Alfons Feger bittet Fürst Johann II., ihn von der provisorischen Führung des Amts des Regierungschefs zu entheben


Maschinenschriftliches Schreiben von Regierungschefstellvertreter Alfons Feger an Fürst Johann II. [1]

27.5.1922

Euere Durchlaucht!

Euere Durchlaucht haben mich unterm 11. März l.Js. gnädigst zum Stellvertreter des Chefs der fürstlichen Regierung zu ernennen geruht. [2]

Mit Freude bin ich trotz meines vorgerückten Alters dieser für mich und meine Familie ehrenvollen Berufung gefolgt in der Annahme, meine Aufgabe beschränke sich darauf, während der Zeit des Urlaubes des Regierungschefs oder dessen anderweitiger kurzfristiger Verhinderung die Regierungsgeschäfte zu führen.

Herr Regierungschef [Josef] Ospelt hat aber unmittelbar nach Eröffnung des Landtages und der Konstituierung der Regierung einen zweimonatlichen Urlaub angetreten, [3] ohne dass die neu gewählten Mitglieder der Regierung vorher in die Regierungsgeschäfte eingeführt worden wären.

Die plötzliche und unerwartete Demission Ospelts [4] hat mich vor eine Aufgabe gestellt, [5] deren Lösung bei dem dermaligen guten Einvernehmen zwischen Landtag und Regierung zwar eine nicht übermässige Beanspruchung erfordert, welcher aber meine Kräfte, die durch eine 42jährige Schuldienstzeit reduziert worden waren, nicht mehr gewachsen sind.

In Rücksicht auf meinen Gesundheitszustand, der im angeschlossenen ärztlichen Gutachten näher präzisiert ist, [6] bin ich zu meinem tiefsten Bedauern gezwungen, Euere Durchlaucht bitten zu müssen, mich von der mit Höchstem Handschreiben vom 4. Mai l.Js. betrauten provisorischen Fortführung des Amtes eine Regierungschefs entheben zu wollen. [7]

Euerer Durchlaucht

untertänigster

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[1] LI LA SF 01/1922/079. Vgl. auch das praktisch gleichlautende Schreiben Fegers an den Landtag (LI LA LTA 1922/L15, 1.6.1922).
[2] LI LA SF 01/1922/40, Handschreiben Johann II., 5.3.1922; LI LA SF 01/1922/040, Ospelt an Feger, 11.3.1922.
[3] Ospelt hatte wenige Tage nach seiner Wahl zum Regierungschef am 2.3.1922 (LI LA LTP 1922/002) einen Urlaub "aus Gesundheitsrücksichten" angetreten (LI LA SF 01/1922/041, Kabinettsdirektor Josef Martin an Ospelt, 5.3.1922).
[4] Ospelt hatte am 24.4.1922 Fürst Johann II. ersucht, ihn vom Posten des Regierungschefs zu entheben. Der Landtag nahm die Demission am 26.4.1922 zur Kenntnis (LI LA SF 01/1922/052, Regierung an Kabinettskanzlei, 26.4.1922), der Fürst genehmigte das Demissionsgesuch am 27.4.1922 (LI LA SF 01/1922/051, Johann II. an Ospelt, 27.4.1922).
[5] Der Landtag hatte am 26.4.1922 beschlossen, Feger solle bis zur Neubestellung der Regierung als provisorischer Regierungschef amtieren (LI LA LTP 1922/039). Am 4.5.1922 betraute der Fürst Feger mit der provisorischen Führung des Amts als Regierungschefs (LI LA SF 01/1922/070, Handschreiben Johann II., 4.5.1922).
[6] LI LA SF 01/1922/70, Arztzeugnis von Josef Beck, 24.5.1922.
[7] Der Fürst enthob Feger am 10.6.1922 von seinem Amt (LI LA RE 1922/2599 ad 2497, Handschreiben Johann II., 10.6.1922).