David Bühler wird als Zeuge über die Ereignisse des Novembers 1918 vernommen


Maschinenschriftliches Protokoll der Zeugeneinvernahme von David Bühler vor dem Landgericht, gez. ders. sowie Amtsschreiber Alois Ospelt [1]

4.6.1919

Vor dem fürstlichen Landrichter Dr. Julius Thurnher und dem Amtsschreiber Alois Ospelt.

Es erscheint über Vorladung David Bühler, 47 Jahre alt, kath., verehl., Geschäftsagent in Mauren und gibt nach Wahrheitserinnerung als Zeuge vernommen an:

In der Nummer der Oberrheinischen Nachrichten vom letzten November [2] war eine Aufforderung an das Volk am Montag in Massen in Vaduz zu erscheinen, um auf den Landtag einzuwirken. Diesem Rufe folgte aber nicht nur die Partei des Dr. [Wilhelm] Beck [3], sondern es sammelten sich auch die Unterländer, die von der neuen Regierung nichts wissen wollten, in Bendern und zogen dann in geschlossenem Zuge etwa einige Hundert Mann stark vor das Regierungsgebäude in Vaduz. [4] Ich war mit vier anderen zum Anführer gewählt worden, um allenfalls mit der Gegenpartei verhandeln zu können. Wir waren vorausgefahren, um im Landtag noch einen Platz im Zuhörerraum zu finden. Als wir kamen, war der Zuhörerraum gedrängt voll, ebenso standen noch viele Leute im Gang vor dem Landtagssaal.

Als dann die Unterländer vor das Regierungsgebäude kamen, wollte ich hinuntergehen, wurde aber auf dem untern Gang vor der Regierung von Anhängern der sog. Volkspartei umringt, eingepresst, sie schrieen auf mich ein, ich sei daran schuld, dass die Unterländer aufgezogen seien, man stiess schon mit Stöcken auf mich und glaubte ich, ich werde erdrückt. Ich griff bereits nach meinem Revolver, um mir, wenn es noch schlimmer komme, Luft zu verschaffen. Doch war dies nicht notwendig, da ich über Einschreiten einiger besonnener Männer der Gegenpartei befreit wurde.

Wie mir die Leute, die draussen standen, erzählten, waren aus den Reihen der Gegner, also aus den Anhängern Dr. [Martin] Ritters, Beschimpfungen über den Landesfürsten [Johann II.] uns zugerufen worden. Überhaupt taten sich einige Schreier damals besonders hervor. Sie wüteten und rasten. Man erzählte mir auch, einer habe vor Wut aus den Zähnen geblutet, da er offenbar zu stark darauf gebissen.

Dr. Ritter hat während seiner Regierungszeit einmal in Mauren eine Versammlung abgehalten. [5] Da er aber in seiner Rede über die Geistlichkeit und den Bischof [Georg Schmid von Grüneck] loszog, wurde er gezwungen, das Lokal zu verlassen.

Wenn auf dem Kirchplatze in Mauren eine Verfügung oder Kundmachung der Regierung mit der Unterschrift Vorsitzender des Vollzugsausschusses verlesen wurde, gab es allgemeines Gelächter. Die Unterländer anerkannten die Regierung nicht. Das Volk wusste ganz gut, dass die Regierung vom Fürsten ernannt werden müsse und es wollte nicht den Fürsten mit Gewalt Rechte wegnehmen und konnte daher vor denen, die dies taten, keine Achtung haben.

Gefertigt.

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[1] LI LA J 007/S 046/047/16.
[2] O.N., Nr. 49, 30.11.1918, S. 2 ("Landtag").
[3] D.h. die Christlich-soziale Volkspartei.
[4] Vgl. L.Vo., Nr. 49, 6.12.1918, S. 2f. ("Unterland").
[5] Vgl. L.Vo., Nr. 48, 29.11.1918, S. ("Mauren").