Die Regierung ersucht Fürst Franz Josef II. um die Verlängerung der Landtagsperiode auf unbestimmte Zeit durch fürstliche Notverordnung


Schreiben der Regierung an Fürst Franz Josef II., ungez. [1]

18.2.1943

Euer Durchlaucht!

Im heurigen Frühjahr läuft die Mandatsdauer des Landtages ab und es wären Neuwahlen durchzuführen.

Erfahrungsgemäss sind Wahlzeiten politisch äusserst unruhige Zeiten. Der Wahlkampf wühlt die politischen Leidenschaften auf, die Parteien suchen sich gegenseitig in der Wahlpropaganda zu überbieten und hierin sind Entgleisungen nach allen bisherigen Erfahrungen trotz besten Willens der Parteiführungen geradezu unvermeidlich. Es ist ausser Zwefel, dass das harmonische Zusammenarbeiten der letzten Jahre unter den Regierungsparteien dadurch schwer gefährdet werden könnte. Einträchtige Zusammenarbeit sowohl in Landtag als in den übrigen Behörden ist gerade in der gegenwärtigen schweren Zeit staatspolitisch eine Lebensnotwendigkeit und es soll alles vermieden werden, was diese Zusammenarbeit stören könnte.

Die Regierung ist deshalb der Ansicht, dass es unbedingt erforderlich ist, die Landtagswahlen nicht durchzuführen und die damit verbundenen Wahlkämpfe zu vermeiden. Sie bittet deshalb Euer Durchlaucht von Art. 10 der Verfassung [2] Gebrauch machend, die Mandatsdauer des Landtages auf unbestimmte Zeit zu verlängern, wobei sie der Meinung ist, dass beim erstmöglichen, opportun erscheinenden Zeitpunkt Landtagswahlen durchzuführen seien.

Die Regierung beehrt sich Euer Durchlaucht in der Beilage den Entwurf zu einer fürstlichen Verordnung zu unterbreiten und zu bitten, dieselbe gestützt auf Art. 10 der Verfassung erlassen zu wollen. [3]

Euer Durchlaucht

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[1] LI LA RF 218/336/002.
[2] Art. 10 Satz 2 der Verfassung vom 5.10.1921, LGBl. 1921 Nr. 15, sieht vor, dass der Landesfürst das Nötige zur Sicherheit und Wohlfahrt des Staates vorkehrt.
[3] Fürstliche Verordnung vom 18.2.1943, LGBl. 1943 Nr. 4. Original unter LI LA RF 218/336/004. Abweichender Entwurf unter LI LA RF 218/336/005.