Der Landtag verabschiedet das Staatsschutzgesetz ("Spitzelgesetz")


Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, gez. Landtagspräsident Anton Frommelt, Schriftführer Wendelin Beck und Schriftführer Johann Georg Hasler [1]

3.3.1937

8. Gesetz zum Schutze des Staates

Präsident: Dasselbe ist in Anlehnung an das schweizerische Spitzelgesetz [2] ausgearbeitet. Er nimmt die 1. Lesung des Gesetzes vor.

[Peter] Büchel: Ich würde in Art. 7 eine Umstellung beantragen. Das Verbot der Einfuhr und der Verbreitung soll gesetzlich festgelegt sein u. die Beschlagnahme soll der Auftrag an die Regierung sein.

Dr. [Otto] Schädler glaubt, dass eine Änderung dieses Artikels nicht notwendig sei.

Präsident: Ich möchte den Antrag Büchel's unterstützen. Diese Überlegung ist sehr am Platze. Bis festgestellt ist, ob die Schrift kommunistisch, anarchistisch oder religionsfeindlich ist, vergeht eine geraume Zeit und der betreffende ist wieder fort aus dem Lande.

Reg.Chef [Josef Hoop]: Ich bin auch dieser Meinung, indessen wird die Strafbarkeit schon zu einem gewissen Teil problematisch werden.

Reg.Chef: Der Artikel würde also folgendermassen lauten: "Es ist bei Vermeidung der Straffolgen von Art. 6 Abs. 2 verboten, kommunistische, anarchistische etz. etz. … nach Liechtenstein einzuführen oder dort zu verbreiten. Die Regierung ist beauftragt, derartiges Material evtl. in Verbindung mit den Zollbehörden etz. zu beschlagnahmen."

Präsident: Wer ist mit diesem Antrag der Umstellung des Art. 7 einverstanden? Die Abstimmung ergibt die Mehrheit dafür.

[Ferdinand] Heidegger: In Art. 5 kommt mir 1-5 Jahre Kerker etwas hoch vor. Vielleicht trifft es einen Jugendlichen, der sich der ganzen Sache noch nicht bewusst ist.

Präsident: Ich glaube, dass Leute, die für solche Zwecke benützt werden, ihrer Handlungsweise sich bewusst sind. Wenn einer unbewusst etwas macht, dann ist er wohl aktiv in der Sache tätig gewesen, aber er ist nicht schuldbar. Es wäre die Ermässigung für Jugendliche gerade ein Anreiz, diese für solche Belange zu benützen.

[Franz Xaver] Hoop: Einer, der nicht weiss, was er tut, kann zu so etwas auch nicht gebraucht werden. Ich bin für die Belassung dieses Strafausmasses.

Büchel: In der Praxis wirkt sich das ganz anders aus. Es soll gewissermassen eine Höchstgrenze für den Richter sein. Praktisch aber wird milde genug geurteilt.

Präsident: Ich glaube, dass die Bedenken Heideggers nicht schwerwiegend sind. Ich möchte fragen, ob er dies als formeller Antrag stellt oder nur als Diskussionsantrag.

Heidegger: Ich stelle dies nur zur Diskussion.

Dr. Schädler: In welcher Höhe bewegen sich die Ansätze im Schweizerischen Spitzelgesetz?

Reg.Chef verliest die bezgl. Bestimmungen des schweiz. Gesetzes. Unsere Ansätze sind analog denen des Hochverrates. Man könnte auch eine unterste Grenze weg lassen. Ich glaube, dass unsere Gerichte hier nicht unbillig sein werden.

Heidegger: Von der Höhe sage ich nichts, aber wenn einer unschuldiger Weise in etwas so Geartetes verwickelt würde.

Reg.Chef: Wenn er unschuldig ist, wird er überhaupt nicht verurteilt werden.

Dr. Schädler: Nachdem das ganze Gesetz dem schw. Spitzelgesetze angepasst ist, würde ich auch diese Bestimmungen bezgl. der Strafausmasse diesem anpassen.

Präsident: Hier fehlt eine gewisse Parallele mit den Strafbestimmungen des schw. Spitzelgesetzes. Ich glaube auch, das Gericht wird uns dankbar sein, wenn wir ihm gewisse Richtlinien geben.

Risch Ferdi: Ich möchte unterstützen, dass das Gesetz möglichst ungeändert angenommen wird.

Beck W.: Das Strafausmass ist nicht zu hoch. Es bedarf wohl keiner allzulangen Begründung, dass es so angenommen wird. Ich glaube, dass noch kein Gesetz mit soviel Genugtuung aufgenommen worden ist, wie dieses im Volke draussen. Dies besonders mit Bezug auf die Geschehnisse der letzten Zeit.

Dr. Schädler: Das schweiz. Spitzelgesetz ist wohl als Vorbild auf diesem Gebiete anzusehen und ich sehe nicht ein, dass in den Strafansätzen ein anderer Massstab angewendet werden soll. Die schweizerische Rechtssprechung steht hoch erhaben da, dass sie auch in dieser Hinsicht voll anerkannt werden darf. Nachdem der örtliche Zusammenhang gegeben ist, so glaube ich, dass es begründet werden kann, dieselben Strafansätze auch hier hineinzubringen. Ich glaube, dass auch im schweiz. Spitzelgesetz Ansätze drinnen sind, die keinem das Interesse wecken könnten zur Ausführung von Handlungen, die sich gegen dieses Gesetz richten.

Vogt B. [Basil]: Ich möchte den Abg. Dr. Schädler unterstützen und empfehlen, dass die schweiz. Strafbestimmungen aufgenommen werden. Es könnte der Fall sein, dass eine strafbare Handlung vorliegt, jedoch die Strafe mit einem Jahr doch zuviel ist. So hätte der Richter immerhin einen Spielraum.

Dr. Schädler: Es wäre überdies das Amt des Richters noch dadurch erleichtert, dass auf dem schweizerischen Gebiete Kommentare und Urteile da wären, die dienlich sein könnten.

Präsident verweist auf die Parallele im Militärgesetz. Wir werden einige Schwierigkeiten haben. Ich wäre für eine Festlegung der Grenze und halte diese, wenn wir schon diese Sachen bei uns verunmöglichen wollen, nicht für übersetzt. Es ist am Platze, dass solche Sachen gebührend bestraft werden.

Büchel: Ich möchte den Vorredner und W. Beck unterstützen. Milderungsgründe findet man noch genug, speziell für Jugendliche. Ich könnte noch verstehen, das eine Jahr wegzulasssen, aber eine Richtlinie möchte ich dem Richter geben.

Hoop: Nachdem aus allen Kreisen des Volkes die Bestrafung solcher Machenschaften gewünscht wird, so glaube ich, dass eine solche Strafbestimmung angemessen ist.

Reg.Chef: Ich würde diese Ansätze ruhig stehen lassen, denn dadurch bekommt das Gesetz eine gewisse Note, die besonders im Auslande, wohin solche Angebereien gemacht werden können, zur Kenntnis genommen wird. Nachdem es sich um ernste Sachen handelt, würde ich diese Strafe stehen lassen. Es kann einer auch in den Tod gehetzt werden etz.

[Ludwig] Ospelt: Ich halte es für richtiger, wenn der einzelne vorher abgeschreckt wird, als wenn er erst nachher gestraft wird. Ich bin für Belassung der festgesetzten Strafausmasse.

Präsident: Wir haben zwei Anträge 1.) mit den festgelegten Strafausmassen, der verschiedentlich befürwortet wird und 2.) Übernahme der Strafbestimmungen aus dem schweiz. Spitzelgesetze.

Reg.Chef: Die Schweiz hat wohl die Strafsanktionen: Gefängnis und Zuchthaus. Wir haben das noch umschrieben in Anlehnung an die analogen Bestimmungen unseres Strafgesetzbuches.

Vogt B.: Nachdem das schweiz. Gesetz kurz ist, wäre es interessant, den Text desselben zu hören.

Das schweiz. Spitzelgesetz wird verlesen.

Reg.Chef: Wenn bei uns das Strafmilderungsrecht weitgehend gehandhabt wird, so halte ich diese Ansätze durchaus nicht für zu hoch. Ich möchte darauf hinweisen, es solle auch abschreckend sein. Das ist schliesslich der Zweck des Gesetzes. Wenn es schon nicht hilft, dann teile ich den Standpunkt des Abg. Wend. Beck.

Präsident: Ich glaube, dass die Auffassungen klar gelegt sind, so dass wir zur Abstimmung schreiten können.

Der 1. Antrag mit der Belassung des im Gesetze vorgesehenen Strafausmasses wird bei der Abstimmung mit 13 gegen zwei Stimmen angenommen.

Sodann nimmt Präsident die 3. Lesung vor und schreitet, nachdem keine weitere Diskussion sich entwickelt, zur Abstimmung über das ganze Gesetz, das einstimmig angenommen wird. [3]

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[1] LI LA LTP 1937/053.
[2] Es handelte sich um den Bundesbeschluss betreffend den Schutz der Sicherheit der Eidgenossenschaft vom 21.6.1935 (AS, 1935, Bd. 51, S. 482-484). Vgl. ferner den Bundesratsbeschluss betreffend Massnahmen gegen die kommunistischen Umtriebe in der Schweiz vom 3.11.1936 (AS, 1936, Bd. 52, S. 819f.).   
[3] Gesetz vom 17.3.1937 betreffend den Schutz der Sicherheit des Landes und seiner Bewohner, LGBl. 1937 Nr. 3.