Die Regierung teilt Johann II. mit, dass eine Lösung der Regierungs- und Landtagskrise gefunden wurde


Maschinenschriftliches Schreiben der Regierung, gez. Regierungschef Gustav Schädler, an Fürst Johann II. [1]

14.9.1926

Über den Stand der Regierungsratsfrage und des Wiederzusammentrittes des Landtages [2] gestattet sich die in tiefster Ehrfurcht gefertigte fürstliche Regierung folgenden Bericht zu erstatten:

Der Herr Abgeordnete Anton Walser-Kirchthaler hat auf vergangenen Freitag-Nachmittag die Herren Abgeordneten beider Parteien zu einer Besprechung nach Vaduz eingeladen, um über die Entwirrung der politischen Lage zu beraten. Der Einladung sind sämtliche Abgeordneten mit Ausnahme des Abg. Alois Jehle-Schaan (Volkspartei) gefolgt. Der Letztere aber ist nicht etwa aus Opposition weggeblieben, im Gegenteil wird bestimmt angenommen, dass er einer Vereinbarung der anderen Herren beitreten würde. Die Besprechungen wurden vom Herrn Abg. Walser eröffnet und präsidiert und hatten das Ergebnis, dass die Herren der Opposition ihrerseits die Unmöglichkeit einsehen, weiterhin an der Kandidatur Dr. [Ludwig] Marxer festzuhalten. Die Herren der Bürgerpartei haben versprochen, auf Sonntag den 19. September 1926 eine Versammlung der Bürgerpartei zu veranlassen, bei welcher dann Dr. Marxer zum Verzicht auf seine Kandidatur bewogen werden soll. Gleichzeitig soll ein neuer Vorschlag eines Regierungsrates aus dem Unterland gemacht werden, welchem dann die Abgeordneten der Volkspartei zustimmen dürften. Die Entwirrung der politischen Lage steht daher – wenn nicht unerwartet sich Hindernisse einstellen sollten – unmittelbar bevor. Der in tiefster Ehrfurcht Gefertigte wird auch weiterhin, soweit als nur irgend möglich, zur Beilegung der Krise beitragen und hofft gerne, Euerer Durchlaucht schon in den nächsten Tagen einen bezüglichen Bericht erstatten zu können. [3]

Euerer Durchlaucht

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[1] LI LA RE 1926/3550 ad 340. Kürzel: N.
[2] Nach den Landtagswahlen vom 10. bzw. 24.1.1926, bei denen die Volkspartei alle neun Mandate im Oberland, die Bürgerpartei alle sechs Mandate im Unterland errungen hatte, war es zu einer politischen Krise gekommen, da die Parteien keine Einigung erzielen konnten über die Wahl der Regierungsräte. Die Bürgerpartei betand auf der Wahl von Ludwig Marxer. Da die Volkspartei dies verweigerte, verliessen die Abgeordneten der Bürgerpartei in den Landtagssitzungen vom 1.2., 6.2., 11.2. und 15.3.1926 den Landtagssaal und führten so Beschlussunfähigkeit herbei (vgl. LI LA LTP 1926/010; LI LA LTP 1926/005; LI LA LTP 1926/063). Aufgrund der fortwährenden Beschlussunfähigkeit wurden am 5.4.1926 Neuwahlen durchgeführt. Diese bestätigten die parteipolitische Zusammensetzung des Landtags. Die Abgeordneten der Bürgerpartei beharrten bei der Eröffnungssitzung vom 19.4.1926 auf der Wahl von Marxer und verliessen, als die Volkspartei dem nicht zustimmte, erneut den Landtagssaal (LI LA RE 1926/1159 ad 1092, Regierungschef Gustav Schädler an Kabinettsdirektor Josef Martin, 21.4.1926).
[3] Marxer trat am 16.9.1926 von seiner Kandidatur zurück. Die Bürgerpartei nominierte darauf Peter Büchel. In der Landtagssitzung vom 30.9.1926 wurden Büchel sowie Alois Frick (VP) diskussionslos als Regierungsräte gewählt (LI LA LTP 1926/081).