Das tschechoslowakische Bodenamt informiert, wie die Bodenreform in Bezug auf den Besitz des (verstorbenen) Fürsten Johann II. von Liechtenstein durchgeführt werden soll


Pressemeldung des Präsidenten des Bodenamts Jan Vozenilek, nach der Publikation in der Prager Presse von den Liechtensteiner Nachrichten übernommen, nicht gez.[1]

16.9.1930

Die Enteignung der Liechtenstein-Güter in der Tschechoslowakei.

Prag, 15. Sept.

Der Präsident des Bodenamtes Dr. [Jan] Vozenilek machte in der Prager Presse Mitteilungen über die Lösung der Bodenreform auf dem Eigentum des Fürsten [Johann II. von] Liechtenstein. Diese Besitzungen umfassten bei Verlautbarung des Bodensperrgesetzes zusammen 159'953 Hektar. Bis zum Frühjahr 1930 wurden von diesem Eigentum für Bodenreformzwecke 62 944 Hektar übernommen und von dem übernommenen Forstareal 28'000 Hektar verstaatlicht. Das Bodenamt hat im Falle Liechtenstein ein Abkommen getroffen, das bereits von den zuständigen amtlichen Faktoren genehmigt worden und in Rechtskraft getreten ist. Nach diesem Abkommen hat sich die Hinterlassenschaft Liechtenstein verpflichtet, noch insgesamt 44'855 Hektar zur Disposition zu stellen, so dass von dem gesamten ursprünglichen Ausmasse seiner Besitzungen zusammen 107'799 Hektar in Wegfall kommen, das sind 68 Prozent des unter Sperre gesetzten gesamten Eigentums. Im Sinne dieses Abkommens[2] wird zugunsten des Eigentümer[s] aus allen gesetzlichen Titeln insgesamt bei 20'244 Hektar die Sperre aufgehoben, das ist bei einem Achtel der ursprünglichen Bodenbesitzungen.

Das Bodenamt hat folgende Bodenbesitze[3] übernommen: In Böhmen: Landskron, Rumburg, Radim, Skvorec, Rataj und Kosteletz; in Mähren: Hannsdorf, Eisenberg, Goldstein, Könitz, Blumenau und Buschowitz; von den übrigen Grossgrundbesitzen, und zwar Mährisch-Trübau, Posoric, Wranau, Ungarisch-Ostra, Sternberg, Karlsberg, Neuschloß, Lundenburg, Feldsberg, Eisgrub, sämtlich in Mähren, und Jägerndorf in Schlesien, wurden beziehungsweise werden für Bodenreformzwecke die Verhältnisteile übernommen.

 

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[1]L.N. 16.9.1930, S. 3.
[2] Was es mit diesem Abkommen auf sich hat, ist unklar. Von einem Abkommen (wohl ein Vergleich) wurde 1930 in österreichischen Zeitungen berichtet, nicht aber in der Literatur. So berichteten die "Freien Stimmen" am 20.8.1930, dass Liechtenstein ein Grossteil des Waldbesitzes "an das tschechoslowakische Bodenamt freiwillig (?) abgetreten" habe. Dabei habe Liechtenstein insgesamt 110'000 ha verloren, nur 50'000 seien geblieben. Zitiert nach: Ernst Bruckmüller: Marginalien zur tschechoslowakischen Bodenreform. In: Grundlagen der österreichischen Rechtskultur: Festschrift für Werner Ogris zum 75. Geburtstag Hrsg. von Thomas Olechowski, Christian Neschwara, Alina Lengauer. Böhlau Verlag Wien, 2010. S. 64. 
[3] Vgl. dazu Kraetzl, Der liechtensteinische Güterbesitz