Die bayerischen Behörden machen die Bewilligung für die Heuausfuhr nach Liechtenstein von Kompensationen abhängig


Handschriftliches Schreiben von Alt-Landtagspräsident Albert Schädler, gez. ders., an Landesverweser Josef Peer [1]

22.1.1921, München

Sehr verehrter Herr Hofrat u. Landesverweser!

Auf Ihr Schreiben, [2] das ich allerdings wegen mangelhafter Adresse (es stand nur München ohne jede Wohnungsangabe) etwas verspätet erhielt, begab ich mich sogleich auf das Kommissariat für Ausfuhrbewilligungen. Ich wurde an das Ministerium für Landwirtschaft gewiesen, wo ich erst heute den gestern noch abwesend gewesenen Referenten sprechen konnte. Er erklärte, ohne Kompensation sei keine Aussicht auf Bewilligung der Ausfuhr. Über die Höhe der Kompensation wollte er vorläufig nichts Bestimmtes angeben. Er sagte auch, dass Bayern den Armeebedarf von Heu in den besetzten deutschen Gebieten decke u. daher mit Ausfuhrbewilligungen etwas vorsichtig sein müsse. – Betreffend Vorgehen empfahl er: Die liecht. Regierung möge sich mit einem Gesuche direkt an das Staatsministerium für Landwirtschaft in München wenden u. auch schon die Formularien [3], die ich beilege, ausfüllen, um die Sache zu beschleunigen. Er werde jetzt schon das Kommissariat verständigen, dass das Ministerium direkt mit der liecht. Regierung unterhandle u. das Weitere veranlassen werde.

Mir scheint nach dieser Aufklärung eine Bewilligung wohl in Aussicht, freilich nur gegen eine noch zu vereinbarende Kompensation. –

Indem ich mich somit Ihres Auftrages, soweit mein Können bisher reichte, entledige, erkläre ich mich gerne bereit, nötigenfalls auch später als Vermittler zu dienen. Mit besonderer Hochachtung u. freundlichem Grusse verbleibe ich Ihr ergebener [4]

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[1] LI LA RE 1921/0224. Stenographische Bemerkungen.
[2] Mit Schreiben vom 17.1.1921 wandte sich Landesverweser Josef Peer mit der Bitte an den nunmehr in München wohnhaften, vormaligen liechtensteinischen Landtagspräsidenten Albert Schädler, bei den bayerischen Behörden zwecks kompensationsfreier Ausfuhr von Heu nach Liechtenstein zu intervenieren. Peer führte aus, dass in der Gemeinde Triesenberg seit geraumer Zeit der Futtermangel sehr fühlbar sei und Heupreise verlangt würden, die „ans Unerschwingliche streifen". Es sei der Gemeinde Triesenberg sehr daran gelegen, die Kompensationsfreiheit zu bekommen, da das Vieh, das für das Heu nach Bayern geliefert werden müsste, in Liechtenstein und in der Schweiz zu bedeutend günstigeren Preisen verkauft werden könnte. Pro Stück Vieh würde der Unterschied im Preis wenigstens 300 Franken betragen. Auch das Land selbst sei an der Erwirkung der Kompensationsfreiheit in hohem Masse interessiert, weil beim Verkauf des Viehs hier oder nach der Schweiz die für Liechtenstein so notwendigen Franken ins Land kämen, was bei der Lieferung des Viehs als Kompensationsware nach Liechtenstein natürlich wegfalle (ebd.). Gleichentags teilte Landesverweser Peer dem liechtensteinischen Gesandten in Wien, Prinz Eduard, mit, dass das erforderliche Heuquantum von 1600 bis 2000 Zentnern Heu in Österreich, namentlich in Salzburg und Wels, billiger als in Bayern zu erhalten wäre. Der liechtensteinische Gesandte sollte bei den österreichischen Behörden die erforderliche Ausfuhrbewilligung – möglichst kompensationsfrei - erwirken. Sollte diese nur gegen Kompensation in Vieh zu erhalten sein, so sei danach zu trachten, diese Bedingung zu reduzieren, sodass beispielsweise nur für die Hälfte des auszuführenden Heus diese Kompensation verlangt werde (ebd.).
[3] Die Formulare liegen in der genannten Akte.
[4] Gemäss Aktenvermerk - vermutlich vom 9.2.1921 - wurden die liechtensteinischen Interessenten des Heuimportes vom Landesverweser mündlich vom Schreiben Albert Schädlers in Kenntnis gesetzt. Diese erklärten, vorerst in Österreich Schritte einleiten zu wollen, da sie von dort konkrete Angebote hätten (LI LA RE 1921/0224 revers). Mit Schreiben vom 17.2.1921 bedankte sich Peer bei Schädler für dessen Bemühungen (LI LA RE 1921/0224).