Die Anbeterinnen des Kostbaren Blutes informieren die Regierung über den Lehrplan ihrer Hauswirtschaftsschule


Schreiben der Anbeterinnen des Kostbaren Blutes, gez. Oberin Paulina Schneeberger, an die Regierung [1]

12.5.1936, Schaan

Betrifft: Hauswirtschaftsschule

Wunschgemäss erlauben wir uns, der Hohen, fürstlichen Regierung eine Aufstellung sämtlicher Arbeiten zu geben, welche die Töchter in unserer Hauswirtschaftsschule lernen können. Vor allen Dingen stellen es sich die Schwestern zur Hauptaufgabe die Töchter auf der Grundlage gediegener Religiosität und Tugend zur praktischen Tüchtigkeit im Leben auszubilden. Pflichttreue, Arbeitsamkeit, Ordnungsliebe, einfacher Sinn, Bescheidenheit und Anstand im geselligen Verkehr werden gepflegt, besonders aber wird dahin gewirkt, in den Töchtern Liebe und friedvoller Familiensinn zu wecken. Die Töchter werden angeleitet zu tüchtigem, selbstständigem Arbeiten in Küche, Haus und Garten.

Das Reinhalten der eignen Person durch eine vernünftige Hygiene, sodann der Wohn und Schlafräume wird ihnen als Hauptregel zur Pflicht gemacht.

In der Küche werden ihnen alle jene Kenntnisse beigebracht, welche eine Frau und Mutter in jeder Lebenslage glücklich und zufrieden macht.

Sie lernen die gute, einfache, bürgerliche Küche,
Bessere Küche für Sonn und Festtage
Feine Herrschaftsküche
Kranken und Diätküche.

Backen:
des gewöhnlichen Hausbrotes
der gewöhnlichen Kuchen – Hefeteige etc.
Feingebäcke (Torten – Biskuits – Baumstämme etc.)
Kleinbäckereien – Weihnachtsgebäck etc.

Süssspeisen:
Kalte und warme Puddings – Aufläufe etc.

Herstellung der Getränke:
Fruchtsäfte, Beerensäfte, Beerenweine, Süssmost für den Hausbedarf.

Erfrischungen:
Buolen, Crems, Eis etc.

Frischhaltung:
Sterilisieren und Einmachen der Früchte und Gemüse, mit und ohne Apparat.

Fleischbereitung:
Bereitung von Blut – Leber – Fleisch – Brat und Dauerwürsten und deren Frischhaltung auch für die heissen Sommertage.
Frischhaltung des Fleisches für die Sommermonate in Steintöpfen, sodass es für den feinsten Tisch gebraucht werden kann.
Einlegen des Fleisches und räuchern desselben, angepasst den verschiedenen Haushaltungen.

II. Behandlung der Wäsche:
Waschen und Bügeln der Leib-  Tisch und Bettwäsche.
Reinigen der Vorhänge – Decken – Teppiche etc.

III. Handarbeiten:
Zuschneiden – Nähen – Flicken – Stricken – Sticken und Nadelarbeiten.
Nähen von Tisch und Bettwäsche, Herstellung von Damen und Herrenwäsche aller Arten. Kinderwäsche – Kinder und Frauenkleider, auch der gewöhnlichen Herrenkleider für den Alltag.
Flicken sämtlicher Kleider und Wäsche.
Stricken:
Strümpfe – Socken – Leibwäsche – Kinderkleider – Damenkleider – Damenpullovers – Herrenwäsche und Herrenpullovers.
Zeichnen der Wäsche – Monogrammsticken – alle Arten der Weiss und Buntstickerei.
Auf Wunsch Unterricht in allen feinen Nadelarbeiten.

IV. Gartenbau – vorzüglich Gemüsebau:
Bearbeitung des Bodens.
Pflanzenbau im Frühbeet – Kästen und Freiland
Pikieren der Pflanzen
Aussetzen der Pflanzen ins Freiland
Anpflanzung von Erbsen – Bohnen und aller einheimischen Gemüsearten.
Besonders wird darauf hingewirkt, dass die Töchter lernen den Boden gut auszunützen und aus jedem, auch dem kleinsten Fleckchen Erde Nutzen zu ziehen und dadurch den Haushalt durch die kleinen Einkünfte eines Gartens unterstützen helfen.
Sie lernen auch die fachgerechte Ernte und Frischhaltung der Gemüse.

V. Geflügelzucht etc.

VI. Bienenzucht (Freifach)

VII. Aufziehen der Schweine.

Was die Milchwirtschaft – Butter und Käsebereitung betrifft, so haben wir für dieses Fach ebenfalls gut geschulte Kräfte und wären bereit, auch dieses Fach in unsern Hauswirtschaftsbetrieb aufzunehmen. Es fehlen uns aber die Kühe und leider auch noch der notwendige Boden zu deren Ernährung. Wenn uns aber die hohe, fürstliche Regierung in dieser Weise zu Hilfe kommen könnte, so wären wir gerne bereit auch dieses Fach einzuschalten.

Für alle angeführten Gegenstände stehen gut ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung und können wir mit gutem Gewissen sagen, dass unser Institut bezw. unsere Hauswirtschaftsschule mit allen übrigen Schulen dieser Art in den Nachbarländern wie Schweiz & Österreich gut Schritt halten kann.

Was die Schafzucht anbetrifft, so erlaube ich mir zu bemerken, dass dies hier schwer einzuführen sein wird.

I. Ist Schafzucht schon ein Haupterwerbszweig der Montofoner.

II. Ist Spinnerei und Weberei im Hausbetrieb mit Kosten verbunden, welcher nicht jeder Kleinbauer leisten kann, auch sind die Töchter von heute, zumal wenn sie nicht schon in solcher Umgebung wie z.B. die Montofoner aufgewachsen sind, schwer für dieses Fach zu begeistern.

Als Freifächer, auch als Privatunterricht sind wir in der Lage Stunden in Klavir – Violin – Zither – Gitarre – Mandoline – Ziehharmonika zu geben.

Gerne sind wir bereit jede weitere Auskunft betreffs unserer Schule zu geben, falls die hohe, fürstliche Regierung dies benötigen sollte.

Mit vorzüglicher Hochachtung

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[1] LI LA RF 163/452/004A-D. Zu den Zielen der Hauswirtschaftsschule vgl. auch L.Vo., Nr. 94, 10.8. 1935, S. 2 ("Das St. Elisabeth-Institut in Schaan") sowie den gedruckten "Lehrplan für das Institut St. Elisabeth. Mädchengymnasium mit angeschlossener Handelsabteilung u. Haushaltungsschule" von 1942 (zur Datierung siehe LI LA RF 210/062/014, Albert Drexel an Anton Frommelt, 5.8.1942. Exemplare des Lehrplans in LI LA RF 210/062/015; LI LA V 102/1427).