Hintergrund
Die 1930er und 1940er Jahre waren auch für Liechtenstein eine krisenhafte Zeit. Das Land wurde von der Weltwirtschaftskrise schwer getroffen. Seit 1938, dem „Anschluss“ Österreichs, grenzte Liechtenstein an das Dritte Reich. Es entstand eine nationalsozialistische „Volksdeutsche Bewegung in Liechtenstein“, die im März 1939 einen Putschversuch unternahm und bis 1943 auf einen „Anschluss“ an das Dritte Reich drängte. Während des Kriegs bestand die Gefahr, dass Liechtenstein von Deutschland besetzt würde.
Die systematische Erforschung und Aufarbeitung dieser schwierigen, lange tabuisierten Jahrzehnte erfolgte erst nach der Gründung des Liechtenstein Instituts im Jahre 1986 in Angriff genommen. Mit Peter Geigers Werken „Krisenzeit“ und „Kriegszeit“ liegen zwei umfassende Überblicksdarstellungen vor. [1] Durch die „Unabhängige Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg UHK“ wurden gezielt problembehaftete Aspekte – nämlich nachrichtenlose Vermögen, Finanzbeziehungen, Flüchtlingspolitik, Raubkunst, Produktion für den deutschen Kriegsbedarf – detailliert untersucht. In ihrem Abschlussbericht regte die Unabhängige Historikerkommission 2005 an, weiterführende historische Forschungen zu unternehmen. [2] Dieser Vorschlag wurde von der Regierung und vom Landtag aufgenommen, der 2007 beschloss, einen Quellenband und weitere Forschungsprojekte zum Thema „Liechtenstein – Zweiter Weltkrieg“ mit insgesamt 1,4 Mio. Franken zu finanzieren. [3]
Ziele des Projekts
Die Quellenedition präsentiert eine Auswahl von Originaldokumenten zur liechtensteinischen Geschichte von 1928 bis 1950. Um das Geschehen dieser Zeit umfassend zu dokumentieren, wurden Schriftstücke verschiedenster Art berücksichtigt, neben amtlicher Korrespondenz beispielsweise auch Landtagsprotokolle, Zeitungsberichte, Flugblätter oder private Aufzeichnungen. Der Schwerpunkt lag dabei auf Quellen aus dem Liechtensteinischen Landesarchiv. Obschon es sich um ein Projekt wissenschaftlicher Grundlagenforschung handelt, richtet sich die Quellenedition nicht ausschliesslich an Historikerinnen und Historiker, vielmehr soll sie auch einer breiteren Öffentlichkeit die Möglichkeit bieten, sich anhand von Originaldokumenten mit der eigenen Geschichte zu beschäftigen.
Das Quellenwerk wurde in zweifacher Form publiziert, zum einen als Internetdatenbank, zum anderen in gedruckter Form. Das Buch enthält auf insgesamt 704 Seiten neben einem geschichtlichen Abriss 225 ausgewählte Dokumente im Originalwortlaut, ca. 100 Abbildungen und einen umfangreichen Registerteil mit biografischen Angaben. [4]
Projektorganisation
Administrativ war das Projekt, das von 2008 bis 2011 lief, beim Landesarchiv angesiedelt. Als Leitungsgremium wurde eine Kommission unter dem Vorsitz von Staatarchivar Paul Vogt bestellt, die für die Grundsatzentscheidungen und die Sicherstellung der wissenschaftlichen Qualität zuständig war. Für die Recherche, Auswahl und Bearbeitung der Quellen waren Lukas Ospelt und Stefan Frey zuständig.
[1] Peter Geiger: Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928-1939, Vaduz, Zürich 22000; Peter Geiger: Kriegszeit. Liechtenstein 1939 bis 1945, Vaduz, Zürich 2010.
[2] Vgl. Peter Geiger et al.: Fragen zu Liechtenstein in der NS-Zeit und im Zweiten Weltkrieg: Flüchtlinge, Vermögenswerte, Kunst, Rüstungsproduktion. Schlussbericht der Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg, Vaduz, Zürich 2005 (Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg (UHK), Schlussbericht), S. 256.
[3] Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtensteins betreffend einen Finanzbeschluss für eine Quellenpublikation sowie die Förderung von Forschungsprojekten zum Thema „Liechtenstein – 2. Weltkrieg“, 22. Mai 2007 (BuA Nr. 64/2007); LGBl. 2007/226.
[4] Wirtschaftskrise, Nationalsozialismus und Krieg. Dokumente zur liechtensteinischen Geschichte zwischen 1928 und 1950, bearbeitet von Stefan Frey und Lukas Ospelt, herausgegeben vom Liechtensteinischen Landesarchiv, Vaduz, Zürich 2011.