmässig vorgeschriebenen Eintheilung verfasst, und die ganze Aufnahme bis längstens Ende Oktober d. J. mit Inbegriff der Zusammenstellung des Inventurbuches beendet werde.

3. Nach Beendigung dieser Arbeit, bis wohin die Rechnungsämter auch die mit 30. Juni zu schliessende Stückrechnung bereits eingeliefert haben werden, wird nun die Unterweisung der Rechnungsämter, respekt. der Rent- und Forstmeister in der Aneignung des Prinzips der Doppik beginnen, welche darin besteht, dass die Revisoren eine kurzgefasste, nur aus einigen Bögen bestehende Bilanz-Durchführung mit einem jeden rechnungsführenden Beamten bearbeitet werden, damit denselben zur Zeit des ersten Bücher-Abschlusses, und der Bilanz-Verfassung nach den Grundsätzen der Doppik, der diesbezügliche Mechanismus bereits ziemlich geläufig sei.

4. Nachdem der 2. Theil der Haupt-Instruktion, die Exemplificirung des Bilanzbuches enthaltend, bis zum 1. Jänner 1864 bereits zusammengestellt, in Druck gelegt, und an die Verwaltungsämter vertheilt sein wird, so wird die zweite Hälfte des ersten Betriebsjahres, also die Zeit vom Jänner bis Juni 1864, zu der Verlegung des Bilanzbuches, der hiezu nöthigen Naturalien- und Materialien-Bewerthungs-Hilfsbelege und Vorbereitung zum Jahres-Abschlusse zu benützen sein.

5. Mit Hinblick auf den Umstand, dass jeder der Revisoren in seinem Distrikte mit Inbegriff der Land- und Forstwirthschafts-Verrechnung – 8 bis 12 Rechnungsämter in der Handhabung der neuen Buchführung zu informiren, und nebstdem die sämmtlichen Hofkontrollore bezüglich der von ihnen zu führenden Journalien, Strazzen und Lagerbücher zu invigiliren haben wird, versteht es sich von selbst, dass denselben von Seite der Verwaltungsämter blos die zu ihrem diesfälligen Geschäfte nöthigen Angaben und Anleitungen, keinesfalls also die alleinige Anfertigung der bezüglichen Rechnungs-Piecen zugemuthet weden können; weil
a)dies nicht die eigentliche Bestimmung der Revisoren bildet, weil
b) hiezu nicht die nöthige physische Zeit vorhanden ist, und weil
c) die betreffenden Beamten nur durch eigenhändige Arbeit sich die nöthige Routine in der neuen Buchführung anzueignen vermögen.

6. Um nun auch die Ueberzeugung gewinnen zu können, dass die für die neue Buchführung erlassenen Vorschriften auch genau befolgt werden, durch welches Vorgehen nur allein das vorgesteckte Ziel zu erreichen ist, so haben die Revisoren über ihre diesbezüglichen dienstlichen Funktionen ein Tagebuch zu führen, in welchem  sie chronologisch zu verzeichnen haben werden:
a) Die Bereisung der Güter ihrer Distrikte;
b)
die vollzogene Beschäftigung;
c) den Befund des bezüglichen Fortganges bei jedem rechnungs- oder journalsführenden Beamten;
d)
die sich ergebenden, dem vorgesteckten Ziele zuwider laufenden Anstände mit genauer Angabe, ob diese von der Persönlickeit der betreffenden Beamten, oder aber aus den obwaltenden eigenthümlichen Lokal-Verhältnissen herrühren;
e)
das Vorkommen besonderer Verrechnungsfälle oder sonstiger Verhältnisse, die eine besondere, von den aufgestellten diesbezüglichen  allgemeinen Prinzipien abweichende Behandlung erheischen.

Dieses Tagebuch hat zum Zwecke, um den fürstlichen Buchhalter bei seinen diesfälligen Inspektions-Bereisungen einen Einblick in den Geschäftsgang zu gewähren, ihm durch diese Kenntnissnahme die Gelegenheit zu bieten, für allenfalls divergirende Verhältnisse ein einheitliches Verfahren zu ermitteln, und obwaltende Anstände durch Rath und That zu beseitigen.

7. Die Revisoren haben allmonatlich und zwar bis längstens 5. jeden Monats, einen Geschäftsbericht an den fürstlichen Buchhalter, resp. an die fürstl. Buchhaltung 2. Abtheilung einzuliefern, zu welchem sie das Materiale aus ihren Tagebüchern zu schöpfen haben. Dieser Bericht hat auch eine unpartheiische und gewissenhafte Schilderung aller vorkommenden Schwierigkeiten und sonstigen Anstände zu enthalten, welche das angestrebte Ziel zu gefährden geeignet wären, und da derselbe bestimmt ist, den fürstlichen Buchhalter in die Lage zu versetzen, die sich darbietenden Schwierigkeiten zu beseitigen, oder aber, in so ferne sie von den Persönlichkeiten einzelner Beamten herrühren sollten, zu deren Abhilfe, nach sich verschaffter Ueberzeugung den nöthigen Vorschlag Seiner Durchlaucht zu unterbreiten, so wird gedachter Bericht zur Bekräftigung der Glaubenswürdigkeit von dem betreffenden fürstl. Gutsverwalter zu contrasigniren und falls nothwendig von demselben durch Beifügung seiner Ansichten zu berichtigen sein.

Wien, am 27. Juni 1863

Ad Mandatum.

Ernest Zipfl, m.p.
fürstlich Liechtenstein`scher Wirthschaftsrath.

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[1] SgRV 1863/02. Beilage zum Circulare vom 27. Juni 1863. Nr. 7831.