Karolina Lampert [-Schädler] an ihre Nichte Magdalena Schädler und die übrigen Verwandten in Triesenberg über die Krankheit der Schwester Sofina Schädler, den kalten Winter in Troutdale, das Verfrieren der Ernte, ein Buch aus der Heimat, Besuche von F. Frommelt, die Familie von Alex Lampert, die Lage ihres Hauses auf einer Anhöhe, den Weg nach Portland, die nächste katholische Kirche, Karolinas Tiere, den Verkauf von Kartoffeln, das gute Wetter und die Ernte von Birnen und Kirschen


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Troutdale (Oregon), an ihre Nichte Magdalena Schädler und die übrigen Verwandten in Triesenberg

(Briefumschlag - darauf mit Bleistift: Magdalena Schädler; dann 2 Anschriften: Josefa Schädler Triesenberg Fürstentum Liechtenstein; Witwe Karolina Lampert Troutdale Muld Staat Oregon;)

 


Troutdale den 21 Februar

Liebe theure Nichte und Geschwisterte!
Mit Freuden erhielten wier gestern
dein liebes Schreiben und das Buch und
wier haben gesehen, daß ihr gottlob
gesund und zufrieden seid, bis auf
die Schwester Sofina, der liebe Gott möge
ihr Geduld und Kraft geben alle ihre
Leiden ihm Aufzuopfern und dadurch
den Himmel zu verdienen. Wier
sind Gott sei Dank gesund und wohl,
und haben einen kalten Winter
gehabt, den ganzen Jänner hat es
Schnee gehabt und hat gefroren was
hier selten vorkommt, den andere
Winter hat man das Gemüse
aus dem Garten holen können
wie Kraut und Rüben aber diesen
Winter ist alles verfrohren.

Das Buch hat uns recht gefreut
wier haben es gestern Abend und
heute durch gesehen und schon vieles
gelesen da habe ich alle die alten
Namen gelesen, wo ich schon lange
nicht mehr gehört habe auch Juli
interessirt sich recht, das ist was er
schon längst gerne gehabt hätte
den er hat schon gehört von den
alten Sagen er kann gut Deutsch lesen
so gut wie Englisch am Abend nach
dem Nachtessen wird gelesen bis
Bettzeit wen nicht Besuch kommt
aber manchmal kommt der F. Frommelt
oder seine Söhne wier wohnen ganz nahe
zusammen, dem Alex Lampert
seine Famili auch in 10 Minuten
lauft man hin, die Kinder sind alle
groß 4 Knaben und 4 Mädchen

alle recht ordentlich 1 Mädchen ist
verheirathet. Wier wohnen hier auf
einer Anhöhe und haben schöne Aussicht
auf den Fluß Colombia Fluß
in der Nacht könen wier die Elektri-

schen Lichter sehen von Portland
es ist 20 Meilen von hier eine Meile
ist 20 Minute es fahren jede Stunde
elektrische Wagen von Troutdale
nach Portland, und Abend und Morgen
geht die Eisenbahn Züge, die erste
katholische Kirche ist 14 Meilen von
hier es ist aber nur alle 2 Wochen
Messe dort, derselbe Priester
wo hieher komt, komt auch dorthin
er war am lezten Sontag im Jänner
hier, das nächstmal komt er am
25 März, ich gehe öfter nach Portland
in die Kirche und dan bleibe ich

gewöhnlich 2 bis 3 Tage und siehe
meine Freunde, der Juli muß
dan selbst kochen und er haßt es zu
thun. Die Todten werden auf einem
Wagen gefahren, der nächste katholische
Kirchhof ist 12 Meilen von hier.
Das Vieh haben wier das ganze Jahr
zu Hause, den es hat keine Alpen
hier, wier können den Rahm beim
Haus verkaufen haben alle Monat
zahltag, wier haben 5 Küh und ein
Pferd 3 Schweine und Hühner wier
Pflanzen jedes Jahr Kartoffel zum
verkaufen sie haben gewöhnlich einen
guten Preiß sie werden gewöhnlich
nach Callafornia St. Franzisko
geschikt wier können sie in Troutdale
einladen auf die Eisenbahn es ist nur
3 Meilen bis Troutdale und gute Straße.

Der Julius geht nächsten
Sontag nach Portland dan wird er
dier die Karten aussuchen wo er
versprochen hat er war den ganzen
Winter nicht dort, den ich kann nicht
Melken, ich muß jemand haben zum
Melken und Fütern wier haben recht
schönes Wetter hier es gibt wieder
so viele Kirschen hier ich wollte ich
könte euch welche hinaus wünschen
ich habe noch viele von leztem Jahr
in Gläser eingekernt und Birnen
auch, wier können sie lange nicht alle
essen bis es wieder frische gibt.
Wier haben gestern in der Zeitung
gesehen, daß im Südosten in
14 Staaten alles verfrohren ist
von Chikago bis Mexiko wo wier
warmes schönes Wetter

haben. Jezt schreibe recht bald
wieder und gehe nicht mehr in die
Fabrik, den es ist nicht gesund
wenn ich hinaus komme werde ich thun
was ich kan, das ich dich nicht mehr
gehen lasse. jezt grüße mir meine
arme Schwester Sofina, sie soll
geduld haben sie kan der Himmel
verdienen. Die Karte schike ich
dem Sepli er soll auch wieder einmal
schreiben der Vater Berchtold hat
sie mir geschikt er war am weißen
Sontag hier, jezt grüße alle meine
Geschwisterte der Pfarrer seine
Nichte deine Brüder und alle meine
Bekante besonders aber bist du
gegrüßt von mir Julius Deine
dich liebende Base

Carlein Lampert

 

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