Der Landtag empfiehlt der Regierung die Rückbürgerung von Liechtensteinern zu ermöglichen, die aus beruflichen Gründen das liechtensteinische Bürgerrecht aufgeben mussten und diskutiert die Grundsätze für die Einbürgerung von Ausländern in Liechtenstein


Protokoll der Landtagssitzung vom 10. Dezember 1910 [1]

7. Punkt der Tagesordnung

Georg Kindle dzt. Lehrer in St. Gerold richtet ein Gesuch an den Landtag, in welchem er darlegt, dass er, um Stellung zu erhalten, gezwungen sei, das österr. Staatsbürgerrecht zu erwerben u. ersucht den Landtag um eine befürwortende Erklärung, dass ihm auf seine über kurz oder lang gestellte Bitte die Wiederaufnahme in den liechtenst. Staatsverband gewährt werde.

Der Präsident bemerkte, dass es bei dieser Sachlage u. ähnlichen Fällen keiner besonderen Begründung bedürfe, dass der Landtag für solche Landesbürger, die bei der engen Begrenztheit unseres Landes gezwungen sind, zur Ausübung ihres Berufes vorübergehend ein ausländisches Bürgerrecht zu erwerben, befürwortend eintritt.

Der diesbezügliche Kommissionsantrag lautet: „Der Landtag übermittelt die Petition des Herrn Georg Kindle von Balzers, dzt. Lehrer in St. Gerold, der hohen f. Regierung zur geneigten u. wohlwollenden Würdigung mit dem Ersuchen, die fstl. Regierung wolle in diesem u. ähnlichen Fällen, wo ein Liechtensteiner, um Stellung zu finden, gezwungen wird, vorübergehend ein anderes Staatsbürgerrecht zu erwerben u. später wieder ansucht, in den liechtensteinischen Staatsverband aufgenommen zu werden, im Sinne des § 4 des Gesetzes vom 28. März 1864 (L.G.B. N. 3 1864) bei dem Landesfürsten die Wiederaufnahme beantragen.“

Der Antrag wird einstimmig angenommen.

Des weitern wird folgender Antrag zur Verlesung gebracht: „Der Landtag glaubt im Interesse des Landes zu handeln, wenn er den Wunsch ausspricht, es möge auch künftig ausländischen Gesuchstellern, welche, ohne sich hier niederzulassen, die Aufnahme in den liechtenst. Staatsverband anstreben, um der Militärpflicht oder anderwärtigen Steuern zu entgehen, die Aufnahme verweigert werden. Hingegen wird die hohe f. Regierung ersucht, allfällige Gesuche von niedergelassenen Ausländern, welche hier begütert sind u. auch sonst allen gesetzlichen Bedingungen entsprechen, in wohlwollender Weise zu berücksichtigen und, wenn nicht besondere Gründe dagegen sprechen, im Sinne des § 4 des Gesetzes vom 28. März 1864 [2] zusagende Anträge bei unserm Landesfürsten zu stellen.“

Der Präsident weist hin auf die diesbezüglichen ausführlichen Auseinandersetzungen der Tagesordnung und betont, dass das liechtenst. Oberland im Durchschnitt keine sonderliche Zunahme in der Bevölkerungszahl, das Unterland dagegen eine Abnahme derselben zu verzeichnen habe.

Der von der Kommission empfohlene Antrag wird einstimmig angenommen.

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[1] LI LA LTP 1910, S. 50 (1910.12.10).
[2] Gesetz vom 28. März 1864 über die Erwerbung und über den Verlust des liechtensteinischen Staatsbürgerrechts, LGBl. 1864 Nr. 3/1.