Circulare Nr. 324 an sämtliche fürstl. Verwaltungsämter betr. Gutsertragsbilanzen.


Circulare

an sämmtliche fürstlichen Verwaltungsämter.

Seine Durchlaucht geruhten eine Abänderung des bisherigen Modus zur Verfassung der Guts-Ertragsbilanzen, und zwar schon vom Jahre 1896 angefangen, in folgender Richtung höchst anzuordnen:
1. Sollen die zu den Ertrags-Bilanzen gehörenden Vermögens-Inventuren wieder die Werte der Inventargeräthe, Futter- und Streustoffe, Dungmittel und überhaupt aller vorhandenen Naturalien und Materialien einbezogen werden.
2. Soll der Aufwand der Neubauten und Meliorationsbauten, dann für Bodenmeliorationen wie: Die Ausführung von Bewässerungs- Entwässerungs-Anlagen, und ebenso auch jener für Herstellung von Strassen, Wegen und anderen, mit grösseren Kosten verbundenen Anlagen, insoweit die bezüglichen Kosten aus den Gutsrenten bestritten worden sind, in der Ertragsbilanz des betreffenden Jahrganges dem Erträgnisse in geeigneter Art und Weise zu Guten eingerechnet werden.
Zur Durchführung dieser höchsten Anordnung werden den fürstlichen Aemtern nachfolgende Weisungen ertheilt:

§ 1.

Bei der Bewertung der in der Einleitung bezeichneten Gegenstände und Naturalien sind nachstehende Directiven zu beobachten:
a) Der Wert der Inventageräthe wird durch die stets am Jahresschlusse im einheimischen Wege vorzunehmende Abschätzung der in den Geräthe-Inventar-Rechnungen als im Schlussreste befindlich angefürten Gegenstände erhoben.
Diese Abschätzung hat sich jedoch lediglich auf die in den Eigenregie befindlichen Meierhöfen vorhandenen Inventarien zu erstrecken und sind hiebei somit  alle sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Inventar-Gegenstände ausser Betracht zu lassen, zumal diesbezüglich die Bestimmungen des §. 8 in Anwendung zu gelangen haben.
b) Die Bewertung der am Jahresschlusse vorhandenen Heu-, Stroh-, und sonstigen Futter- und Streu-Vorräthe hat in Betreff der erkauften Artikel nach den wirklichen Akaufs-Durchschnittspreisen, dagegen rücksichtlich der aus eigener Production herrührenden Futter- und Streustoffe nach den letzten December-Markt-Durchschnittspreisen stattzufinden
Sollte jedoch nach Massgabe der Qualität des vorräthigen Heues, Strohes und der sonstigen Futter- und Streustoffe, dann der eventuellen Marktbringungskosten, eine Abweichung von der vorstehend festgesetzten Regel, sei es in Bezug der einzelnen Futter- und Streustoffe oder in Betreff der in bestimmten Meierhöfen am Lager befindlichen Futter- und Streu-Artikel, begründet sein, so kann seitens der in Betracht kommenden Verwaltung der Antrag auf Anwendung eines innerhalb der Grenzen zwischen dem niedrigsten und höchsten Preis-Ansatze sich bewegenden Preise gestellt werden.
Die diesfälligen, bündig zu motivierenden Anträge sind seitens der Regiegüter ausserhalb des Aurinoweser Inspectionsbezirkes an die fürstliche Hofkanzlei, seitens der Güter des genannten Inspectionsbezirkes aber an die fürstliche Güterinspection zu leiten, welch’ letztere übrigens auch befugt sein wird, im eigenen Wirkungskreise die Abweichung von der vorbesagten Regel anzuordnen und sohin die in Anwendung zu nehmenden Preise selbst zu bestimmen.
In allen solchen Fällen ist jedoch die Ermächtigung zu einer derartigen Abweichung durch Allegierung des betreffenden Erlasses zu den Ertragsbilanzen nachzuweisen.
Bei Futter- und Streustoffen aus eigener Fechsung, für welche keine Marktpreise bestehen, bestimmt rücksichtlich der böhmischen Regiegüter und Fischhorn am Jahresschlusse die Güterinspection die in Anwendung zu nehmenden Preise, wogegen bei den übrigen Regiegütern diese Preise über seitens der Verwaltungsämter alljährlich mit Ende December einzubringenden Antrag von der fürstlichen Hofkanzlei festgestellt werden.
Bei diesen Anträgen sind, insoweit es angeht, die localen oder gebräuchlichen Preise, und wenn dies nicht möglich wäre, die dem Nährstoffgehalte der betreffenden Futterartikel entsprechenden Preise zum Ausgangspunkte zu nehmen
c) Für den selbsterzeugten animalischen Dünger, ohne Unterschied der Qualität, wird der Preis mit 40 Kreuzer per Meter-Centner für sämmtliche Güter bei der Land- und Forstwirtschaft festgestellt, wogegen der Wert des Compostdüngers im einheimischen Wege anzusätzen ist.
Angekaufte Dungmittel sind nach dem Anschaffungspreise zu bewerten.
d) Die Bewertung der in den landwirtschaftlichen Obstbaumschulen, wie auch der in den Waldbaumschulen befindlichen Pflanzen und Bäumchen, deren Werte gleichfalls in die Vermögens-Inventur der Ertragsbilanzen aufzunehmen sind, ist im einheimischen Abschätzungswege zu pflegen.
Dem entgegen hat die Bewertung der in den Gärten und Alleen vorhandenen Obst- und Wildbäume, auch wenn dieselben in den Natural-Rechnungen in Evidenz gehalten werden, ausser Betracht zu bleiben.

§. 2.

Nachdem die gegenwärtigen Anordnungen schon für das Rechungsjahr 1896 zur Anwendung zu gelangen haben, so erscheint es nothwendig, dass die Werte jener Vermögens-Kategorien, welche bisher in den Inventuren nicht zum Nachweise kamen, nach ihrem Stande mit 1. Jänner 1896 nachträglich ermittelt werden.
Die Zusammenstellung dieser Werte hat rücksichtlich der Inventargeräthe in einem aufzulegenden Verzeichnisse, dagegen bezüglich der übrigen Verrechnungsgegenstände in einem besonderen Ausweise zu erfolgen.

§. 3.

Das Verzeichnis über die Bewertung der Inventargeräthe hat nachstehende Rubriken zu enthalten:
Gegenstand,
Anzahl der Stücke,
Schätzungswert per Stück und im Ganzen
In diesem Verzeichnisse sind sämmtliche Inventargeräthe in derselben Reihenfolge anzuführen, wie solche in der 1895er Inventar-Rechnung als Schlussbestand bei den in Eigenregie befindlichen Meierhöfen verwiesen wurden.
Der Abschluss des Schätzungswertes ist hofweise und unter Anfügung eines Summariums zu bewirken.
Behufs Arbeitsersparnis kann dieses Verzeichnis auch zur Ermittlung des Wertes der mit Ende December 1896 im Vorrathe verbliebenen Inventarien verwendet werden, zu welchem Behufe sohin den vier vorgenannten, für den 1896er anfänglichen Bestand bestimmten Rubriken eben solche vier Colonnen für den Schlussbestand anzureihen sind.
Eine allfällige Erhöhung des Schlussbestandwertes der Inventarien bei einem und demselben Meierhofe gegen den anfänglichen Wert ist, sofern die Erhöhung nicht in Neuanschaffungen oder Transferierungen, sondern etwa in wesentlichen Reparaturen durch Professionisten oder eigene Werkstätten ihre Begründung findet, in der Anmerkungsrubrik des Verzeichnisses aufzuklären.
Diese Weisung ist auch in Hinkunft zu befolgen, wenn sich eine gleichartige Erhöhung des Schlusswertes gegenüber dem anfänglichen Werte ergeben sollte.
Das in Rede stehen Verzeichnis ist als Beilage zur Ertrags-Bilanz zu behandeln und daher stets der letzteren anzuschliessen.

§. 4.

In dem sub §. 2 angedeuteten Ausweise über die bis nunzu in den Ertragsbilanzen ausser Bewertung gebliebenen Verrechnungsgegenstände, als: Heu, Stroh und sonstige Futter- und Streustoffe, Dungmittel, dann Pflanzen und Baumschulbäumchen in den Obst- und Waldbaumschulen, sind nach den vorgeschriebenen Abtheilungstiteln die am Jahresschlusse im Reste verwiesenen Quantitäten einzustellen und ist deren Geldwert nach den im §. 1 normierten, sohin nach den mit Ende December 1895 bestandenen, beziehungsweise festgestellten oder ermittelten Preisen zu erheben.
Bei der Einstellung der mit Ende 1895 im Reste verwiesenen Verrechnungsgegenstände ist jedoch in Rücksicht zu nehmen, ob und welche Quantitäten an Heu und Stroh, Dungmitteln etc. etwa schon in der 1895er Schlussinventur eingerechnet wurden, da dieselben sodann, um eine doppelte Bewertung hintanzuhalten, von dem Gesammtreste in Abzug gebracht werden müssten.
Der erwähnte Ausweis ist lediglich in Betreff der 1895er Schlussbestände zu verfassen und der 1896er Ertragsbilanz zu allegieren, wogegen die mit Ende 1896 und weiterhin im Rechnungsreste verbleibenden Vorräthe an Futter- und Streustoffen, Dünger etc. unmittelbar in der als Beilage zur Ertragsbilanz bestimmten Inventur des Betriebsvermögens anzuführen und zu bewerten sein werden. 

§. 5.

Bei Conficierung der 1896er Ertragsbilanzen sind die in den nach §§. 3 und 4 verfassten Verzeichnissen und Ausweisen ermittelten Geldwerte der Inventarien, Futter- und Streustoffe etc. unter den entsprechenden Titeln in der Inventur (Seite 2 des Bilanzbogens) unter den Vermögensstand mit Jahresanfang einzustellen, und wird sich sohin das anfängliche Reinvermögen gegenüber dem mit Ende 1895 ausgewiesenen Schlussvermögen um dem Wert der gedachten Verrechnungsgegenstände erhöhen.

§. 6.

In Betreff des Bauaufwandes, welcher fortan dem Jahreserträgnisse zu Guten eingerechnet werden soll, sind folgende Directiven als massgebend zu beobachten:
a) Unter dem Begriff „Neubauten“ ist vom Jahre 1896 an nicht bloss – wie bisher – die Errichtung von Gebäuden für gänzlich neue, bis zur gegebenen Zeit nicht bestandene Ertragszweige zu verstehen, sondern es haben als solche auch jene Bauführungen zu gelten, welche die Neuerrichtung von Gebäuden überhaupt betreffen, daher auch dann, wenn die Gebäude an Stelle schon bestandener, jedoch wegen schlechten Bauzustandes oder wegen Unbenützbarkeit abgetragener Objecte neu errichtet werden, wie z. B. der Neubau eines Draben- oder Heger- Hauses, Rindviehstalles, Schüttbodens u. s. w.
b) Als Meliorationsbauten im Sinne gegenwärtiger Bestimmungen jene baulichen, mit einem Aufwande von mehr als 1000 fl. Per Object und Jahr verbundenen Herstellungen zu gelten, wodurch:
1. eine bessere Ertragsfähigkeit des betreffenden Nutzungszweiges erzielt wird;
2. die laufenden Auslagen der Betriebsweige vermindert werden;
3. gegen den früheren Capitalswert der betreffenden Objecte eine dauernde Wertserhöhung eintritt.
Es sind daher auch Adaptierungs- und Reconstructionsbauten ebenfalls zu den Meliorationsbauten zu zählen, wenn durch die betreffenden Bauausführungen die sub. 1, 2, und 3 angedeuteten Vortheile erzielt werden, oder wenn solche Bauausführungen sich infolge einer Abänderung in der Bewirtschaftungseise und die hiedurch bedingte Umgestaltung von Bauobjecten als nothwendig ergeben sollten.
c) Der Aufwand für die sub a und b bezeichneten Neu- und Meliorationsbauten ist in den land- und forstwirtschaftlichen Ertragsbilanzen bei der Contierung der Baukosten in der für „hohen Gutsherrn“ zu eröffnende Rubrik einzustellen. Hiedurch wird die Gutschrift desselben zu Gunsten des Jahresertrages bewirkt und bleibt sohin die etwaige Aufrechnung der diesfälligen Baukostenersätze an die fürstliche Hauptcasse unter allen Umständen ausgeschlossen, sofern diesfalls keine anderen speciellen höheren Verfügungen bestehen.
d)Bei Neuerrichtung von Gebäuden welche an Stelle abgebrannter Objecte aufgeführt werden, ist zur Deckung des Aufwandes der Brandschadenersatz zu contieren und dürfen sodann nur die etwaigen Mehrkosten des Baues dem Conto für „hohen Gutsherrn“ in Aufrechnung gebracht werden.

§. 7.

Die im §. 6 getroffenen Bestimmungen haben auch rücksichtlich des Aufwandes für Bodenmeliorationen, als: für Bewässerungs- und Entwässerungs-Anlagen, für Anlagen neuer Strassen und Wege etc., sofern der bezügliche Aufwand per Object und Jahr den Betrag von 1000 fl. Übersteigt, sinngemässe Anwendung zu finden, und sind demnach derartige Kosten eben auch in die Rubrik des „hohen Gutsherrn“ einzunehmen, sofern diesfalls keine anderen speciellen höheren Verfügungen bestehen.

§. 8.

Um auch in Betreff jener land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, bei denen nach Bestimmung des §. 1a die alljährliche Anschätzung der vorhandenen Inventargeräthe und mithin die Bilanierung zwischen deren anfänglichem und schliesslichem Werte nicht stattfindet, bei vorkommender Anschaffung beträchtlich kostspieliger Gegenstände das Jahreserträgnis nicht zur Ungebür zu belasten, wird festgesetzt, dass der diesfällige Aufwand, sofern derselbe im Einzelnen den Betrag von 500 fl. per Object übersteigt, wie z. B. bei Anschaffung neuer Strapazkaleschen, Feuerspritzen u. dgl. bei Contierung der baren Ausgaben in die Rubrik des „hohen Gutsherrn“ einzurechnen sei.

§. 9.

Die gegenwärtige Anordnungen haben auch bei Ermittlung des Erträgnisses der im Eigenbetrieb befindlichen Industriewerke analoge Anwendung zu finden, jedoch nur insofern, als bei denselben die Ertragsbilanzen bisher nach der allgemeinen Bilanz-Instruction vom 31. Jänner 1887, Nr. 2004 verfasst und daher diesfalls nicht etwa specielle Grundsätze festgestellt wurden.

§. 10.

Die laut §. 3 alljährlich zu verfassenden Verzeichnisse über die Anschätzung der vorhandenen Inventargeräthe unterliegen, und zwar rücksichtlich der böhmischen Regiegüter, dann des Gutes Fischhorn, der Approbation der Aurinoweser Güterinspection, bezüglich der übrigen Regiegüter der Genehmigung der fürstlichen Hofkanzlei.
In gleicher Art kann die Contierung des Aufwandes für Neu- und Meliorationsbauten (nach §. 6), für Boden- und sonstige Meliorationen (nach §. 7) und für kostspieligere Inventaranschaffungen (nach §. 8) zu Gunsten des Jahreserträgnisses, nur nach erfolgter Approbation, welche rücksichtlich des landwirtschaftlichen Betriebes auf den der Aurinoweser Güterinspection unterstehenden Gütern der letzteren, bezüglich der übrigen landwirtschaftlichen und sämmtlichen forstwirtschaftlichen Betriebe aber der fürstlichen Hofkanzlei zusteht, durchgeführt werden.
Diese Approbation ist sohin, und zwar – zur Verhütung von Weitwendigkeiten – stets nur mittelst eines einzigen, seitens des betreffenden Verwaltungsamtes jeweilig am Jahresschlusse einzubringenden, mit den erforderlichen Ausweisen zu belegenden Berichtes, in welchem auch die gemäss §. 1 b, c, und d zur Bewertung der Futter- und Streustoffe, für die keine Marktpreise bestehen, dann des Compostdüngers und der Baumschul-Setzlinge im Abschätzungswege anzunehmenden Preise in Antrag zu bringen sind, einzuholen.
Die hierüber erflossene Erledigung ist sodann den bezüglichen Bilanz-Operaten anzuschliessen.

Wien, am 15. Jänner 1897

Der fürstliche Hofrath:

J. U. Dr. Hermann Hampe

______________