Rundschreiben der fürstlichen Hofkanzlei an die fürstlichen Gutsverwaltungen über den Umgang mit Gnadengesuchen bei Rentschulden.


[Rundschreiben der fürstlichen Hofkanzlei an die fürstlichen Gutsverwaltungen über den Umgang mit Gnadengesuchen bei Rentschulden][1]

Es kommen häufig Fälle vor, daß gegen Restanten, die ihre Rentschulden ungeachtet der ergangenen Mahnungen nicht abtragen, klagbar aufgetreten werden muß, und daß diese erst dann, wenn sie im Klagewege sachfällig geworden sind, zu Gnadengesuchen um Nachsicht ihre Zuflucht nehmen.

Da bei derlei Gnadengesuchen einerseits als Hauptberücksichtigungsgrund die Dürftigkeit des Bittstellers vorliegen muß, in diesem Falle aber deßen Lage durch Hinzukommen von Gerichtskosten erschwert wird, andererseits aber es gegen die Natur eines solchen Gesuches ist, erst dann den Weg der Gnade einzuschlagen, wenn in jenem des Strittes nicht mehr durchgedrungen werden kann, so geruhten Se. Durchlaucht in dieser Beziehung folgendes herabzugeben:

„In der Regel sollten die verrenteten Schuldner, wenn sie wirklich rücksichtswürdig erscheinen, bei Zeiten gewarnt werden und zu Gnadengesuch aufgemuntert, dagegen aber sollten in der Regel, wenn die Klage abgewertet wird, selber voller Lauf und Wirkung bleiben. – Die Gutsverwaltungen sind darüber zu belehren.“

Alois Fürst von Liechtenstein.

Was hiermit zum diesfälligen Benehmen mit dem ausdrücklichen Bemerken bekannt gemacht wird, daß darunter durchaus nicht nur Aufmunterung zu unmotivirten Behelligungen gemeint sein könne, die auch keine Berücksichtigung finden würde, sondern daß die angedeutete Warnung aus Hinweisung auf Gnadengesuche nur für Falle der Verwarnung und wahrer Rücksichtswürdigkeit allein zu beschränken, im Gegenfalle aber dem Klagsverfahren vollen Lauf zu geben sei.

Wien den 28. Februar 1855.

Ad Mandatum

Zimmermann m/p

 

 

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[1] LI LA SgRV 184. Handschrift, ohne Titel