Der neu gegründete Liechtensteiner Lehrerverein erlässt Statuten


Handschriftliche Statuten mit Korrekturen und Ergänzungen, nicht gez. [1]

o.D. (genehmigt am 1.5.1919)

Statuten des Liechtensteiner Lehrervereins

§ 1. Wesen und Zweck

Der Liechtensteiner Lehrerverein ist eine nichtpolitische Vereinigung von Lehrpersonen und Freunden der Schule, welche die sittlich-religiösen, die pädagogischen und die patriotischen Aufgaben der Schule nach den christlichen Grundsätzen mit vereinten Kräften zu fördern und die Standesinteressen zeitgemäss nach Massgabe dieser Statuten zu pflegen entschlossen ist.    

§ 2. Mittel

Als Mittel zur Erreichung dieses Zweckes dienen dem Vereine:

1. Vorträge und Beratungen auf periodisch stattfindenden Versammlungen;

2. Pflege und Verbreitung zweckdienlicher Literatur;

3. Bekanntgabe und Vermittlung geeigneter Lehrmittel für die Schule;

4. Rechtsschutz;

5. Beiträge von den Mitgliedern und Spenden von Wohltätern des Vereins;

6. Unterstützung bedürftiger Mitglieder oder deren Angehörigen.

§ 3. Sitz

Der Verein hat seinen Sitz am Wohnorte des Obmannes.

§ 4. Mitglieder

Die Mitglieder des Vereins sind ordentliche, ausserordentliche, unterstützende und Ehrenmitglieder.

1. Als ordentliche Mitglieder können dem Verein angehören alle aktiven und inaktiven Lehrpersonen weltlichen Standes der Elementarschulen.

2. Ausserordentliche Mitglieder können der Schulkommissär, alle Katecheten und Lehrer an den höheren Lehranstalten sein.

3. Als unterstützende Mitglieder können dem Vereine alle unbescholtenen Personen ohne Unterschied des Standes angehören, welche geneigt sind, die Interessen der Schule und des Lehrerstandes zu fördern und den jährlichen Mitgliederbeitrag entrichten.

4. Zu Ehrenmitgliedern können von der Generalversammlung solche Persönlichkeiten ernannt werden, welche sich um das Erziehungs- und Unterrichtswesen oder um die Sache des Vereins und Hebung des Lehrerstandes in hervorragender Weise verdient gemacht haben.

§ 5. Aufnahme und Austritt

1. Die Aufnahme der in § 4 Punkt 1-3 genannten Mitglieder in den Lehrerverein geschieht über Anmeldung beim Obmann durch Beschluss der einfachen Mehrheit des Vereinsausschusses und tritt mit Zustellung der vom Obmann und Schriftführer unterzeichneten Aufnahmskarte in Kraft;

2. der Austritt eines Mitgliedes aus dem Lehrerverein erfolgt durch schriftliche Abmeldung beim Obmann;

3. der Ausschluss erfolgt auf Grund des Beschlusses der Zweidrittelmehrheit aller Mitglieder des Ausschusses.

Sowohl Austritt als Ausschluss haben den Verlust aller Mitgliedsrechte und jeden Anspruches auf das Vereinsvermögen zur Folge.

§ 6. Rechte und Pflichten

1. Alle Mitglieder sind berechtigt, der in § 9 dieser Satzungen vorgesehenen Lehrer-Hauptversammlung [2] beizuwohnen, Anträge zu stellen, Vorträge zu halten und mit Erlaubnis des Vorsitzenden Gäste einzuführen. Die Abstimmung in diesen Versammlungen bleibt den ordentlichen, ausserordentlichen und Ehrenmitgliedern vorbehalten. Standesfragen der Lehrpersonen kommen in der Regel in diesen [3] Versammlungen nicht zur Verhandlung.

2. Die ordentlichen Mitglieder halten ausserdem eigene [4] Hauptversammlungen ab, in denen insbesondere die Standesinteressen verhandelt werden.

3. Alle Mitglieder verpflichten sich durch den Eintritt in den Verein, die Bestrebungen desselben nach Kräften zu fördern und den von der Generalversammlung bestimmten Beitrag ordnungsgemäss zu zahlen.

§ 7. Leitung

1. Die Vereinsvorstehung besteht aus dem Obmann, Obmannstellvertreter, Schriftführer, Kassier und einem weiteren Mitgliede.

a) Der Obmann oder in dessen Verhinderung der Obmannstellvertreter beruft die Sitzungen des Ausschusses ein, besorgt die Ausschreibung und Leitung sämtlicher Vereinsversammlungen, sorgt für Durchführung der Beschlüsse derselben, führt bei allen Ausschuss- und Vereinsversammlungen den Vorsitz, unterfertigt die Aktenstücke des Vereines und ist dessen rechtlicher Vertreter nach aussen und gegenüber den Behörden.

b) Der Schriftführer hat sämtliche Schreibgeschäfte des Vereines zu besorgen.

c) Der Kassier nimmt die Mitgliederbeiträge und sonstige Spenden für den Verein in Empfang, bestreitet die Auslagen, verwaltet das Vereinsvermögen und legt alle Jahre der Vollversammlung [5] Rechnung.

d) Aus der Zahl der Mitglieder des Vereinsausschusses werden vom Ausschusse zwei Mandatare gewählt, welche in ihrem Bezirke (Oberland und Unterland) die Einberufung und Leitung der Bezirks-Lehrer-Versammlungen [6] übernehmen.

e) Die Mitglieder des Ausschusses sind für die zu Vereinszwecken gemachten nötigen Auslagen schadlos zu halten.

f) Der Vereinsausschuss hält jährlich wenigstens zwei Sitzungen ab.

Er fasst Beschlüsse:

1. über Aufnahme und Ausschluss von Mitgliedern;

2. über Bestimmung von Referaten und Referenten für die Vereinsversammlungen;

3. über Zuweisung von literarischen Arbeiten des Vereins;

4. über Verwaltung des Vereinsvermögens;

5. über Einberufung der Generalversammlung, über Ort, Zeit und Tagesordnung derselben;

6. über Standes- und Berufsfragen;

7. über Rechtsschutz der Lehrer;

8. über alle Wohlfahrtseinrichtungen des Vereins.

§ 8. Generalversammlung

Dieselbe ist entweder eine ordentliche oder eine ausserordentliche.

Die ordentliche Generalversammlung findet alle Jahre statt, die ausserordentliche kann vom Ausschusse aus wichtigen Gründen einberufen werden.

Die Ausschreibung derselben hat wenigstens 14 Tage früher in unserer Presse oder schriftlich an jedes einzelne Mitglied zu geschehen.

Allfällige Anträge müssen wenigstens 8 Tage zuvor dem Obmanne bekannt gegeben werden. Verhandlungsgegenstände der Generalversammlung können sein:

1. Berichterstattung des Ausschusses;

2. Rechnungslegung durch den Kassier und Wahl von zwei Rechnungsrevisoren;

3. Zuweisung von allfälligen Unterstützungen an bedürftige Mitglieder oder deren Witwen und Waisen;

4. Beratung und Beschlussfassung über Vereinsangelegenheiten;

5. Ernennung von Ehrenmitgliedern über Antrag des Ausschusses;

6. Verträge, Resolutionen und Petitionen im Sine der Statuten;

7. Bestimmung des Jahresbeitrages und Statutenänderungen;

8. Wahl des Ausschusses;

9. Auflösung des Vereins und Verfügung über das allfällig vorhandene Vermögen.

Die Generalversammlung ist ohne Rücksicht auf die Anzahl der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder beschlussfähig, wenn die Einberufung nach Vorschrift der Statuten erfolgte. Etwaige Anträge auf Abänderung der Statuten, Auflösung des Vereins und Verfügung über das Vermögen desselben müssen in der Einberufung ausdrücklich namhaft gemacht werden.

Der Ausschuss wird auf 3 Jahre gewählt und zwar zuerst der Obmann und dann die übrigen Mitglieder des Ausschusses.

Der Ausschuss wählt den Obmannstellvertreter, den Kassier, den Schriftführer und die zwei Bezirksobmänner [7] aus seiner Mitte.

§ 9. Versammlungen [8]

1. Der Liechtensteiner Lehrerverein hält im Oberland und im Unterland jährlich wenigstens je zwei Bezirks-Lehrer-Versammlungen [9] ab, auf denen durch passende Vorträge, Diskussionen, Entschliessungen, Anträge u. s. w. verhandelt wird. Diese Tagungen [10] werden vom Bezirks-Obmann [11] einberufen und geleitet.

2. Im gleichen Sinne und zu demselben Zwecke wird alljährlich wenigstens einmal eine Landes-Lehrer-Versammlung [12] der ordentlichen, ausserordentlichen, unterstützenden und Ehrenmitgliedern vom Vereinsobmanne einberufen und geleitet.

3. Auch wird der Verein nicht unterlassen, durch Veranstaltung von geselligen Unterhaltungen für seine Mitglieder das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden.

§ 10. Art der Abstimmung und Wahl                         

1. Die Beschlüsse der Generalversammlung, der Bezirks- u. Landeslehrerversammlungen [13] sowie des Vereinsausschusses werden mit einfacher Stimmenmehrheit der Anwesenden gefasst.

2. Die Wahlen des Ausschusses und der Generalversammlung haben geheim durch Abgabe von Stimmzetteln zu geschehen, es sei denn, dass die betreffende Versammlung einen andern Wahlvorgang beschliesst.

3. Eine Wiederwahl ist zulässig, die Ablehnung der Wahl ist nur unter Angabe triftiger Gründe gestattet.

4. Zweidrittelmehrheit der Stimmen erfordert die Abstimmung:

a) auf Ausschluss eines Mitgliedes im Ausschuss;

b) auf Abänderung der Statuten in der Generalversammlung;

c) auf Auflösung des Vereines und Verfügung über das Vereinsvermögen ebenfalls auf der Generalversammlung.

Bei Stimmengleichheit entscheidet der Obmann, ausgenommen auf der Generalversammlung, wo in einem solchen Falle der Antrag für abgelehnt gilt.

§ 11. Schiedsgericht

Wenn unter den Mitgliedern des Vereines als solchen Streitigkeiten zum Ausbruche kommen, welche auf gütlichem Wege nicht beigelegt werden können, wird ein Schiedsgericht aufgestellt, bestehend aus zwei von den streitenden Parteien selbstgewählten Schiedsrichtern und einem von diesen beiden gewählten Vorsitzenden. Sollten diese über die Wahl des Vorsitzenden nicht einig werden, so wird derselbe vom Vereinsausschusse beziehungsweise, wenn dieser am Streit beteiligt wäre, vom Schulkommissär ernannt. Die Entscheidung des Schiedsgerichtes ist für beide Parteien von bindender Kraft.

§ 12. Auflösung

Wird in der Generalversammlung der Verein statutengemäss aufgelöst und dabei über die Verwendung des Vereinsvermögens keine giltige Bestimmung erzielt, so fällt dasselbe der Sterbekasse der Lehrer Liechtensteins zu.

§ 13. Bestimmung

In allen in diesen Statuten nicht vorgesehenen Fällen entscheidet endgiltig die Generalversammlung.

§ 14.

Im Falle der Vereinsauflösung hat der zuletzt amtierende Obmann die Anzeige von der erfolgten Auflösung an die fürstl. Regierung zu erstatten. [14]

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[1] LI LA SF 29/1919/1931 ad 1380. 1 entwertete Stempelmarke zu 30 Heller. Papiersiegel sowie Stempel der Regierung. Undatierter Vermerk von Regierungssekretär Josef Ospelt, dass die Statuten im Einverständnis mit Lehrer Johann Meier, der diese der Regierung zur Genehmigung vorgelegt hatte, berichtigt wurden. Erledigungsvermerk von Landesverweser Prinz Karl von Liechtenstein, wonach die Statuten von der Regierung am 1.5.1919 genehmigt wurden.  – Vgl. in diesem Zusammenhang L.Vo., Nr. 71, 6.9.1919, S. 3 („Vortrag des Herrn Lehrers Meier in der 1. General-Versammlung des liecht. Lehrervereins, am 27. August d. J.“). Vgl. auch LI LA SF 29/1919/4022.   
[2] Ursprüngliche Fassung: „Landes-Lehrer-Konferenz“. 
[3] Durchgestrichen: „Konferenzen und“, „Hauptversammlungen“.
[4] Durchgestrichen: „Lehrerkonferenzen“; weitere unleserliche Durchstreichungen.
[5] Ursprüngliche Fassung: „Generalversammlung“.
[6] Ursprüngliche Fassung: „Bezirks-Lehrer-Konferenzen“.
[7] Durchgestrichen: „Mandatare“.
[8] Durchgestrichen: „Konferenzen“.
[9] Ursprüngliche Fassung: „Bezirks-Lehrer-Konferenzen“.
[10] Durchgestrichen: „Konferenzen“.
[11] Ursprüngliche Fassung: „Bezirks-Mandatar“.
[12] Ursprüngliche Fassung: „Landes-Lehrer-Konferenz“.
[13] Durchgestrichen: „Konferenzen und“.
[14] Dieser Paragraph, der in einer anderen Handschrift gehalten ist, wurde offenbar seitens der Regierung hinzugefügt.