Die Fortschrittliche Bürgerpartei und die Vaterländische Union vereinbaren eine Ämteraufteilung in der Regierung sowie die Einführung des Verhältniswahlrechts


Protokoll der Parteien über die innenpolitische Befriedung des Landes, nicht gez. [1]

21.3.1938, Vaduz

Die unterzeichneten Vertreter der beiden politische Parteien in Liechtenstein, d. i. der fortschrittlichen Bürgerpartei und der Vaterländischen Union erklären für sich und in Vollmacht ihrer Auftraggeber auf Grund der Beschlüsse der bezüglichen Parteiausschüsse Folgendes:

1. Unsere Parteien stehen zur jetzigen Verfassung und deren Grundsätze, insbesondere zur Erhaltung der Selbständigkeit des Landes unter der monarchischen Führung des Fürstenhauses von und zu Liechtenstein. [2]

2. Unsere Parteien stehen zu den bestehenden Verträgen mit der Schweiz und wünschen, dass an diesen Verträgen in Anbetracht des Umstandes, dass sie zur Wohlfahrt des Landes von grundsätzlicher Bedeutung sind, nicht gerüttelt wird.

3. Um diesen Zustand zu erhalten, das gestellte Ziel zu erreichen und als geeinigtes und geschlossenes Volksganzes nach Innen und Aussen hin auftreten zu können, wird zur gemeinschaftlichen Zusammenarbeit folgende Vereinbarung geschlossen:

a) Die Bürgerpartei erhält in der Regierung den Regierungschef und einen ständig amtierenden Regierungsrat, der dem Oberland angehören wird. Die Vaterländische Union erhält den Reg. Chef-Stellvertreter und einen nicht ständig amtierenden Regierungsrat, der dem Unterland angehört.

Ausserdem stellt jede der politischen Parteien den Regierungsrat-Stellvertreter.

b) Es soll ein Wahlgesetz nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes geschaffen werden und die Wahl soll nach diesem Grundsatze erstmals im Jänner 1939 stattfinden. In diesem Gesetze kann [3] vorgesehen werden, dass die Wahl je nach den gegebenen Umständen [4] nach einer Einheitsliste stattfinden kann, um die Befriedung des Volkes, wie es jetzt bezweckt ist, zur Gänze durchzuführen.

c) Die Bestellung der landschäftlichen Kommissionen sowie der Gerichte soll ebenfalls nach dem Grundsatze der Verhältnismässigkeit erfolgen. 

 

 

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[1] LI LA RF 180/443/001/007-008. Vgl. das einschlägige Pressetelegramm der Regierung und der Vaterländischen Union vom 26. März 1938 (LI LA RF 179/130/027).
[2] Vgl. das Protokoll der Konferenzsitzung des Landtags vom 15. März 1938 (LI LA LTP 1938/010).
[3] Handschriftliche Einfügung: "soll".   
[4] Handschriftliche Einfügung: "je nach den gegebenen Umständen".