Die Neue Freie Presse bringt einen Bericht über den liechtensteinischen Maler Hans Gantner


Pressemeldung der Neuen Freien Presse, nicht gez. [1]

18.24.1902

Ein liechtensteinischer Maler. Unter diesem Schlagworte schreibt die „N. Fr. Presse":

Herr Hans Gantner, der einzige Maler des Fürstentums Liechtenstein, hat einen kleinen Kreis von Kunstfreunden zur Besichtigung einer Anzahl von Bildern eingeladen. Gantner stellt schon seit Jahren im Prager „Rudolphinum",[2] sowie in den Kunstpalästen anderer Städte aus und hat dort viel Beifall gefunden. Er ist ungemein produktiv, verfügt über eine sehr tüchtige Technik und lässt auch an Vielseitigkeit seines Schaffens nichts zu wünschen übrig. Diejenigen Gemälde Gantners, die der regierende Fürst Johann von Liechtenstein erworben hat, behandeln zum Teile Motive aus dem Fürstentume Liechtenstein. Sie haben den Vorzug der Natürlichkeit, sind überaus flott in Ton und Farbe und bis ins kleinste Detail sorgfältig ausgeführt. So gewähren sie einen trefflichen Einblick in die an Sonne, sattem Laub und romantischer Stimmung reiche Liechtensteinische Alpenwelt. Besonders fällt da eine „Partie aus Vaduz" durch ihre zarte Tönung auf, ferner ein hübsches Gebirgsbild vom „Nafkopf", eine gute Studie vom „Fürstensteig" und andere Bilder, in denen das landschaftliche Colorit wirkungsvoll dargestellt ist. Hans Gantner hat aber auch unter seinen Gemälden flotte Porträtskizzen und ganz famose Tierstudien. Auch Typen vom Dorfe gelingen ihm. Wie die Holzbäuerin mit ihrem Bündel in einer Waldlichtung auftaucht, oder wie die Feldarbeiter das Getreide schichten, oder der Hirt die Herde antreibt; derartige Momentbilder weiss Hans Gantner mit grossem Geschick festzuhalten und bewährt sich auch darin als fein empfindender Maler. (Herr Gantner ist gebürtig von Planken.)

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[1] L.Vo. 18.4.1902, S. 1.
[2] Rudolphimum: 1876-1884 in der Prager Altstadt errichtetes Konzert- und Galeriegebäude. Zeitweise als Parlamentsgebäude genutzt.